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Den Wölfen im Oltrepo Pavese
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Entwicklung des Rudels 2022
Von Sabine Middelhaufe

Droopy, Whitesocks und die Schwarzen
Wie sich im Laufe von 2022 erweisen sollte, war die Sichtung des alten Alphapaars am 11. Dezember 2021 tatsächlich der letzte dokumentierte Hinweis auf ihre Präsenz im Territorium. Ob sie abwanderten, von Greyston und Luna vertrieben wurden oder auf irgendeine Weise zu Tode kamen – wir wissen es nicht. Der letzte bei uns gesehene schwarze Wolf aus dem alten Rudel, Blackgirl, verschwand zwar aus dem Bereich meiner Fotofallen, wurde aber am 31.12.21 und am 29.1.22 noch einmal auf dem Berg hinter unserem Dorf gefilmt, einem Gebiet, das zweifelsfrei zum Territorium des Greyston - Luna Rudels gehört und früher von Whitesocks und Familie frequentiert worden war.

Oben und unten: Blackgirl, bei zwei Gelegenheiten von der selben Wildkamera erfasst.

Wolfsfährten
Der erste Wolf, der mir im neuen Jahr in eine der (Foto-)Fallen tappte, war Alex, ein 8 Monate alter Rüde des Greyston - Luna Rudels.


Oben: Alex.

Dank guter Schneelage, konnte ich, mit GPS Tracker ausgestattet, seine Route verfolgen. Dass er nicht einfach auf  dem Weg von Punkt A zu Punkt B war, sondern aktiv auf der Suche nach Beute, zeigen die vielen Abstecher, die er machte und das gewählte Gelände.


Oben: Trittsiegel des Jungwolfs.
Unten: seine Fährte

 

Unten: der Jungwolf kam aus Richtung Dorf, verließ den Feldweg aber bei der Fotofalle
und lief zwischen Büschen und Sträuchern weiter.


Eine Woche später passierten Greyston und Luna samt der drei verbliebenen Welpen gemeinsam die selbe Kamera. Doch wo Alex beim Alleingang in die etwas höher gelegene Heuwiese abgebogen war, ging das Rudel auf dem Hauptweg unbeirrt weiter in den Wald und dort zielstrebig in Richtung des nächsten Dorfes.

Die Route des Rudels.

Weitere 9 Tage vergingen, bis die Eltern mit ihren Sprößlingen an einer anderen, fast zwei Kilometer von unserem Dorf installierten Kamera vorbei kamen. Diesmal in Begleitung von nur zwei Jungtieren.


Oben: ganz links im Bild Greyston, der abbiegt, um zu markieren, daneben Alex.
Unten: Alice und Alex im Vordergrund und hinter ihnen Mutter Luna
.



Oben: am selben Hauptmarkierplatz heulte Anfang Februar nachts ein einzelner Wolf, bekam aber keine Antwort.

Anfang Februar wurde auch der dritte Welpe wieder im Rudel gefilmt, ein weiteres Mal Ende März und dann verschwand er erst einmal von der Bildfläche.
Was man in diesem Zusammenhang natürlich nie vergessen darf, ist erstens, dass das Rudel auch Routen benutzt, die nicht von Fotofallen kontrolliert sind. Das heißt, Welpe Nummer 3 könnte in dem weiten Territorium viel öfter mit seiner Familie unterwegs gewesen sein, als wir sahen. Und zweitens, dass Nachtaufnahmen, die grundsätzlich schon von minderer Qualität sind, rein gar nichts mehr hergeben, wenn ein Wolf an der Kamera vorbei rennt, so dass man ihn unmöglich identifizieren kann.

Das Rudel Anfang Februar.

Der Neuschnee Mitte Februar bescherte noch einmal die Gelegenheit, eine ganz frische Wolfsfährte, - eindeutig von nur einem einzelnen Tier - zu verfolgen. Ich entdeckte sie morgens, bei der Kontrolle der Fotofallen und beschloss, ihr zunächst in die Richtung nachzugehen, die auch der Wolf  eingeschlagen hatte... und die Wildschweinrotte, die offenbar seinen Appetit weckte.
Dass die Abdrücke der Wolfspfoten über denen diverser Sauen kein Zufall waren, bestätigte sich spätestens, als die Schwarzkittel den mit Wacholdersträuchern, Schlehen, Hundsrosen und jungen Bäumchen bewachsenen Geländestreifen verließen, um sich steil abwärts in das Kiefernwäldchen zu bewegen. Der Wolf blieb getreulich auf ihrer Fährte, bis irgendetwas ihn überzeugte, dass die Mühe nicht lohnte.
Er stieg wieder bergauf, kreuzte aber nach wenigen Metern die frische Fluchtspur eines Rehs und stürzte ihm mit langen Sprüngen hinterher. Vergebens, denn wieder brach er die Verfolgung rasch ab und musste neuerlich den steilen Hang hinauf klettern.
Für ein kurzes Stück lief er nun am Rande der kahlen Heuwiese, bis er eine Stelle erreichte, wo drei oder vier Sauen, den Schalenabdrücken nach zu urteilen Jungtiere, abgebogen waren, und diesmal gab er nicht auf. Den bewaldeten, steinigen Hang hinab, durch zahlreiche Wacholderbüsche, bis zu einer Abbruchkante, wo vor langer Zeit ein Erdrutsch das Wäldchen in zwei Hälften zerrissen hatte, die untere deshalb etwa zehn Meter tiefer gelegen.
Die Wildschweine nahmen das von Schneematsch und Geröll bedeckte Hindernis problemlos, ebenso der Wolf, auch wenn er von der Kante augenscheinlich mehr abwärts rutschte als ging.
Das untere Waldstück war mit mannshohen Geröllbrocken und umgestürzten alten Kiefern übersät, deren ausgehebelte Wurzelteller mehr oder weniger tiefe Mulden hinterlassen hatten und die Äste der gesunden Bäume waren so eng miteinander verwoben, dass man Mühe hatte, vorwärts zu kommen; nicht nur als Mensch. All dies hinderte den Wolf nicht daran, der Fährte zu folgen, ein Bollwerk aus dornigem Bewuchs zu umrunden - und dann plötzlich das Handtuch zu werfen. Vielleicht, weil die Schweinebande unverkennbar noch tiefer in den Wald eingedrungen war, vielleicht, weil ihm seine minimalen Erfolgsaussichten angesichts einer ganzen Rotte klar wurden.

Was die Karte leider nicht zeigt, ist, wie oft der Wolf bei der Suche nach Beute
steil bergab und bergauf  rennen musste
.

Warum auch immer, er verließ in normaler Gangart den Kiefernwald und stieg geruhsam auf einen gegenüber liegenden Hang. Kaum oben angelangt, schoß er mit enormen Sprüngen wieder abwärts. Ich musste vier große Schritte machen, um seine Sprungweite abzumessen. Die Wiese herunter, ohne Zögern ein ganzes Stück in den schon erwähnten Wald hinein und dann - in gemäßigtem Tempo zurück zum Ausgangspunkt seines Spurts. Wieso? Wie sich ohne Mühe erkennen ließ, hatten an einer von dichten Büschen geschützten Stelle am Hang zwei Rehe gelegen. Möglicherweise stand der Wind für den Wolf ungünstig, so dass er sie zu spät witterte. In jedem Falle waren die Rehe mit gewaltigen Sätzen die Wiese abwärts gestartet und zwischen die Kiefern geflüchtet. Gefolgt von einem Wolf, dem erneut kein Jagdglück gegönnt war.   
Vom Hang trottete er in eine tiefer liegende, ehemalige Heuwiese, die inzwischen mit allem bewachsen ist, was Dornen hat, plus jungen Kiefern und Eichen. Er schnüffelte im Schritttempo eine einzelne Rehfährte entlang, gab sie auf, bog auf einen Wildwechsel mit vielen Wildschweinfährten, umkreiste den verlassenen Liegeplatz eines Rehs und wanderte am Rande einer großen Wiese wieder aufwärts. Kurzer Abstecher in die angrenzende Wiese, scheinbar ohne interessante Entdeckungen, und schließlich zum Ausgang der Heuwiese und dem Waldweg folgend aufwärts, fast bis zur Kreuzung mit einem anderen Weg, der eine der Hauptrouten des Rudels darstellt.
Aber statt tatsächlich zur Kreuzung hinauf zu gehen, bog er kurz vorher in eine Zone ab, wo die mit Dornen bewehrte Vegetation dermaßen dicht ist, dass ich kapitulierte und beschloss, am nächsten Morgen weiterzufährten.
     Entsprechend groß war meine Erleichterung, als ich am folgenden Tag eine einzelne Wolfsfährte dort aus den Büschen kommen sah, wo gestern eine einzelne Wolfsfährte in die Büsche abgebogen war. Natürlich kann ich nicht beschwören, dass es der selbe Wolf war, aber die Wahrscheinlichkeit ist doch sehr groß, dass sich der erschöpfte Jungjäger nach all der vergeblichen Mühe eine sichere Stelle gesucht und den Tag verschlafen hatte, um sich dann nachts wieder auf die Suche nach Beute zu machen. Schaut man, welche Schlenker und Abstecher er ging, wie am Vortag stets auf der frischen Fährte von Reh- oder Schwarzwild, darf man vermuten, dass ihm nach wie vor der Magen knurrte. Am Ende erreichte er eine Asphaltstraße, vom Rudel häufig genutzt, aber weitgehend schneefrei, so dass ich seine Fährte verlor.

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Text und Fotos (c) Sabine Middelhaufe, 2023

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