Spanien
Von Sabine Middelhaufe
Der iberische Wolf (Canis lupus signatus), in den 70er Jahren fast ausgestorben,„ist im Moment in den nordwestlichen Gebieten der Iberischen Halbinsel sowohl in Spanien als auch im Norden Portugals vorzufinden,“ berichtete Mitte 2018 der Fondo para la Protección de los Animales Salvajes auf seiner Website. „Laut der letzten Zählung, die von der spanischen Verwaltung durchgeführt wurde, werden 297 Wolfsrudel in ganz Spanien geschätzt. Es gibt jedoch Uneinigkeit darüber, wie die Wissenschaftler und Naturschutzgruppen zu diesem Ergebnis kamen, da die Methodologie nur in Schätzungen bestand.“
In Spanien ist der Wolf (bisher) nicht landesweit geschützt; südlich des Flusses Duero geniesst er Schutz gemäß der Habitat-Richtlinien, nördlich des Flusses, wo die große Mehrheit der Wölfe lebt, wird die Population durch regelmäßige Entnahmen reguliert. Diese Abschüsse sind streng kontrolliert und quantitativ begrenzt. Von den geschätzten 2.500 Individuen wurden bisher jährlich etwa 200 legal getötet.
Im Januar 2016 beklagten die örtlichen Naturschutzvereine den Abschuss der drei letzten Wölfe im Baskenland. Im März zogen dann zahlreiche spanische Organisationen nach Madrid und forderten den landesweiten Schutz von Isegrim. Die neue, als linkspopulistisch eingestufte Partei Podemos, setzte sich ebenfalls für den Schutz des Wolfs und wirksamere Unterstützung der Viehzüchter bei den Präventivmaßnahmen ein.
In der Region mit den meisten Abschüssen, Castilla y León, wurde durch massives Lobbying die legale Entnahme von Wölfen tatsächlich gestoppt. Das Ministerium für Entwicklung und Umwelt erteilte dem Regionalrat die Anweisung, die in der Saison 2018/2019 geplante Jagd auf 143 Wölfe in Castilla y León aufzuheben. Wie es 2019/2020 weitergehen wird, ist noch offen. |
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Nuova ecologia bemerkte schon im April 2016 auf ihrer Website: „Dass das Problem [der Wolfsabschüsse] existiert, ist eine Tatsache, aber es ist seine Dimension, die nicht objektiv betrachtet wird. In den letzten Jahrzehnten ist die Zahl der Wölfe, dank des im Vergleich zu früher zunehmenden Schutzes, gestiegen. Der Wolf ist in Gebiete zurückgekehrt, aus denen er verschwunden war, etwa die Berge und Hochebenen der Provinz Avila, Salamanca und Segovia und genau hier hat er den lokalen Viehzüchtern die größten Probleme bereitet. In Avila zum Beispiel, wo auch eine Initiative namens „Wolfsfreies Avila“ entstanden ist, kam es zu sehr vielen Angriffen auf Weidetiere, mit Dutzenden getöteter Schafe und Kälber.“
Theo Oberhuber, Aktionskoordinatorin von Ecologistas en Acción, meinte damals allerdings, dass es viele Falschinformationen gäbe. Einerseits sei wahr, dass der Wolf in bestimmten Fällen Vieh angreife, andererseits träfe aber auch zu, dass oft Streuner und verwilderte Hunde diese Attacken ausgeführt hätten.
Dass Spanien, genauso wie Italien und teilweise auch Frankreich ein Problem mit herrenlosen, frei herumziehenden Hunden hat, steht außer Zweifel. Dennoch sei an die Aussage des französischen Ökologen und Anthropologen Dr. Laurent Garde erinnert: „Die Lüge von den streunenden Hunden etwa: das ist nicht die Schuld der Wölfe, das sind die streunenden Hunde gewesen. Der Wolf sei nur ein Sündenbock. Aber wenn das wahr ist, wieso mussten die Herden dann erst beim Eintreffen des Wolfes geschützt werden?“
Unter dem Titel „In Spanien lebt der Wolf mit den Viehzuchten zusammen“ schrieb Nuova ecologia 2016: „In der Sierra de Culebra, an der Grenze zu Portugal haben die Viehzüchter alte Schutzmethoden aus der Vergangenheit geerbt, die sich als sehr wirksam erweisen.“
Und dieser Schutz besteht aus Hunden, Elektrozäunen (vermutlich nicht geerbt) und Nachtpferchen. Freilich beschränkte sich das problemlose Zusammenleben eben auf einige Viehhalter im Grenzbereich mit Portugal und eine landwirtschaftliche Genossenschaft in Galizien, die ergänzend zu den Mastinos auch Esel als Präventivmaßnahme verwendete.
Anderswo in Spanien hingegen, vor allem im Nordwesten, hat die Zunahme der Wölfe und die steigende Zahl der gerissenen Weidetiere, wie in anderen Ländern auch, zu heftigen Protesten seitens der Viehzüchter geführt, die eine drastische Regulierung des Beutegereifers fordern. Und, ebenfalls wie in anderen Ländern, entgegnen die Umweltorganisationen unbeirrt, man müsse einfach die Herden mit Elektrozäunen und Hunden besser schützen, um ein friedliches Miteinander zu erreichen. Populationskontrolle durch Abschüsse sei eine Scheinlösung, da sie die Rudelstrukturen zerstöre und nur zu kleinen Gruppen oder Einzelwölfen führe, die weit eher geneigt seien, Weidevieh zu reißen statt zu jagen. |
Foto: Katja Bölke
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Ende März 2019 berichtete El Pais: „70 Jahre nach ihrem Verschwinden haben Wölfe ihr comeback in Madrid.“ Untersuchungen zufolge gibt es mindestens fünf Rudel mit insgesamt 35-40 Individuen. Wolfsexperte und Biologe Juan Carlos Blanco ergänzt, dass sich die Tiere auch weiter ins Inland ausbreiten und sich dort mit großer Wahrscheinlichkeit in Zukunft ebenfalls etablieren werden.
„Obwohl sich das Gebiet nahe der Landeshauptstadt befindet,“ schreibt El Pais, „ist das Habitat mit einer Vegetation aus Eichen, Pinien und verschiedenen Arten von Buschwerk für Wölfe und andere Spezies geeignet. Es wird außerdem von Reh- und Schwarzwild bewohnt, einer Nahrungsquelle, die die Wölfe mit Angriffen auf Viehherden ergänzen. (...) 2013, als Wölfe in Madrid erstmals wieder Nachwuchs aufzogen, wurden 15 Attacken verzeichnet. Im Laufe von drei Jahren stieg ihre Zahl auf 213 und sprang letztes Jahr [2018] auf 398. Laut Angaben der regionalen Umweltbehörde stieg das Budget für Ersatzzahlungen von €40,000 im Jahr 2014 auf €300,000 im Jahr 2019.“
Alfredo Berrocal, Präsident des Bauernverbands von Madrid ist dennoch der Meinung, dass die Regionalregierung nichts tue, um das Problem anzugehen. „Wir müssen zunächst einmal wissen, wie die Situation überhaupt ist, wie viele Wölfe da sind und wohin sie sich ausbreiten. Denn bisher stehen wir vollkommen im Dunkeln.“ Außerdem hält er die Schadenskompensationen für zu gering. „Das Leben eines Tieres ist dreimal mehr Wert als das, was man dafür bekommt, das ist durch Gerichtsurteile demonstriert worden.“
Überdies führe der Verlust eines Tieres zu anderen, indirekten Verlusten. „Die Einstellung kann nicht sein: je mehr Wölfe, desto besser. Es braucht Regulierung und wenn ein Wolf, der sich angewöhnt hat, Vieh anzugreifen, getötet werden muss, dann muss das geschehen.“
Die Wölfe in Spanien breiten sich indes nicht nur von Nordwesten her aus.
„In den Pyrenäen werden zwischen Frankreich und Spanien vereinzelt Wölfe gesichtet und wissenschaftliche Studien scheinen zu bestätigen, dass diese Wölfe aus Frankreich und Italien stammen, wobei es sich bei diesen um die Unterart Canis lupus italicus handelt,“ stellte Fondo para la Protección de los Animales Salvajes bereits vor einem Jahr fest. Es ist also anzunehmen, dass die italienische und spanische Unterart des Europäischen Wolfs in nicht zu ferner Zukunft aufeinander treffen werden.
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Text (c) Juli 2019
Quellen:
https://fapasdeutsch.com/noticias/die-verbreitung-des-wolfes-in-spanien-stand-2018
https://www.wwf.at/de/menu577/
http://www.meteoweb.eu/2016/04/lupo-iberico-spagna-si-mobilita-per-proteggerlo/663597/
https://www.lanuovaecologia.it/lupo-iberico/
https://www.cacciando.com/lettere-e-foto/attualita/item/3111-in-spagna-si-potranno-cacciare-141-lupi.html
https://elpais.com/elpais/2019/03/20/inenglish/1553078281_977646.html
https://wilderness-society.org/spanish-wolf-hunt-banned-for-2018-2019/
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Portugal
Von Sabine Middelhaufe
Der früher in Portugal (und Spanien) weit verbreitete Iberische Wolf, Canis lupus signatus, wurde vor über 100 Jahren als Subspezies des Grauwolfs beschrieben und begann zeitgleich seinen stetigen Rückgang, der Mitte des 20. Jhs. seinen Tiefpunkt erreichte.
Wie Wölfe früher gefangen wurden, konnte man 2018 im ADAC Reisemagazin lesen:
“Als er [João Rodrigues Pereira] noch Bürgermeister war, ließ er die Fojo do Lobo, die Wolfsfalle am Abhang vor dem Ort [Germil], restaurieren. Von wann sie stammt, weiß heute keiner mehr. Aber die Ältesten erinnern sich noch daran, wie sie funktionierte. Mit Geschrei und Trommeln wurde der Wolf den Hang hinunter zwischen zwei sich verengende Mauern getrieben. An ihrer schmalsten Stelle befand sich eine Grube. Früher war das Gebirge voller solcher Fallen. Manche waren anders geformt, aber keine hatte die Größe der Fojo von Germil. Heute, sagt João Rodrigues Pereira, lasse sich der Wolf nur noch selten blicken.“
1988 wurde der Wolf unter Schutz gestellt, scheint heute aber nur noch in dem Gebiet vom Distrikt Viseu bis hinauf in den Norden Portugals zu leben. Die kleine Population von etwa 50 Wölfen, die sich südlich des Douro (oder auf Spanisch Duero) befindet, war wohl lange Zeit weitgehend isoliert von ihren Artgenossen jenseits des Flusses und in Spanien. Eine von der Grupo Lobo durchgeführte Untersuchung im Jahr 2011 schien aber zu bestätigen, dass ein natürlicher Wiederbesiedlungsprozeß eingesetzt hatte, der den Populationen genetischen Austausch miteinander ermöglichen würde.
Schätzungen nach gab es 2014 etwa insgesamt 300 Wölfe in Portugal. (Im Vergleich dazu lebten gut 2.500 Wölfe im angrenzeden Spanien).
Im Herbst 2014 titelte auch algarvedailynews: „Portugals Wolfspopulation nimmt zu, insbesondere im Gebiet südlich des Douro und nördlich des Tagus. Der Vorsitzende von Portugals Grupo Lobo, Francisco Fonseca sagte, dass parallel zu den Zunahmen anderswo in Europa die Zahl der Wölfe auch in Portugal wachse.“
Grupo Lobo unterhält übrigens 20 km von Lissabon entfernt einen Gehegekomplex mit 12-15 Wölfen, die, so heisst es, aus illegalen Haltungen oder Zoos stammen und von Besuchern bestaunt werden können. Am Ende der Tour warten dann Postkarten, t-shirts, Schlüsselanhänger, Wolfs-Adoptions-Pakete und vieles mehr auf den zahlenden Wolfsfan.
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Foto: Anne Friesenborg
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Was den Erhalt von Zahlungen anbelangt, sieht es für die portugiesischen Nutztierhalter schlechter aus. Die BBC zitierte in ihrem Artikel von 2012 einen Züchter, der jährlich 80 seiner insgesamt 450 Ziegen durch Wolfsrisse verlor. Staatliche Inspekteure begutachteten jeden Riss und galt der Wolf als gesicherter Verursacher, bekam der Mann Schadensersatz – nach ein bis zwei Jahren. Für jemanden, der wie er sein Monatseinkommen von gerade mal 500 Euro hauptsächlich aus dem Verkauf von Ziegenfleisch erwirtschaftet, bedeuten solche langen Wartezeiten den Unterschied zwischen Überleben oder Ruin.
Wer von der Rückkehr des Wolfs in gewisser Weise profitiert, das sind die in Vergessenheit geratenen Herdenschutzhunde Portugals, wie Cao de Castro Laboreiro, Cao da Serra de Estrela und Cao de Gado Transmontano. Die Biologin Silvia Ribeiro erzählte dem BBC Journalisten: „Es ist Teil ihres Charakters und ihrer Anlagen, sich eng an die Herde zu binden und sie grimmig zu beschützen. Sie halten ständig aktiv Ausschau, suchen mit der Nase nach Anzeichen für Probleme und sehen sich um, ob irgendwo ein Tier in eine Notlage geraten ist.“ Im Angriffsfalle stellen sich die Hunde bellend zwischen Wolf und Herde und vertreiben das Raubtier.
Ein Projekt von Grupo Lobo ermutigt Viehzüchter, wieder Vertreter dieser traditionellen Rassen zu halten, und wer teilnehmen will, erhält kostenlos einen Hund; freilich unter strikten Auflagen seine Erziehung, Haltung und seinen Einsatz betreffend. 2012 waren laut BBC an 170 Nutztierhalter 300 Hunde abgegeben worden. Bei genauer Betrachtung sind das nicht viele, denn um eine Herde von 500 Stück Vieh wirksam schützen zu können, sind mindestens drei bis vier Schutzhunde erforderlich.
Ein interessantes Thema präsentierten portugiesische Wissenschaftler und Naturschützer im September 2017 bei der Conference of Wind energy and Wildlife impact in Estoril.
Von 1998 bis 2016 stieg die Zahl der Windfarmen in Portugal von einem Dutzend auf über 250.
2002/2003 wurde die letzte landesweite Wolfszählung durchgeführt und gleichzeit begann das Windfarm-Wolfmonitoring-Programm. Die Forscher legten bei der Konferenz u.A. folgende Erkenntnisse vor:
im Laufe der vergangenen 15 Jahre wurden in Portugal fast 1.000 Windräder innerhalb des Lebensraums von 25 Rudeln, das entspricht mehr als einem Drittel der portugiesischen Wolfspopulation, errichtet. Einige Rudel südlich des Douro haben über 120 Windräder in ihrem Territorium. Die zunehmende Störung durch Menschen in Windfarmgebieten führte zu einer Verringerung der Reproduktionsrate der Wölfe von 94% auf das Minimum von 43% während der Bauzeit der Windfarmen und der ersten Jahre nach ihrer Inbetriebnahme sowie einer Verlagerung der Wurfhöhlen an Orte, die mehr als 2,5 km von der Windfarm entfernt liegen. Diese Abwanderung aus bisherigen Aufzuchtgebieten, könnte für die Wölfe mit neuen und größeren Gefahren verbunden sein. Wo für die Welpenaufzucht geeignete Zonen ohnehin schon reduziert sind, bedeutet die Ansiedlung von Windfarmen ein weiteres Problem für die Wölfe, das dadurch entschärft werden sollte, schlossen die Wissenschaftler, dass neue Turbinen künftig nur in einem Abstand von mindestens 2 km von nachgewiesenen Wurfhöhlen aufgestellt werden.
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Text (c) Juli 2019
Quellen:
https://ukwct.org.uk/index.php?page=portugal
https://www.bbc.com/news/world-europe-16845256
https://algarvedailynews.com/news/3526-wolf-population-rises-in-portugal
https://www.zeit.de/entdecken/reisen/2018-06/portugal-gebirge-wandern-peneda-geres-woelfe
https://wilderness-society.org/the-future-of-the-iberian-wolves/
https://www.researchgate.net/publication/321387167_15_years_of_wolf_monitoring_plans_at_wind_farm_areas_in_Portugal_What_do_we_know_Where_should_we_go
https://www.researchgate.net/publication/326873281_Refuge_as_major_habitat_driver_for_wolf_presence_in_human-modified_landscapes
https://www.edpr.com/en/example-biodiversity-management-iberian-wolf-edpr-portug-1
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