| SchweizVon Sabine Middelhaufe
 Interessant ist das erste Kapitel der Rückkehr des  Wolfes in die Schweiz, denn diese Isegrims kamen nicht etwa aus Italien. Vier  von ihnen wurden getötet und zwar in den Jahren 1947, 1954, 1978 und 1991. „DNA-Analysen  zeigten, dass die ersten beiden Tiere ein amerikanisches Genmuster hatten und  somit nicht natürlich eingewandert waren. Bei den beiden weiteren Wölfen  führten die DNA-Analysen zu keinem eindeutigen Ergebnis, allerdings wiesen sie  optisch die gleichen Merkmale auf wie die beiden amerikanischen. Beim  Hägendorfer Wolf war es zudem offensichtlich, dass er zuvor in einem Gehege  gelebt hatte, da seine Zähne für ein wildes Tier viel zu stark abgestumpft  waren. Wie diese Wölfe in die Freiheit kamen, konnte nie geklärt werden. Am  wahrscheinlichsten sind Ausbrüche aus (illegalen) Gehegen oder beabsichtigte  Freilassungen,“ informiert CHWolf.org. „Heute [2019] leben geschätzte 45-50 Wölfe in der Schweiz. Seit 1995,  dem Beginn der natürlichen Einwanderung, wurden 138 Wölfe (94 männliche und 44  weibliche), alle italienischer Abstammung, mit DNA-Analysen nachgewiesen.“        2012  fiel im Calandagebiet der erste Wurf Welpen und es entstand das Calandarudel,  das seitdem regelmäßig Nachwuchs hat.2015 konnte man im Tessin das zweite  schweizer Rudel nachweisen.
 2016  kam ein drittes im Wallis dazu.
 2018  schließlich wurde ein viertes Rudel bei Trin, in unmittelbarer Nachbarschaft  zum Calandarudel entdeckt. Dass es zwischen beiden keine verwandtschaftlichen  Beziehungen gibt, wurde bei der Aufklärung eines Unfalls entdeckt. 2018 waren  nämlich mehrmals Jungwölfe abgestürzt und das Amt für Jagd und Fischerei,  Kanton Graubünden, teilte mit:
 „Die Laboranalyse zeigt, dass die drei im Herbst bei der Trinser Alp  abgestürzten Jungwölfe nicht Nachkommen der beiden Elterntiere M30/F07 des  Calandarudels sind. Somit bestätigt sich der Verdacht, dass sich in diesem Jahr  in Graubünden auf dem Gemeindegebiet von Trin ein neues Wolfsrudel gebildet  hat. (...) Nebst den zahlreichen durch den Absturz verursachten Hautschürfungen  und Knochenbrüchen haben die Untersuchungen zur Todesursache bisher keine  weiteren Befunde ergeben. Die Ergebnisse zur Staupeuntersuchung sind noch  offen. Aufgrund der diesjährigen Beobachtungen und der in diesem Zusammenhang  durchgeführten Analysen muss in nächster Zeit in Graubünden wahrscheinlich mit  weiteren Wolfsrudeln gerechnet werden.“
 Seit  Mitte Februar 2019 ist auch die Anwesenheit eines Wolfs im Gebiet zwischen  Obstalden und Mollis bekannt. Der Wildhüter konnte an einem gerissenen Reh in  Mollis eine DNA-Probe entnehmen. Die Analyse der Probe durch das Laboratoire de  Biologie de la Conservation de l'Université de Lausanne zeigte, dass es sich  bei dem Wolf um das Weibchen F32 handelt. Die Wölfin stammt aus dem Wolfsrudel  am Calanda (GR) und wurde 2017 geboren. Sie hält sich nach wie vor im  Glarnerland auf. (Medienmitteilung Kanton Glarus, 23.04.2019).
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  Foto und Titebild: H. Zweifel  | 
  
    | Doch trotz  der insgesamt nur sehr kleinen Population, ist das Wolfsmanagement in der Schweiz  sehr streng: Individuen, die mehrfach Nutztiere angegriffen haben, werden  entnommen.„Das Ergreifen von Massnahmen gegen einzelne,  schadenstiftende Wölfe sowie die Regulierung von regional hohen Wolfsbeständen  wird in der eidgenössischen Jagdverordnung geregelt. Der Regulierungsartikel  kommt dabei ausschliesslich bei Rudeln zur Anwendung, welche sich im Jahr, in  dem die Regulierung erfolgt, erfolgreich fortgepflanzt haben. Bei Wolfspaaren,  bei residenten oder bei transienten Einzelwölfen kommt grundsätzlich der  Einzelabschuss zur Anwendung. Bei sich nur kurzfristig vergesellschaftenden  Einzelwölfen oder Einzelwölfen mit Wolfspaaren wird es schwierig, den Schaden  einem bestimmten Individuum zuzuordnen. Deshalb muss in solchen Fällen das  Ausstellen einer Abschussverfügung besonders umsichtig evaluiert werden. Häufig  ist die Verstärkung des Herdenschutzes die zielführendere Option. Wenn aber  nachgewiesen ist, dass alle Wölfe einer kurzfristigen Vergesellschaftung in  einem Gebiet schadenstiftend beteiligt waren, kann ein Abschuss durchaus der  Verhütung weiterer Schäden dienen. Allerdings muss in solchen Fällen die  korrekte Abgrenzung des Abschussperimeter, das heisst die Eingrenzung auf  Gebiete, in denen alle zumutbaren Herdenschutzmassnahmen umgesetzt sind,  oder auf Gebiete, die grundsätzlich nicht schützbar sind, gewährleistet sein.  Werden nach dem Abschuss eines Wolfes weitere Nutztiere von den restlichen  Wölfen einer Vergesellschaftung gerissen, beginnt die Erhebung des Schadens von  neuem. Um in der Rudelsituation eine Beurteilung von problematischem  Wolfsverhalten zu ermöglichen, erstellen die Kantone eine Dokumentation der  Ereignisse und des Verhaltens der Wölfe eines Rudels. Bei Massnahmen gegen  einzelne schadenstiftende Wölfe gilt zusätzlich zu den Bestimmungen gemäss Art.  9bisJSV folgendes: Ist eine Präsenz von Weibchen nachgewiesen oder wird sie  vermutet, soll in der Zeit vom 1. April bis 31. Juli auf einen Abschuss  grundsätzlich verzichtet werden.“ (Bundesamt für Umwelt. Stand 2016)
 Ein im Rahmen der Möglichkeiten sehr  vernünftiges Konzept, das bei Bedarf aktualisiert und den neuen Gegebenheiten  angepasst wird.
 Gerade die  Viehhalter bekommen die Präsenz der Wölfe freilich immer stärker zu spüren. Im  Kanton Wallis beispielsweise, in dem ein Wolfsrudel lebt, nahmen die Schäden  massiv zu. Wurden 2017 nur 61 Wolfsrisse gemeldet, waren es 2018 bereits 296.
 Und auch  die Waliser Behörden haben nun erheblich mehr zu tun:  2018 wendeten die Wildhüter im Zusammenhang  mit dem Wolf insgesamt 3800 Arbeitsstunden auf. Hinzu kamen die Stunden der  Direktion sowie der im Büro tätigen spezialisierten Mitarbeiter für  Information, Monitoring und Entschädigungsverfahren im Umfang von mehr als 800  Arbeitsstunden. (Medienmitteilung Kanton Wallis, 12.03.2019).
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 Foto: H. Zweifel  | 
  
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      Viel  diskutiert wird in der Schweiz auch die Hybridisierung, ein Problem, das in  Italien, woher die schweizer Wölfe ja ursprünglich stammen, äußerst real ist. Wissenschaftler  von der Universität Lausanne haben deshalb zwischen 1998 und 2017 eine Langzeit-Genuntersuchung von in der Schweiz  und Umgebung angetroffenen Wölfen durchgeführt und dabei 115 Individuen  identifiziert. Beim Vergleich ihres Genmaterial mit dem von 70 verschiedenen  Hunden stellten sie nur zwei Wolfsmischlinge fest, die einen Haushund als Groß-  oder Urgroßvater aufwiesen. Eines dieser Tiere wurde von Wilderern getötet, das  andere hatte die Schweiz 2018 bereits wieder verlassen. Die damals drei  ansässigen Wolfsrudel zeigten überhaupt keine Zeichen von Hybridisierung.
 Die  Forscher empfehlen, ebenso wie das schweizer Gesetz, Hybriden der ersten  Generation zu entnehmen, um die genetische Integrität der reinen Wölfe zu  schützen. Scheinbar  nicht recht überzeugt von den Forschungsergebnissen der Universität Lausanne  war die VWL (Vereinigung zum Schutz  der Weidetierhaltung und ländlichem Lebensraum der Kantone Glarus, St. Gallen und  beider Appenzell), die auf ihrer Internetseite diverse Fotos von tatsächlichen  oder vermeintlichen Hybriden zeigt, die in Italien, Deutschland (u.a. Landkreis  Celle, 2015) und der Schweiz (u.a. Mitglieder des Calandarudels) aufgenommen  wurden.
 Die VWL begrüßte deshalb die „Motion  Schmidt“, des schweizer Christdemokraten Roberto Schmidt, vom Dezember 2015, in  deren Begründung es heisst:
 „In Mitteleuropa gilt nur der Canis lupus lupus  (Europäischer Grauwolf mit graubraunem Fell) als heimisch. Nur dieser Wolf ist  somit nach der Jagdverordnung als geschützte Tierart zu betrachten. Fachleute  vertraten in letzter Zeit zunehmend die Meinung, dass sich unter den Wölfen in  der Schweiz auch Wolf-Hunde-Mischlinge mit verschiedenem Einkreuzungsgrad  befänden. Der Bundesrat hat am 21. September 2015 auf die Frage geantwortet,  dass bisherige DNA-Analysen beim genetischen Referenzlabor der Universität Lausanne  keine Hinweise auf Hybridisierung ergeben hätten. International anerkannte  Experten haben aber nachgewiesen, dass Mischlinge ab einem bestimmten  Einkreuzungsgrad (ab F2 oder B1) anhand von DNA-Analysen nicht mehr zu erkennen  sind. Es braucht daher morphologische und phänotypische Untersuchungen. (...)“
 Im Februar 2016 wurde die „Motion Schmidt“  allerdings abgelehnt, denn, so stellte der Bundesrat fest:
 „(...) Der Bund hat die Frage einer  möglichen Hybridisierung klären lassen (...). Dazu wurden einerseits alle in  der Schweiz gemachten Fotos von Wölfen und alle Wolfskadaver von Experten  begutachtet, andererseits wurden zahlreiche genetische Proben analysiert (z. B.  Wolfskadaver, Speichel von Wolfsrissen oder Wolfskot). Seit dem ersten Auftreten  von Wölfen in der Schweiz im Jahre 1995 ergab sich bislang bei keiner dem  Bundesrat vorliegenden Analyse oder Fachexpertise ein Hinweis auf  Wolf-Hunde-Mischlinge.
 In der Schweiz gibt es keine freilebende  Hundepopulation. Deshalb dürfte sich auch in Zukunft kein Handlungsbedarf  ergeben. Sollte sich in unserer Natur jedoch ein Fall einer  Wolf-Hund-Hybridisierung zeigen, dann würden die Kantone auf der Grundlage  bestehenden Rechts bereits die erste Generation solcher Tiere sofort  entfernen.“
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 Foto: H. Zweifel  | 
  
    | Die  schweizer Wölfe gehören zur Alpenpopulation und die nimmt deutlich zu.  „Laut  der neusten Auswertung der Gruppe Wolf Schweiz lebten von Mai 2017 bis April  2018 in den Alpenländern nachgewiesenermaßen 98 Rudel, vier davon in der  Schweiz.
 Dies  entspreche einer Zunahme von insgesamt 23 Rudeln gegenüber dem Vorjahr,“ schrieb die Aargauer Zeitung Ende  2018 und gab die Gesamtzahl der Alpenwölfe mit 800 – 1000 an. „Das Tempo der Vermehrung zeige, dass sich die Wolfspopulation  mittlerweile in der Phase des exponentiellen Wachstums befinde. Der  Schwerpunkt der bisherigen Rudelverbreitung lag gemäss der Analyse in den  Südwestalpen in Frankreich sowie Italien und reichte bis in die Schweiz hinein.  Für Frankreich zählt die Auswertung 57 Rudel, davon vier grenzüberschreitend  mit Italien. In Italien lebten 40 Rudel. In Slowenien wurde ein Rudel nachgewiesen.  (...) Auffällig sei die deutliche Zunahme der Wolfsrudel in den Ostalpen in der  italienischen Provinz Venezien, wo sich offenkundig ein neues zusammenhängendes  Wolfsvorkommen bilde.“
 
 Angesichts des ausgezeichneten Zustandes der  Wolfspopulationen in Europa, reichte das Departement für Umwelt, Verkehr,  Energie und Kommunikation (Uvek) bei der Berner Konvention einen Antrag auf die  Rückstufung des Raubtiers ein. Der Bund will, dass der Wolf künftig in Europa  nicht mehr "streng geschützt" sondern nur noch "geschützt"  wäre.
 Im  Dezember 2018 beschloss der Europarat jedoch, den Schutzstatus bis auf weiteres  nicht zu lockern. Diese Entscheidung stieß auf Unverständnis vor allem seitens  zahlreicher landwirtschaftlicher Verbände.
 „Es sei  völlig unverständlich, dass das Anliegen der Schweiz auf einen späteren Termin  verschoben worden sei mit der Begründung, einen Bericht über den  Erhaltungszustand von Arten und ihren Lebensräumen abzuwarten,“ schrieb  etwa die schweizer Bauernzeitung. „Die direkt betroffene Bevölkerung könne  diese Entscheidung nicht akzeptieren. Die Übergriffe auf Nutztiere nehme auch  auf Winterweiden ständig zu. Massnahmen zur Regulierung der Wolfspopulation sei  ein Muss, die zunehmende Wolfspräsenz in Siedlungsnähe wären nicht tolerierbar.  Der Entscheid des Ständigen Ausschusses zeuge davon, dass die  Strasbourger-Beamten fernab der betroffenen Regionen ihre Entscheide fällten,  heisst es in dem Schreiben des VLSoGRT.“
 Weiter zu: Österreich Text (c) Juli 2019 Quellen:
 www.nature.com/scientificreports
 https://wilderness-society.org/study-confirms-low-dog-introgression-in-swiss-wolf-population/
 https://www.swissinfo.ch/eng/science-saturday_alpine-wolves-show-scant-signs-of-cross-breeding-with-dogs/44689726
 https://www.nzz.ch/schweiz/wolf-in-der-schweiz-wie-viele-woelfe-es-gibt-und-wieso-das-wallis-ueber-die-tiere-klagt-ld.1480232?reduced=true
 https://chwolf.org/woelfe-in-der-schweiz/wolfspraesenz/aktuelle-daten
 https://chwolf.org/woelfe-in-der-schweiz/geschichtlicher-hintergrund-ch
 https://chwolf.org/woelfe-in-der-schweiz/rueckkehr-der-woelfe/rueckkehr-in-die-schweiz
 https://chwolf.org/assets/documents/woelfe-ch/CH-Konzepte/Konzept_WolfCH_Vollzugshilfe_Stand-19-01-2016-Rev2017.pdf
 https://www.vwl-ost.ch/wolfsmischlinge-oder-hybriden/hybriden-oder-wolfsmischlinge-in-der-schweiz/
 https://www.vwl-ost.ch/wolfsmischlinge-oder-hybriden/hybridisierung-in-italien-und-folgen-f%C3%BCr-die-schweiz/
 https://www.kora.ch/index.php?id=213&L=0%2529%252FRK%253D0%252FRS%253DqMJwqReCaAxMVDRjOy_TgYRrijw-&tx_ttnews%5Btt_news%5D=764&cHash=1e0f64a623466f29d2e2da91b9a37e53
 https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/98-rudel-im-alpenraum-vier-in-der-schweiz-die-wolfspopulation-in-europa-ist-rasant-am-wachsen-133668743
 https://www.1815.ch/news/schweiz/news-schweiz/schweiz-beantragt-rueckstufung-des-schutzstatus-des-wolfs-16721/
 https://www.bauernzeitung.ch/artikel/europarat-lockert-wolfschutz-vorerst-nicht
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