Jagd & Jäger
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Französische Vorstehhunde in Deutschland - Interview mit Max Weindler, Präsident des VBBFL Von Sabine Middelhaufe Max Weindler, bis zu seiner Pensionierung 2011 Verwaltungsrat, kann auf dreieinhalb Jahrzehnte Erfahrung als Jäger und Hundeführer zurückblicken. Seine Begeisterung für die französischen Vorsteher begann mit dem Epagneul Breton, den er ab 1978 für einige Zeit züchtete, von 1978 bis 1984 als Zuchtbuchführer des Bretonenclubs betreute und seit 1981 auch als Verbandsrichter des JGHV bei Prüfungen beobachten und bewerten konnte. Für die vielen anderen, ausserhalb ihrer Heimat damals kaum bekannten französischen Vorstehhundrassen, legte Max Weindler 1983 bei einer HZP des deutschen Bretonenclubs den Grundstein ihrer Vertretung durch einen eigenen Verein. Im Laufe etlicher mehrwöchiger Urlaube in Frankreich besuchte er viele Züchter von Epagneul Francais, Picard, Bleu Picard, Pont Audemer, Barbet, Braque d´Auvergne und Braque Francais und gründete 1985 schliesslich den VBBFL (Verein für Barbet, Braque, Französisch-Langhaar) der seitdem vierzehn verschiedene französische Vorsteher in Deutschland betreut. |
Epagneul Picard. Barbet Amon z Gorki Podduchownej, Foto: Piotr Piotrowksi |
Herr Weindler, als Gründungsmitglied und Präsident des VBBFL haben Sie die zahlenmäßige Verteilung der einzelnen Rassen im Laufe der Vereinsgeschichte beobachten können. Wie verlief die Entwicklung und gibt es heute eine Rasse, die eindeutig als Favorit bezeichnet werden kann? M.W.: Von 1985 bis 1990 waren die Barbets sehr gefragt, von 1990 bis 1992 kurzfristig die Braque d´Auvergne, aber vor allem von 1990 bis 2001 der Epagneul Picard, sowie von 1999 bis 2007 der Epagneul Francais. |
Braque Saint Germain Weika du Verger des Pommes, Foto: Kastner Braque Francais Axa, Foto: Ilvio Cialini. |
Die deutschen Jäger gelten als sehr konservativ bei der Wahl ihres vierläufigen Jagdgefährten und nur eines kann sie überzeugen, die Leistungsfähigkeit einer Rasse nämlich. Das heisst aber auch, nicht der eine aussergewöhnliche Prüfungssieger ist wichtig, sondern ein möglichst breites Mittelfeld für den jagdlichen Vollgebrauch bestens geeigneter Hunde. M.W.: Von den Welpenkäufern kommen im Durchschnitt 52 % zu den Verbands- bzw. Vereinsprüfungen, vorwiegend im Frühjahr. Damit liegen wir im Vergleich zu den deutschen Vorstehhundrassen über dem Durchschnitt. |
Epagneul Bleu Picard. Braque Francais Orion du Mas D'Erdial, Foto: Ilvio Cialini. |
Können Sie uns etwas genauer erklären, was bei den einzelnen Prüfungen verlangt wird? M.W.: Bei der Vereins-Jugendsuche (VJS) wird bei dem einjährigen Hund lediglich Suche, Nase, Führigkeit und Vorstehen geprüft. Hier gibt es als Bewertung Punkte und Preise. |
Epagneul Picard. Epagneul Francais. Foto (c) Angelika & Bernd Jensen |
Der VBBFL hat von jeher Wert darauf gelegt, dass die von ihm betreuten Rassen in Deutschland nicht zu exotischen Sofahunden werden, sondern die Jagdgebrauchsqualitäten bei Zucht und Einsatz im Vordergrund stehen. Vor allem letzteres ist leider nicht immer so einfach, denn bei seltenen Rassen sind es häufiger Laien, die einen Welpen erwerben möchten. M.W.: Ich kann hier selbstverständlich nur für unsere Mitglieder und ihre Hunde sprechen, nicht für die gut 100 "Franzosen", die in Deutschland leben aber nicht im VBBFL sind. |
Epagneul Picard. Epagneul Francais. Foto (c) Angelika & Bernd Jensen. |
Das frz. Jagdwesen unterscheidet sich in mancher Hinsicht vom dts. und entsprechend auch die Einsatzweise und Ausbildungsziele. Können Sie erläutern, was ein "Franzose" typischerweise in Deutschland und umgekehrt in Frankreich leisten muss? M.W.: In Frankreich wird mit den französischen Vorstehhunden ähnlich gejagt wie bei uns, wobei allerdings bei den Drückjagden auf Rotwild und Schwarzwild kaum Vorstehhunde zum Einsatz kommen, sondern vorwiegend Laufhunde, die in Meuten geführt werden. Auf den üblichen Treibjagden auf Niederwild und bei der Wasserjagd hingegen finden unsere französischen Vorstehhunde ihre Verwendung. In Deutschland kommen zu dieser ursprünglichen Verwendung noch die Drückjagden auf Schwarzwild und die Schweißarbeit hinzu, die von den eingearbeiteten „Franzosen“ vorzüglich gehändelt werden. Hier unterscheiden sich unsere Hunde kein Deut von den deutschen Vorstehhundrassen. |
Epagneul Picard. Braque Saint Germain in Frankreich, Foto: Kastner. |
Sie persönlich und viele Ihrer Vereinsmitglieder unterhalten enge Beziehungen zu Züchtern und Hundeführern in Frankreich. Gibt es gelegentlich dts.-frz. Veranstaltungen, Schauen, Prüfungen? M.W.: Wir halten über email und facebook Kontakt zu französischen Züchtern und den entsprechenden Vereinen. Es gibt auch gelegentliche Besuche bei field-trials, Ausstellungen und National Elevage. Die Kontakte sind zwar sehr locker, aber in ihrer Kontinuität schon zwei Jahrzehnte alt. Ich habe z.B. in den 28 Jahren meiner Präsidentschaft drei Präsidenten des Clubs Epagneul Picard kennen gelernt, mit denen ich immer wieder in Kontakt stand; ähnlich ist es mit den anderen französischen Vereinen. |
Epagneul Picard. Epagneul de Saint Usuge, Foto: Nicole Schröder. |
Sie sind nun seit beinahe 30 Jahren für die frz. Vorsteher aktiv; hat sich die Einstellung der deutschen Gebrauchshundeführer zu diesen Rassen verändert? Ist man ihnen gegenüber heute offener? M.W.: Es gibt wohl in jedem Land sog. eingefleischte Hundeführer, für die es nur ihre Rasse gibt und sonst nichts. Man muss mit solchen Leuten eben leben. Für uns als Führer von französischen Vorstehhunden ist die Leistung unserer Vierläufer entscheidend und nicht irgendeine Ideologie. Meistens sind diese „Rassefanatiker“ nicht einmal in der Lage eine Braque Francais von einem Deutsch Kurzhaar oder einen Epagneul Francais von einem Kleinen Münsterländer zu unterscheiden. Man muss aber betonen, dass das Gros der deutschen Hundeführer heutzutage sehr offen und tollerant ist. Vor allem möchte ich hier auch den JGHV nennen, der uns gegenüber in den letzten 28 Jahren sehr zuvorkommend war und ist. |
Epagneul Picard. Epagneul de Saint Usuge, Foto: Nicole Schröder. |
Wer sich für seltene und dann gar noch ausländische Rassen einsetzt, muss sich oft die Frage stellen lassen: Warum eine fremde Rasse, wenn es längst die perfekte einheimische Rasse gibt? Was würden Sie darauf antworten? M.W.: Der deutsche Jäger fährt einen Geländewagen aus Japan, führt Gewehre, die ihren Ursprung in den USA, England, Österreich, Spanien und Italien haben, verwendet Munition aus Finnland, Ungarn, der Tschechei und Kroatien, kleidet sich in Hosen, Jacken und Parkas oftmals aus China, Stiefel aus Kanada, Hüte aus Australien - nur der Hund ist oftmals deutschen Ursprungs. Hier hat, seit es unseren Verein gibt, ein Wandel eingesetzt und das ist sehr zu begrüßen. Die Frage „Warum eine fremde Rasse?“ kann oft mit der Gegenfrage „Warum fahren Sie einen Japaner und keinen X 3?“ beantwortet werden und damit ist vielen Fragern der Wind aus den Segeln genommen. |
Braque Francais Typ Gascogne, Foto: Marco Ragatzu. Braque Francais, Foto: Marco Ragatzu. |
Text (c) 2013 Weitere Informationen zu den französischen Vorstehhunden finden Sie hier:
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