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Den Wölfen im Oltrepo Pavese
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Entwicklung des Rudels 2023
Von Sabine Middelhaufe

Winter 2022/23
Den ersten dokumentierten Besuch des neuen Jahres statteten Greyston und Luna uns am 4. Januar bei kaltem Nieselregen ab. Sie waren auf dem Weg ins Dorf, doch bog Luna nur wenige Schritte vor Erreichen der Dorfstraße nach links in die Heuwiese ab. Greyston verharrte einen Augenblick und folgte ihr dann mit langen Sätzen. Da ich am nächsten Tag im Bereich der Wiese keine Hinweise auf eine erfolgreiche Jagd fand, vermute ich, dass ihnen die Beute entwischte.

Greyston beobachtet Luna in der Heuwiese

In der folgenden Woche passierten die beiden zwei weitere Male eine Falle etwas weiter vom Dorf entfernt, doch interessant war die Beobachtung am 17. Januar, denn in dieser Nacht näherten sich Luna und Alex der Falle aus Richtung Wald kommend, hielten dankenswerterweise vor der Kamera an, um dem Heulen von oberhalb ihrer Position zu lauschen und dann dem Ruf – vielleicht von Greyston – entgegen zu eilen.

  

Luna und im Hintergrund Alex


Mit dem ersten Schnee Mitte Januar wuchs meine Hoffnung auf gute Wolfsfährten. Leider vergebens. Statt sich auf Feldwegen mühsam durch die weiße Pracht zu arbeiten, benutzten die Wölfe vorwiegend die geräumte Asphaltstraße, die vom Dorf auf den Pass führt. Das bescherte mir zwar etliche frische Losungen, aber eben keine Informationen über die Routen der Tiere. Erst als ich Anfang Februar entdeckte, wo sie die Straße bisweilen verließen und dort eine Fotofalle aufhängte, hatte ich Glück. Einmal schleppte Greyston sogar Beute an der Kamera vorbei. Wenn man genau hinschaut, erkennt man rechts den Rüssel und links Stirn und Ohren eines kleinen Wildschweins.


Greyston mit einem Wildschweinkopf im Fang.


Wenige Minuten später folgte Luna auf Greystons Fährte, was nahelegt, dass sie erst einmal am Ort des Risses weitergefressen hatte. Warum er sich allerdings die Mühe machte, den Kopf der Sau wegzutragen (und wohin), ist mir rätselhaft. Natürlich kann man ein bisschen Fleisch von den Gesichtsknochen und dem Nacken nagen, aber lohnt das den Aufwand?
Scheinbar ja. Oder vielmehr: scheinbar hat Greyston die Neigung, Futterreste wegzutragen. Gut zwei Wochen später, der Schnee war inzwischen längst weggeschmolzen, tat er es nämlich erneut. Der 21. Februar begann beobachtungstechnisch nachts um 2.39, als Greyston mit Beute im Fang an Fotofalle A vorbei kam. Leider war dieses Mal nicht erkennbar, was genau er da trug. Deutlich zu sehen war jedoch, dass er keinen vollen Wanst hatte.

Oben: Greyston mit Beute
Unten: Sichtungen der Wölfe am 21. Februar.

Um 6.24, also rund vier Stunden später, erschienen er und Luna vor Kamera B. Die beiden Positionen sind in Luftlinie gemessen keine 2,5 Kilometer voneinander entfernt, was die Spekulation erlaubt, dass irgendwo hinter Fotofalle A gefressen oder geruht wurde. Die Mahlzeit dürfte eher mager gewesen sein, denn nach wie vor hatten die Wölfe keine wohlgefüllten Bäuche.
Wo und womit sie den Tag verbrachten wissen wir nicht, aber um 19.23 tauchten sie, ohne andere Fotofallen auszulösen, vor Kamera C auf und bogen hier links in den Wald und bergauf ab, statt ihrem üblichen Hauptweg zu folgen.
Eine gute Stunde darauf liefen sie indes auf eben dieser Hauptroute an Falle D vorbei, in Richtung unseres Nachbardorfes.

    Nach nur vier Sichtungen im Januar, waren die acht Videos im Februar immerhin schon eine Steigerung. Aber der März sollte uns so richtig verwöhnen. 23 mal passierten die Wölfe – zumeist Greyston, die nun trächtige Luna und nur ausnahmsweise in Begleitung von Alex – die Kameras.
    Besonders interessant war der 16. März. Um kurz nach 20 Uhr trotteten Greyston und Luna den steilen Waldweg hinauf auf den Monte Poggio, markierten und schlenderten weiter bergauf. Nur knappe zwei Stunden später rannte Greyston wieder bergab, ein großes Stück Beute im Fang. Luna folgte ihm nach dreißig Minuten und sichtlich vollgefressen.

Oben: Greyston löste sich; im Vordergrund Luna.
Unten: keine zwei Stunden später eilte Greyston mit Beute im Fang vorbei.

In der nächsten Nacht liefen sie an der Fotofalle am Dorfrand vorbei, Greyston voran, Luna auf seinen Fersen. Der Rüde wandte sich ohne zu zögern in die Wiese oberhalb, doch statt ihm dorthin zu folgen, duckte sich Luna urplötzlich auf den Boden, blieb reglos liegen und beobachtete das Geschehen. Mit ziemlicher Sicherheit handelte es sich da um einen Jagdversuch. Er blieb wohl erfolglos, denn ich konnte am Morgen darauf nirgends Blutspuren, Haarbüschel oder andere Hinweise für einen Riss finden,

Oben und unten: Greyston eilt voraus, Luna folgt im Eilschritt...

Oben: ...drückt sich aber am Eingang der Wiese in Lauerstellung auf den Boden

Noch spannender wurde es am 24. März.

Nach einer offenbar erfolgreichen Jagd, vergrub Greyston Beutereste.

Um 2.47 passierten die Wölfe im Galopp eine Fotofalle nahe unseres Nachbardorfes, wahrscheinlich auf der Jagd. Um 4.40 erschien Greyston bei der etwas gedrehten Fotofalle A, wo er einen Monat zuvor schon mit einem Batzen Fleisch im Fang gefilmt worden war. Jetzt wies die Kamera direkt auf eine Suhle und genau die wählte Greyston aus, um sein Futter zu verstecken. Wie jeder ordentliche Hund das machen würde, grub er mit den Vorderpfoten ein Loch, warf die Beute hinein und schloss dann vorwiegend mit dem Fang schiebend seine Vorratskammer. Nach drei Minuten war er fertig mit der Arbeit und verließ die Suhle schmutzstarrend.

Oben und folgende: Greyston bei der Arbeit.

In der folgenden Nacht benutzte eine Bache mit ihren Frischlingen die Suhle, untersuchte die Grabestelle, rührte das verborgene Fleisch jedoch nicht an. Auch ein Fuchs kam der Wege, beschnüffelte interessiert die richtige Stelle, sah aber ebenfalls vom Diebstahl ab. Das gleiche Schauspiel wiederholte sich am 26. März mit einigen Wildschweinen. Ob die Wolfswitterung als Alarmsignal wirkte, oder weder Sauen noch Reineke mariniertes Fleisch appetitlich fanden – wer weiß.

Die Wildschweine rührten die Beute des Wolfs nicht an.

Greyston hingegen tauchte am 27. März im Morgengrauen wieder auf, ging zielstrebig zur Suhle, zerrte das Fleisch aus dem Schlamm und entfernte sich damit zwei, drei Meter in die kargen Büsche.

Oben und folgende: nach 3 Tagen in der „Marinade“ holte Greyston das Fleisch ab.

Rund eine Viertelstunde später löste er die Kamera wieder aus, weil er immer noch mit dem schwarzen Batzen im Maul durchs Gestrüpp geisterte. Nach weiteren zehn Minuten geriet er an der selben Stelle neuerlich in den Bereich der Fotofalle, diesmal ohne Beute im Fang. Mittlerweile war es schon recht hell und kein anderer Wolf in Greystons Nähe zu sehen. Ob er das Fleisch fraß oder anderswo vergrub ist ungewiss.
Trotz sorgfältiger Suche konnte ich zwei Tage nach diesem Geschehen in der Zone, wo sich die Suhle befindet, keine Wolfslosung oder frische Trittsiegel entdecken.


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Text und Fotos (c) Sabine Middelhaufe, 2023

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