Holland
Von Sabine Middelhaufe
Auch bei unseren westlichen Nachbarn ist der Wolf inzwischen angelangt.
Im März 2015 hielt sich ein in Niedersachsen geborener junger Wolf etliche Tage in den Provinzen Drenthe und Groningen auf, wo er mehrfach gesichtet wurde, während er durch Wohngebiete spazierte. Etwa vier Monate später, bei der Rückkehr nach Niedersachsen, wurde er allerdings auf der Autobahn nahe Hannover überfahren.
Ebenso glücklos war die Wanderung eines rund 18 Monate alten Wolfsrüden aus Cuxhaven, der im März 2017 auf einer holländischen Autobahn zu Tode kam.
In den Jahren 2016 und 2017 wurden in verschiedenen Teilen der Niederlande immer mal wieder herumstreifende Wölfe beobachtet. Drei Viertel der holländischen Provinzen haben derzeit einen oder mehrere Wölfe zu Besuch, häufig junge Tiere aus Deutschland auf der Suche nach einem Partner.
Maurice La Haye von der Dutch Mammal Society, gab an, dass im Frühjahr 2018 mindestens 6 Wölfe in den Niederlanden beobachtet wurden; in Meppen, nahe der deutsch-holländischen Grenze, sichtete man einige erwachsene Tiere nebst 6 Welpen.
In der ersten Hälfte des Jahres 2018 töteten Wölfe 138 Schafe; im Juni riss, wie der DNA Test anschließend bestätigte, ein Einzelwolf im Osten Hollands gleich 12 Schafe und verletzte 14 weitere so schwer, dass sie eingeschläfert werden mussten. Ein gemeinsamer Wolfsplan sei ein wichtiges Instrument, um eine klare Politik für eine Art wie den Wolf umzusetzen, die innerhalb weniger Tage über mehrere Provinzen wandern kann, hieß es im Interprovinziellen Wolfsplan der Niederlande vom 24. Januar 2019. |
Im Februar 2019 meldete die Website European wilderness society:
„Seit dieser Woche ist es offiziell: der Wolf hat sich in Holland niedergelassen. Das ist ein weiterer Meilenstein in der Bewegung hin zu einer naturfreundlicheren Gesellschaft in einem der geschäftigsten Länder Westeuropas. Es ist außerdem ein wichtiges Beispiel dafür, dass Wölfe auch entscheiden können, sich in dichter besiedelten Ländern niederzulassen und nicht immer weiträumige, wilde Gebiete benötigen. Solange es genügend Nahrung und Frieden in ihrem Territorium gibt, können Wölfe überall hingehen. (...) Vor einem halben Jahr hatte die Wölfin GW998F ihre Spuren in der Veluwe hinterlassen. (...) Es gibt aber einige andere Wölfe im Norden des Landes, die schon länger dort sind. Experten äußern, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ein geeigneter Partner GW998Fs Weg kreuzt.“
Und möglicherweise ist genau das eingetreten, denn nach einer Meldung der staatlichen Forstverwaltung von Ende Mai, wurde im Naturgebiet Veluwe nördlich von Arnheim ein Wolfspaar fotografiert, „das in diesem Sommer möglicherweise Welpen großziehe.“
Der Direktor des Hoge Veluwe Nationalparks, in dem Mufflons die Vegetation in Schach halten und bei den Besuchern sehr beliebt sind, findet diese Aussicht weniger erfreulich. Bereits Mitte Januar 2019 berichtete DutchNews.nl:
„Der Direktor des Nationalparks meint, die Theorie, die von Wolven in Nederland unterstützt wird und besagt, dass Wölfe, die anfänglich Schafe angegriffen haben, später von Wildtieren leben werden „völliger Unsinn“ ist. „Wenn der Wolf einmal Schaffleisch gekostet hat, wird er nicht mehr hinter einem Reh her rennen. Abgrasen durch Schafe würde nicht mehr möglich sein, wenn Wölfe in dem Gebiet sind, und sie werden sich nicht von Zäunen aufhalten lassen. (...) Wir leben in einem Land mit 17 Millionen Einwohnern, nicht in der Serengeti.“ |
Die LTO Nederland (Organisation für Landwirtschaft und Gartenbau) meldete sich ebenfalls Anfang 2019 zu Worte. Vielleicht haben unsere holländischen Nachbarn aus den Erfahrungen anderer Länder gelernt und möchten von Anfang an klare Verhältnisse schaffen, denn LTO erklärt auf ihrer Website:
„Die Niederlande sind ein dicht besiedeltes Delta, in dem Natur, Lebensraum und wirtschaftliche Entwicklung miteinander verbunden sind. (...) DNA-Untersuchungen zeigen, dass 2018 in den Niederlanden mehr als 165 Schafe von Wölfen getötet wurden. (...)
LTO Nederland befürwortet einen Managementplan, in dem für jedes Gebiet festgelegt wird, wie viele Wölfe dort Platz haben. (...) Was beinhaltet das Management? Prävention wird bevorzugt - was kann vernünftigerweise getan werden, um Schäden zu verhindern? Die Wirksamkeit, die unbeabsichtigten Nebenwirkungen und die Erschwinglichkeit müssen dabei berücksichtigt werden. Es ist deshalb nicht unbedingt die Lösung, überall Zäune und Gitter anzubringen. Das hätte drastische Folgen für die Landschaft und andere Wildtiere und ist auch extrem teuer.
Eine weitere Kontrollmaßnahme, die bei Wildtieren angewendet werden kann, ist die Vergrämung. (...) Schließlich ist die Jagd ein möglicher Weg des Wildmanagements. Die Wolfsjagd sollte möglich sein, wenn eine andere Kontrolle praktisch nicht möglich ist. Zum Beispiel, weil es zu viele Wölfe gibt oder weil andere Maßnahmen nicht wirksam genug sind, um Schäden und Gefahren vorzubeugen.
Wenn Management nicht möglich ist, weil das Gesetz dies nicht zulässt, muss das Gesetz, was LTO Niederlande betrifft, geändert werden. Das könnte bedeuten, dass sich der Schutzstatus des Wolfes ändert. Der Schutzstatus ist auf europäischer Ebene geregelt. Die LTO Nederlande fordert daher die niederländischen Politiker auf, die Rückkehr des Wolfes eindeutig auf die europäische Tagesordnung zu setzen. In der EU sollte, auch im Interesse des Wolfes, die Diskussion darüber begonnen werden, wo und in welchem Umfang eine Wolfspopulation in der EU lebt.
LTO Nederland betont auch weiterhin, dass, wenn die Gesellschaft Wölfen einen Platz in den Niederlanden geben möchte, diejenigen, die Schaden erleiden, auch von der Gesellschaft unterstützt werden müssen. Dies bedeutet, dass durch Wölfe verursachte Schäden, einschließlich indirekter Schäden, vollständig und schnell ausgeglichen werden müssen.“ |