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Entwicklung des Rudels 2021: Winter - Frühjahr Der Winter 2020/21 begann bei uns in den Bergen Anfang Dezember mit massiven Schneestürmen. Die Höhe der Schneedecke variierte in den folgenden Wochen zwar, aber scheinbar war den Wölfen das nötige Hüpfen durch die weiße Pracht zu unbequem, jedenfalls fand ich ihre gelegentlichen Fährten fast nur am Rand der geräumten Straße, die durchs Dorf hinauf zum Pass führt. |
Der schwarze Rüde Droopy gefolgt von Whitesocks. |
Beute machten Droopy und Whitesocks jedoch nicht und bogen schließlich wieder auf die Asphaltstraße ein, wo der getaute Schnee ihre Trittsiegel unkenntlich machte. |
Oben und unten: Mit knapp einer Minute Vorsprung des Rehs machte sich Grey I nicht die Mühe, ihm zu folgen. |
Meine zweite Falle überwachte derweil das Gebiet, in dem wir im Vorjahr die beiden Welpen samt ihrer erwachsenen Begleiter angetroffen hatten. Die Hoffnung war, dass die nun vermutlich trächtige Whitesocks diese Gegend zumindest auf ihrem Weg zur künftigen Wurfhöhle passieren würde. Leider sollte sich das nicht bestätigen. Kein Wolf betrat die Rendezvous Zone vom ehemaligen Welpenspielplatz aus, nirgendwo in der weiteren Umgebung tauchten Fährten, Losung, Beutereste auf und geeignete neue Höhlen fand ich auch nicht. |
Shorttail. |
Dann kam der Mai, meine dritte Fotofalle wurde installiert und die Aufregung wuchs, schließlich war jetzt der Monat, in dem Whitesocks wölfen würde – sofern sie denn wirklich tragend wäre. Weitgehende Gewissheit darüber lieferte erst diese Aufnahme am 11. Mai. |
Whitesocks trächtig und vollgefressen. |
An diesem Tag tauchten zwei weitere graue Wölfe auf, Rüde Greyston und Fähe Luna. Oder besser gesagt sie wurden zum ersten Mal identifiziert, denn in der Vorwoche war uns nachts insgesamt vier Mal ein Grauer „in die Falle“ gegangen, den man in den unscharfen Nachtaufnahmen leider nicht genau genug erkennen konnte. |
Greyston und im Hintergrund Luna. |
Da Luna mit geschwollener Milchleiste fotografiert wurde, hatte sie offensichtlich schon vor dem 11. Mai geworfen und damit früher als Whitesocks. |
Greyston und Luna. |
Bedeutete das zwei Würfe im selben Territorium? Wir hatten ja schon letztes Jahr den Verdacht, dass der winzige, von Räude befallene Welpe, der am 1. Oktober aufgetaucht war, nicht zu dem im Mai 2020 geborenen Wurf gehören konnte, aber seine Herkunft und sein Schicksal wurden leider nie geklärt. |
Oben und unten: Whitesocks. |
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Stellte sich die spannende Frage, ob Greyston oder Luna zum ansässigen Rudel gehörte, im Winter einen Partner gefunden und beschlossen hatte, einfach mit ihm im elterlichen Hoheitsgebiet zu bleiben. |
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Greyston |
einem auffallend stattlichen Rüden könnte es sich um Greyston gehandelt haben. Mehr wissen wir nicht. Normalerweise wandern junge Wölfe ungefähr mit Erlangung der Geschlechtsreife ab, um zu versuchen, irgendwo in der Fremde ihr eigenes Rudel zu gründen. Bleiben sie stattdessen „zuhause“, nehmen sie nicht an der Reproduktion teil und müssen ihren Eltern bei der Aufzucht der neuen Geschwister zur Hand gehen, d.h. bei der Futterbeschaffung helfen, Babysitter spielen und dergleichen. Zwei Würfe im selben Rudel sind eigentlich nicht vorgesehen und die Alphatiere sorgen in der Regel dafür, dass so etwas nicht passiert. Ein völlig fremdes Paar, das von auswärts ins Territorium eindringt, würde selbstverständlich vertrieben – oder seinerseits das bisherige Alphapaar nebst Anhang vertreiben. Ein solches Szenario konnten die Studenten der Uni Pavia in einem weiteren Rudel beobachten: die Fallen filmten von Januar bis Juni ein Elternpaar mit zwei Nachkommen, doch während des Sommers verschwanden diese vier Tiere vollkommen und statt ihrer nahm ein grauer Rüde mit seiner schwarzen Fähe und den gemeinsamen Welpen (schwarze und graue) das Gebiet in Besitz. Danach sah es bei uns aber nicht aus, denn beide Paare frequentierten nach wie vor die selben Wege. Wenn man sich den betagten Droopy einmal anschaut, könnte einem schon der Gedanke kommen, dass sich seine Zeit als Alpharüde dem Ende nähert. Auch Whitesocks ist nicht mehr die Jüngste und darüber hinaus sind beide, ebenso wie letztes Jahr ihre Nachkommen, stets stark von Räude befallen. Das muss bei erwachsenen Tieren nicht zum Tod führen, belastet aber auf Dauer die Gesundheit und kann das Wohlbefinden von Welpen und Jungtieren stark beeinträchtigen. |
Droopy und Whitesocks. |
Haben wir es hier also mit dem Beginn eines Generationswechsels zu tun? Greyston und Luna ersetzen allmählich Droopy und Whitesocks bei der Erhaltung und Führung des Rudels und werden deshalb von den Alten im Territorium geduldet? Bedenkt man die Welpensterblichkeit, die bei Wölfen im ersten Lebensjahr bis zu 40% betragen kann, wäre das eine sehr gute Lösung. Grey I, der im März die Rehe am Dorfrand in die Flucht geschlagen hatte, kreuzte im Mai zweimal wieder auf, dummerweise stets aus einer Richtung, die nur erlaubte, ihn von hinten zu filmen. Allerdings kam beide Male ein Grauer, Grey II, zurück in den Wald und wurde entsprechend von vorne aufgenommen. Die Wahrscheinlichkeit ist recht groß, dass es sich hier um ein und dasselbe Tier handelt, dessen auffällige Merkmale ausschließen, dass es im Vorjahr zum Rudel gehörte. Ein Wanderer, der sein Rudel, irgendwo im Apennin, verlassen hatte und nach einer neuen Heimat suchte? |
Oben Grey I, unten Grey II. |
Auch der Juni brachte neue Gesichter. Nachdem Droopy und Whitesocks morgens minutenlang an einem ihrer hot spots urinierend und scharrend das Territorium markiert hatten, erschien am frühen Abend Mona, eine junge Wölfin, die zwar ihrerseits minutenlang die Duftenmarken studierte, aber sich nicht erkühnte, ebenfalls eine Visitenkarte zu hinterlassen. Stattdessen lief sie ziemlich unentschlossen und verunsichert umher und trollte sich schließlich. Sie wurde nie wieder im Bereich der Fotofallen gesehen. |
Mona. |
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Ein weiterer Newcomer war Blackgirl (lks.), die Droopys Sohn Blackboy dermaßen ähnelte, dass ich zunächst begeistert annahm, es sei er. Blackboy war ja im Vorjahr ständig im Kielwasser des Alphapaars gefolgt und ich sehr neugierig, wie sich ihre Beziehung wohl weiterentwickeln würde. Erst bei genauerer Betrachtung des Videos wurde mir klar, dass es sich zweifelsfrei um eine Fähe handelte die 2020 noch nicht mit dem Rudel lief. Vielleicht war sie der schwarze Welpe, den wir damals in der Rendezvous Zone beobachtet hatten? Und dann war da noch Charlotte (unten), ebenfalls eine junge Fähe. |
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Text und Fotos (c) Sabine Middelhaufe, Januar 2022 |
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