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Wissenswertes

Wölfe


Über die Situation in Deutschland & Italien:

Wie viele Wölfe haben wir und wo kommen sie her
Wie stellt man die Präsenz von Wölfen fest
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Wölfe - über die Situation in Deutschland und Italien
Von Sabine Middelhaufe


Wie stellt man die Präsenz von Wölfen fest
?

Es gibt Zonen, für die Wölfe eindeutig nachgewiesen sind, aber dieser große Beutegreifer ist ja ein unermüdlicher Läufer. Vor einigen Jahren hat das BfN (Bundesamt für Naturschutz) eine Studie durchführen lassen, die nachwies, dass ein Wolf  täglich mehr als 70 km zurücklegen kann. Ein ebenfalls mit GPS-Halsband versehener Jungwolf verließ im Alter von einem Jahr den Familienverband und wurde zwei Monate später in Weißrussland geortet, 1550 km von seinem deutschen Geburtsort entfernt.
    Folglich kann eine Gegend, die heute noch offiziell als wolfsfrei gilt, morgen schon der neue Lebensraum eines Zugereisten sein. Und da auch die Hinweise aus der Bevölkerung zur Aktualisierung der Karten zur Wolfsverbreitung- und wanderung beitragen, sind die zuständigen Stellen - zumindest mancherorts - froh über neue Informationen.
    Apropos Karten: wer vorhat, und sei es nur als Amateur, seine Entdeckungen zu dokumentieren, sollte sich zuallererst eine Satellitenkarte des Areals zulegen, das er zu erforschen gedenkt, und darin dann jeden Fund mit Datum versehen punktgenau eintragen.   
    Ob ein Wolf durch sein Territorium streift oder auf die Suche nach einem neuen Zuhause geht, er hinterlässt immer auch für das Auge des Laien erkennbare Indizien.
Eines davon ist die Losung, also der Kot, den der Wolf gern gut sichtbar mitten auf Wald- und Feldwegen deponiert. Auf den ersten Blick könnte man die Losung für die Hinterlassenschaft eines großen Hundes halten, aber wenn man genauer hinschaut erkennt man in den 10 - 20 cm langen „Würstchen“ fast immer eine erhebliche Menge an Haaren und Knochenstücken des zuvor gefressenen Beutetiers.
Außerdem hat die Wolfslosung (so wie die sehr viel kleinere Losung vom Fuchs) eine gedrehte Spitze.

2-3 Tage alte Losung. Gut erkennbar die enthaltenen Rehhaare.

Diese Losung dürfte schon mehrere Wochen alt sein.

Schon stark verwitterte Losung mit deutlich sichtbaren Knochenresten.

Der Hauptbestandteil der Losung sind Haare.

Länge der Losung: 20 cm + 11 cm.

Länge der Losung: 23 cm. Fotos: Middelhaufe

Frage an Federico Morimando, Zoologe und Wolfsexperte an der Universität Siena: Gibt es noch andere Besonderheiten, auch die man achten sollte?

Federico Morimando: "Frische, also 1-3 Tage alte Losung ist normalerweise dunkel, mit einer feinen Schleimschicht überzogen und riecht
schon auf 1-3 m Entfernung sehr intensiv. Der Geruch ist das nützlichste Unterscheidungsmerkmal, um Wolfskot und Hundekot auseinander zu halten. Um (ältere) Losung auf ihren Geruch hin zu prüfen sollte man allerdings ein Stöckchen benutzen, damit über die Exkremente streichen und es dann nicht zu nahe an die Nase bringen, da sonst die Gefahr besteht, sich mit den Eiern des sehr gefährlichen Bandwurms der Gattung Echinococcus zu infizieren."

Kann man auch das ungefähre Alter der Losung bestimmen?

Federico Morimando: "Im Allgemeinen ist das schwierig, da die Haltbarkeit der Exkremente von den Wetterbedingungen abhängt. Ich benutze die Diskriminante der intensiven Farbe, der transparenten Schleimschicht und vor allem des Geruchs."

Ein zweiter Indikator für die Anwesenheit von Wölfen sind Beutereste, vor allem von Reh, Hirsch und Sau. Welche Anzeichen deuten darauf hin, dass ein Stück Wild vom Wolf, oder zumindest hauptsächlich vom Wolf gefressen wurde?

Federico Morimando: "Der Wolf verzichtet typischerweise auf Läufe, Rückgrat und den Kopf seiner Beute. Findet man ein erst unlängst getötetes Tier noch vollständig, wird  man es im Halsbereich abhäuten, um nach Bissspuren zu sehen."

Möglicher Wolfsriss. Foto: Middelhaufe

Möglicher Wolfsriss. Foto: Marco Prat.

In der Bildserie weiter unten sieht man ein totes Reh, dass im Laufe einer Nacht fast vollständig verzehrt wurde. Waren das Ihrer Meinung nach Wölfe?

Federico Morimando: "Mit Sicherheit. Wölfe sind generalistische und opportunistische Beutegreifer und im Bedarfsfalle auch Aasfresser."

Kann man aus den drei deutlichen Stellen mit viel Blut und Haaren im Schnee auf die ungefähre Anzahl der Wölfe schließen, die das Reh dort vertilgt haben?
     
Federico Morimando: "Angesichts des Gebietes, wo sich die Sache abgespielt hat (Anm.: innerhalb der core area eines Wolfsterritoriums), würde ich sagen es waren mindestens zwei Wölfe. Aber Rehe sind sehr fragil und können auch von einem Einzelwolf erbeutet und gefressen werden."

In diesem speziellen Beispiel handelte es sich um einen von Jägern irrtümlich geschossenen, und wohl deshalb einfach zurückgelassenen Bock. War es Zufall, dass die Wölfe den so schnell gefunden haben?

Federico Morimando: "Wölfe sind unglaubliche Gewohnheitstiere und patrouillieren ständig ihr Territorium, wobei sie in der Tat solche Zonen wieder besuchen, wo sie zu fressen gefunden haben. Darüber hinaus haben sie einen Geruchssinn, der ihnen bei günstigem Wind erlaubt, Blut auch auf eine Entfernung von einem Kilometer zu wittern. Aber vor allem muss man bedenken, dass die Wölfe das Gebiet, um das es hier geht, seit Jahren besuchen und sich dort fortpflanzen."

Oben: das abends geschossene Reh.
Unten: die Reste am nächsten Morgen.
Fotos: Middelhaufe

Oben und unten: das Reh war von seinem ursprünglichen Fundort auf die angrenzende Wiese gezerrt und dort gefressen worden.
Dabei entstanden, im Abstand von 20-30 voneinander, drei markante Stellen mit Blut, Rehhaaren und Knochenresten.
Fotos: Middelhaufe

Das zweite Beispiel hier unten zeigt ein von Jägern geschossenes, aber ebenfalls nicht nachgesuchtes Reh mit Fraßspuren an Äser und Oberschenkeln und geöffnetem Brustraum; wer hat da Mahlzeit gehalten?

Federico Morimando: "Greifvögel und Krähen picken normalerweise auch die Augen des Schalenwilds; die Bissspuren am Maul können vom Fuchs stammen, der in der Regel auch den Kopf wegträgt; auch Bisse vom Dachs würde ich nicht ausschließen. Der Verzehr der Eingeweide ist typisch für Fuchs, Dachs und Greifvögel."

Definitiv also keine Fraßspuren vom Wolf. Fotos: Middelhaufe

Kommen wir zum dritten Hinweis, nämlich den Wolfsspuren. Für uns sichtbar sind sie  verständlicherweise nur auf einem weichen, etwas feuchten Untergrund, wie etwa kompaktem Schnee, Schlamm oder feuchtem Sand.
    Das Trittsiegel des Wolfs ist ca. 8-10 cm lang, aber dieses Maß gilt auch für große Hunde.
Es stimmt zwar, dass, im Vergleich zum Hund, beim Wolf der erste und vierte Zehenballen oft deutlich unterhalb des zweiten und dritten Zehenballens liegen, wodurch ein etwas länglicheres und schmaleres Trittsiegel entsteht, doch je nach Hunderasse kann man feststellen, dass deren Hinterpfotenabdrücke verblüffend wolfsähnlich sind. Mit anderen Worten: anhand eines einzelnen Abdrucks ist es im Zweifelsfalle unmöglich den Verursacher zu bestimmen.




Oben: Vorder- und Hinterpfotenabdruck eines großen Hundes.
Unten Trittsiegel vom Wolf.
Fotos: Middelhaufe

Um sicher zu sein, wer den Abdruck hinterlassen hat, muss man schon eine Spur, also die Abfolge vieler Trittsiegel, betrachten. Was dabei auffällt, ist, dass der Wolf gern und oft schnürt, d.h. wenn er im üblichen Trab der Wege kommt, bilden die Trittsiegel eine gerade Linie. Beim Hund dagegen, ganz gleich in welcher Gangart er sich fortbewegt, sind immer zwei Linien zu erkennen, die vom rechten und linken Beinpaar hinterlassen werden.
    Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass der Hund beim sorglosen Spazierengehen dazu neigt, mehr oder weniger häufig die Wegseite zu wechseln, um die Ränder beiderseits zu untersuchen, wohingegen der Wolf auch für Hunderte von Metern strikt geradeaus läuft.
    Und schließlich sei noch eine Gewohnheit des Wolfes bedacht, die den Amateur-Spurenleser in die Irre führen kann: wenn zwei, drei befreundete Hunde gemeinsam in die gleiche Richtung gehen, hinterlässt dennoch jeder seine eigene Spur; wenn hingegen zwei, drei Wölfe ungestört einen Weg entlang laufen, kann es gut sein, dass sie für lange Strecken genau hintereinander gehen und dabei jeder die Pfoten in die schon vorhandenen Trittsiegel des Anführers setzt. So kann man sich von der einzelnen Schnürspur leicht zu der Annahme verleiten lassen, es sei nur ein Wolf dort entlang gekommen, vor allem wenn die Spur wegen wechselnden Untergrunds oder an manchen Stellen unterbrochener Schneedecke ohnehin nur "stückweise" lesbar ist.

Bei günstigen Verhältnissen (Schnee, Schlamm etc.) kann man in jedem Falle regelmäßig überprüfen, ob bestimmte Wege auch von den Wölfen regelmäßig benutzt werden.

Gibt es irgendwelche Tricks für den Spurensucher, um die Zahl der Wölfe genau zu erkennen?

Federico Morimando: "Der einzige Trick sind Fotofallen. Bei Spuren im Schnee haben wir ansonsten leider immer das Problem, die Anzahl der Wölfe zu unterschätzen. An Stellen, wo der Weg sich verbreitet muss man besonders gut aufpassen, aber es ist nicht einfach, die genaue Zahl der Tiere abzuschätzen."

Oben: links der Motorradspur ist ein Hund gelaufen, rechts einer oder mehrere Wölfe.
Unten: ein interessantes Spurenbild, dessen Entstehung beobachtet wurde: ein Altwolf trabte rechts, zwei Jungwölfe aus dem
vorjährigen Wurf liefen übermütig neben ihm.
Fotos: Middelhaufe

Wolfsspur. Fotos: Middelhaufe

     Wenn man Wolfsheulen hört, bekommt man eine Gänsehaut – aus Vergnügen oder Angst, je nach persönlicher Einstellung.
Die Bedeutung dieser Lautäußerungen ist bis heute nicht vollständig geklärt. Eine unter Friederike Range und Zsófia Viráni vom Messerli Forschunsinstitut der Universität Wien durchgeführte Untersuchung hat gezeigt: “Das Heulen ist nicht schlicht eine Stressantwort auf die Trennung, das unterstützt die Hypothese, dass das Heulen eine strategisch eingesetzte Vokalisierung mit dem Ziel des Kontakthaltens mit wichtigen Individuen ist.“
    Das Stresslevel, gemessen an den Hormonen im Speichel, bestimmt übrigens nicht die Intensität des Heulens, die bei den dominanten Wölfen sehr groß war, bei Tieren, die einen speziellen Verbündeten vermissten aber noch viel größer.
   Der Tagesspiegel berichtete vor einigen Jahren über Karl-Heinz Frommolt, Leiter des Tierstimmenarchivs im Berliner Museum für Naturkunde, der 30 Jahre zuvor die Gelegenheit hatte, in Russland die Verständigung zwischen Wölfen zu erforschen. Er stellte fest, dass Wölfe, um nicht durch ihr Heulen verraten, wo sich die Wurfhöhle mit den noch hilflosen Welpen befindet, in dieser Phase auf Vokalisation weitgehend verzichten. Erst wenn die Jungen ihrem Erkundungstrieb folgen und im dichten Bewuchs der Umgebung Alleingänge starten, rufen die Älteren nach ihnen. Interessanter jedoch war die Feststellung, dass Alttiere die daheim gebliebenen Rudelmitglieder erst aus einer Distanz von höchstens einem Kilometer riefen, um ihnen ihre Rückkehr von einer erfolgreichen Jagd mitzuteilen. Meistens, so stellte Frommolt fest, antworteten die anderen den Heimkehrern dann und man heulte eine Weile gemeinsam.
    Natürlich heulen Wölfe auch, um sich für die Jagd zu versammeln, um ihr Territorium akustisch zu markieren, und um sich als Single einem möglichen paarungsbereiten anderen Single zu erkennen zu geben.
  

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Text (c) Mai 2019, zuletzt ergänzt am 8. Juli 2019

Quellen:
https://diepresse.com/home/science/1444299/Biologie_Wann-und-warum-die-Woelfe-heulen
https://www.tagesspiegel.de/wissen/aha-warum-heulen-woelfe/1679716.html
https://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/itz/dateien/werwares.pdf
http://www.ormeselvagge.it/documenti/Cellina/3%20Materiali%20e%20metodi/3%20Dieta%20del%20Lupo,%20analisi%20degli%20escrementi%20e%20resti%20di%20predazione.html

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