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Jagd & Jäger in Italien

Wieso wird Frau Jägerin in Italien?

 

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Wieso wird Frau Jägerin in Italien?
Von Sabine Middelhaufe

Im Frühjahr 2007 hatte ich deutsche Jägerinnen interviewt, um zu erfahren wie sie über die Jagd, die Hundeausbildung und den Tierschutz denken. Nun, ein Jahr später, habe ich einigen italienischen Jägerinnen dieselben Fragen gestellt. Meine Gesprächspartnerinnen:
Catia Santopadre, 41, arbeitet in Umbrien als Hotelhousekeeper.
Lara Leporatti lebt in der Provinz Florenz, ist von Beruf Angestellte in einem Bekleidungsversand und 31 Jahre alt.
Arianna Cipriani ist ebenfalls Angestellte, 30 Jahre alt und wohnt in Prato, Toskana.

Lara mit ihrem ersten Hund, English Setter Zara.
Titelfoto: Lara und ihre Jagdhunde.

Wieso bist du Jägerin geworden?

Lara:
Wieso? Ich weiss nicht recht...vielleicht wurde ich schon als Jägerin geboren? Als meine Mutter mit mir schwanger war begleitete sie meinen Vater zur Jagd, und dann hab ich immer inmitten von Tieren gelebt; wir hatten Hühner, Kaninchen, Hunde. Wie gesagt war mein Vater Jäger, und auch mein Onkel, und mit 7 fing ich an zu betteln, dass sie mich mitnähmen, aber nichts zu machen. Schliesslich sagte mein Onkel eines Morgens: „Wieso bringt ihr sie immer zum weinen, lasst sie doch ruhig mitkommen.“ Und seit dem Tag habe ich nicht mehr aufgehört, zur Jagd zu gehen. Heutzutage bin ich diejenige, die unsere Jagdtage organisiert, den Wecker stellt, alle Sachen vorbereitet, die Hunde versorgt und ausbildet und entscheidet, wohin wir zur Jagd gehen.

Catia: Auf die Frage des Wieso kann ich ganz einfach antworten: Ich bin nicht Jägerin geworden sondern praktisch als solche geboren. Ich hab mit sechs Jahren angefangen, mit meinem Vater zur Jagd zu gehen. Er war ein Schnepfenjäger und nahm mich mit in die Berge, kilometerweit, obwohl ich noch sein klein war. Ausserdem hatten wir eine Waffenkammer, also deshalb meine ich, dass ich eigentlich schon als Jägerin geboren wurde, denn Gewehre und Patronen gehörten für mich immer zum Alltagsleben. Wenn mein Vater am Vorabend des Jagdtages zu mir sagte: „Morgen kannst du aber nicht mitkommen“, schlief ich die ganze Nacht nicht, aus Angst, er würde tatsächlich ohne mich gehen. Schliesslich sagte er mir gar nicht mehr Bescheid und dachte wohl, so würde es klappen, aber wenn er dann aufstand war ich auch hellwach, und wehe er liess mich doch

daheim, dann weinte ich den Rest der Nacht wie ein Schlosshund.

Arianna: Ich bin vor allem aus Leidenschaft Jägerin geworden. Eine enorme Leidenschaft, mit der mein Vater mich angesteckt hat; ein Vater, der mich unendlich viel gelehrt hat, über die Welt und alles was zu ihr gehört.


Frauen als Jägerinnen sind ja doch etwas relativ Neues in italienischen Revieren. Wie reagierten die Herren der Schöpfung, als ihr beim Jagdkurs aufgetaucht seid?

Lara:
Beim Kurs? Bestens. Wir waren dort nur zu Dritt und alle fast gleichaltrig, 22 oder 23, allerdings waren die beiden anderen Jungs. Manch skeptischer Blick kommt von den älteren Jägern, aber wenn sie merken, dass du weisst, was du da tust und wovon du redest, wirst du voll als Jägerin akzeptiert und damit ist das Wichtigste geschafft!

Arianna mit Dic; Lara mit Ermione und Dharma.

Catia: Die Teilnehmer meines Kurses beäugten mich mit einer gewissen Neugier. Aber ich rede von vor 20 Jahren! Ausserdem wohnte ich damals in Rom, und in den Grossstädten ist der Sinn für das Waidhandwerk (leider) fast völlig verloren gegangen. Ich habe übrigens fast nie in privaten Revieren gejagt, bis auf wenige Ausnahmen und weil ich eingeladen war. Ansonsten ziehe ich vor, in öffentlichen Jagdzonen zu jagen, auch auf die Gefahr hin, die gesamte Saison über kein Wild anzutreffen.

Arianna: Als ich vor 10 Jahren den Jägerkurs besuchte waren Frauen tatsächlich noch ein Novum, im Gegensatz zu heute. Ich habe aber immer sehr viel Zufriedenheit in den Augen meiner Jägerkollegen gesehen, nie eine ernst gemeinte abschätzige Bemerkung gehört, zumindest bisher nicht. Stattdessen ist mir immer eine grosse Kameradschaft aufgefallen.

Catia mit ihrer Bracco Italiano Hündin Fosca.

Wurdet ihr bei der Jägerprüfung anders behan-delt, als die männlichen Teilnehmer?

Lara:
Gerade weil wir Frauen sind, wurde viel mehr von uns verlangt, mehr Fragen gestellt, vielleicht um uns unvorbereitet zu finden. Aber das ist den Prüfern nicht gelungen!

Catia: Nein, ich hatte nicht den Eindruck anders behandelt zu werden und die Prüfer waren freundlich und zuvorkommend gegenüber allen Teilnehmern.

Arianna:
Anders? Überhaupt nicht. Der Prüfer war allerdings sehr interessiert und erstaunt und wollte herausfinden bis zu welchem Punkt wir wirklich von der grossen Jagdleidenschaft gepackt waren...

Gibt es bei Gesellschaftsjagden Probleme oder Vorurteile von Seiten der Herren?

Lara: Aber klar! Ich erinnere mich noch an meine erste Teilnahme an der Wildschweinjagd mit einer ganzen Jägermannschaft. Nach dem gemeinsamen
Es
sen waren da noch die geschossenen Sauen zu versorgen, und ich schaute immer zu ihnen hin, weil ich es unbedingt mal probieren wollte. Dummerweise fragte mich aber niemand. Also hab ich selbst die Initiative ergriffen, bin zu den anderen Jägern gegangen und hab drum gebeten. Ihre verblüfften Blicke sehe ich
heute noch. Beim nächsten Mal hatte ich das Messer dann schon bereit, und die Männer waren sogar sehr froh, dass ich diese Arbeit für sie übernahm.

Catia: Es gibt sie bestimmt, aber mir sind noch nie Vorurteile begegnet. Ich habe Jäger kennen gelernt, die neugierig waren oder eingeschüchtert, und wieder andere, die richtig glücklich waren, eine Frau bei der Jagd anzutreffen.

Arianna: Nein, bisher bin ich niemandem begegnet, der Vorurteile hatte...aber vielleicht war das einfach Glück?

Und beim "Schüsseltreiben" oder dem obligaten Schnaps an kalten Jagdtagen - fühlt Frau Jägerin sich da fehl am Platze?

Lara: Überhaupt nicht! Einen Schnaps nach dem Mittagessen lehnt man doch nicht ab! Am frühen Morgen hingegen muss man dafür schon einen kräftigen Magen haben! Aber ich sehe oft, dass auch manch älterer Jäger den Schnaps ausserhalb der Mahlzeiten ablehnt. Es stimmt ausserdem, dass ein Schnäpschen, wenn man nicht damit übertreibt, dich wieder in die Welt zurückbringt, wenn du Stunde um Stunde auf deinem Posten stehen musst. Mensch, wir sind doch starke Jägerinnen!

Catia: Aber nein, fehl am Platze, wieso denn? Mit den JagdkollegInnen entsteht eine echte Freundschaft, die auf Respekt beruht, und da macht es überhaupt nichts, wenn jemand, wie ich zum Beispiel, keinen Schnaps oder Wein trinkt.

Arianna:
Für mich ist das mit der schönste Teil, man darf ihn nur nicht „ausnutzen“, dann ist er wirklich angenehm. Ich zum Beispiel könnte nie ohne die Vormittagvesper mit Spaghetti und gutem Rotwein auskommen. Andererseits, wenn man noch vor Morgengrauen aufsteht, hat man lange vor der Mittagessenszeit diese angenehme Leere im Magen, leuchtet doch ein, oder?!



Links: Arianna

Gibt es deiner Ansicht nach grundlegende Unterschiede zwischen Jägerinnen und Jägern, in dem Sinne, dass Frauen vielleicht weniger Zeit für die praktische Ausübung haben, weniger trophäensüchtig sind, sich vernünftiger oder sensibler zeigen und dergleichen?

Lara: Trophäensucht – die ist sehr relativ. Sehr viele Jäger interessieren sich überhaupt nicht dafür, während sie mir persönlich sehr gefallen. Ich hab alle meine Rehe fein säuberlich auf Schilder montiert. Bisher bearbeite ich nur die Schädel der Ricken selbst, weil ich fürchte, meine Trophäen zu ruinieren wenn ich sie beispielsweise zu lange abkoche. Ich hab zum Glück einen Freund, der die wichtigeren Arbeiten für mich macht, und ich beobachte jeden Schritt der Präparation ganz genau! Ich führe auch ein Jagdtagebuch, in dem alle abgegebenen Schüsse,

Lara mit ihren Jägerkollegen.

Unterringe und die Liste der erlegten Stücke eingetragen sind. Eine Rehdecke hab ich mir so bearbeiten lassen, dass sie jetzt als Unterlage für meine Jagdmesser dient...Was die Zeit für die Jagd angeht, die findet man immer, und läßt dafür dann eben die Betten ungemacht. Letztes Jahr war ich mit meiner Jagdgefährtin Monica mal einen ganzen Tag unterwegs, nur mit einer Flasche Wasser und einem Brötchen in der Tasche. Sind wir Frauen sensibler? Vielleicht, aber auch alles andere gehört zur Schönheit der Jagd dazu.

Arianna mit ihrem English Setter Dic

Catia: Ich kenne nicht viele Jägerinnen; ich muss sogar sagen, dass ich draussen im Gelände noch nie einer begegnet bin, weshalb ich nur für mich selbst sprechen kann. Sicherlich achten manche Jäger mehr auf die Menge erlegter Stücke, im Gegensatz zu mir, denn auch wenn ich nicht zum Schuss gekommen bin, gehe ich zufrieden nachhause, weil ich meinem Hund bei der Arbeit zuschauen und mit ihm einen schönen Spaziergang machen konnte. Bei der freien Zeit für die Jagd glaube ich nicht, dass esUnterschiede gibt, denn bei uns allen hängt es davon ab, wieviel Freiraum uns der Beruf lässt. Zum Stichwort Sensibilität: ich bin überhaupt nicht glücklich, wenn ich ein verletztes Stück aufsammeln muss, denn es tut mir leid, und ich finde es schwierig, ihm den Gnadenstoss zu geben. Falls ich in Gesellschaft jage übertrage ich diese Aufgabe gern einem anderen, aber wenn niemand da ist, tu ich sie eben ganz tapfer selbst.

Lara mit ihrem ersten erlegten Reh

Arianna: Bestimmt hat die Jägerin, zumal wenn sie eine Familie versorgt, weniger Freizeit als der Jäger, aber das heisst natürlich nicht, dass sie sich nicht die Zeit nehmen kann, um sich dieser Leidenschaft für die Jagd zu widmen.
Ob Frauen weniger an Trophäen interessiert sind? Würde ich so nicht sagen, jedenfalls nicht was mich angeht. Ich bin sogar sehr stolz wenn ich ein schönes Stück erlege. Ansonsten stimmt natürlich, dass die weibliche Sensibilität die der Männer bei weitem übertrifft.


Hast du je die Erfahrung gemacht, dass Familienmitglieder, Freunde oder Arbeitskollegen und Nachbarn deine Entscheidung, Jägerin zu werden, unverständlich oder falsch fanden, oder dich dafür sogar offen angriffen?

Lara: In der Familie nicht, da sind ja alle Jäger. Freunde und Arbeitskollegen kritisieren mich mitunter, aber jeder hat seinen Lieblingssport und seine Leidenschaften. Für mich ist das nun mal die
Jagd, und wenn Freunde das nicht verstehen, sind sie wohl keine besonders guten Freunde. Meine beste Freundin ist gegen die Jagd, und als ich ihr mal einen Fasan geschenkt habe wollte sie ihn beerdigen statt zu essen. Aber sie hat mich nie kritisiert; das und die Liebe zu unseren Hunden verbindet uns.

Catia: Meine Mutter war nicht so ganz einverstanden, weil sie meinte, Jagd sei Männersache. Mein Vater dagegen war total glücklich und stolz auf mich.

Arianna: Ernsthaft kritisiert worden bin ich nie. So mancher war sprachlos als er mitbekam, dass ich Jägerin bin, aber sonst nichts. Na ja, vielleicht hat er nur vermieden, etwas zu sagen, was ich nicht gern gehört hätte. Meine Mutter war

absolut glücklich, dass ich in die Fussstapfen meines Vaters und Grossvaters getreten bin, denn auch mein Opa war ein grosser Jäger. Mein Vater... na, man kann es sich vorstellen...er war im siebten Himmel und ist es noch heute!

Wieviele Jägerinnen gibt es deines Wissens oder deiner Schätzung nach derzeit in Italien?

Lara:
Vor ein paar Jahren habe ich in Genua am ersten landesweiten Treffen der italienischen Jägerinnen teilgenommen. Damals hiess es, wir seien 15.000, aber inzwischen dürften es ein paar mehr sein. In Florenz sind wir ungefähr 100 und haben seit einigen Jahren sogar eine eigene Sektion beim Jagdverband.

Catia: Keine Ahnung, aber ich nehme an, es sind nicht sehr viele.

Arianna: Genaue Zahlen kenne ich nicht, aber ich weiss, dass es immer mehr werden... Mutig voran Frauen!

Lara mit ihrem Vater und Setter Zara

Mit Hunden welcher Rasse bist du bisher jagen gegangen?

Lara
: Mein erster Hund, oder zumindest der erste, den ich selbst ausgesucht habe, war ein schwarz-weisser Setter namens Zara. Sie ist 2006 im Alter von zwölfeinhalb Jahren an Krebs gestorben. Manchmal bringe ich Blumen zu ihrem Grab.. Jetzt habe ich Dharma, eine fast sechsjährige Bracco Italiano Hündin, die ich über alles liebe, und ihre fast 4 Monate alte Tochter Hermione, die sehr vielversprechend ist und zur Zeit ein richtiger Schlingel.


Catia: Bisher habe ich immer mit den Settern, Pointern und Spinone meiner Freunde gejagt, aber seit Anfang dieses Jahres besitze ich eine wunderschöne Bracco Italiano Hündin namens Fosca.

Arianna: Ich jage nur mit dem Englischen Setter.

Hast du deinen Jagdhund immer beim Züchter erworben, oder auch schon einen Hund aus dem Tierschutz aufgenommen und ihn zum Jagdgefährten ausgebildet?

Lara: Ich hab Dharma von einem Privatmann gekauft, der mir auch viele nützliche Ratschläge mit auf den Weg gab. Er hiess Massimo Scheggi und war Präsident

der Kreisjägerschaft; leider ist er nun verstorben. Ich bevorzuge immer, Hunde nicht aus grossen Zuchtstätten sondern von Privatleuten zu kaufen, Jägern also, die zwar Kontakt zu den eingetragenen Zwingern haben, aber nur privat züchten.

Catia: Fosca stammt von einem Züchter; Hunde aus dem Tierschutz habe ich noch nie ausgebildet.

Arianna:
Wir haben unseren Hund im Alter von 3 Jahren bei einem Privatmann gekauft, der in unserer Nähe wohnt.


JägerInnen brauchen Hunde, die vollkommen verlässlich "funktionieren"; besteht da nicht die Gefahr, dass der Hund zum bloßen Instrument wird, wie etwa das Gewehr?

Lara:
Nein. Mein Hund ist mein bester Freund und immer bei mir. Jetzt in diesem Moment liegen Dharma und Hermione neben mir, gestern waren sie mit mir am Meer, und wohin ich gehe, sie kommen natürlich mit! Dadurch entsteht auch eine ganz besondere Beziehung zwischen uns, so dass während der Jagd
ein Blick, ein Nicken genügt und ich keine Hundeglöckchen, kein grossartiges Pfeifen undSchreien im Wald brauche. Wer meint, dass der Jagdhund nicht im Haus leben darf, irrt sich gewaltig! Und ich kann das auch beweisen. Ausserdem hasse ich, wenn Hunde in irgendeiner Box Tag für Tag allein gelassen werden und ihren Besitzer nur zur Fütterung sehen; solche Hunde haben auch gar keine Eigeninitiative...

Catia: Ich glaube, Jäger sind gar nicht so um den verlässliche Gehorsam ihrer Hunde besorgt; die meisten Jagdhunde haben mal gerade eben den Grundgehorsam drauf. Den Jäger interessiert nur, dass sein Hund Passion hat, fest vorsteht und apportiert.

Arianna: Wer sagt denn, dass der Hund perfekt funktionieren muss? Er ist doch kein Roboter. Ich liebe Tiere, obwohl ich Jägerin bin, und deshalb muss ich wohl nicht mehr zum Thema sagen.

Catias Fosca steht vor.

Entschuldigt wenn ich insistiere, aber betrachten JägerInnen den Hund nicht doch irgendwie als Untergebenen im Sinne eines reinen Befehlsempfängers?

Lara:
Absolut nicht. Der Hund ist ein echter Jagdgefährte, mehr noch für jemanden, der, wie ich, oft allein auf Jagd geht. Wenn überhaupt tue ich, was mein Hund sagt, nicht umgekehrt. Ich habe nämlich festgestellt, dass Dharma am Ende doch immer Recht hat, und wenn sie nicht kommt, oder sich nicht rührt oder einen Befehl verweigert, dann nur, weil sie Wild gefunden hat, wo ich es nicht mal erwartet hätte. Der Jäger folgt dem Jagdhund, nicht der Hund dem Jäger.

Catia: Vielleicht sollten die Nicht-Jäger mal ein paar Tage mit uns und unseren Hunden verbringen, dann würden sie uns beide besser verstehen...

Arianna: Mein Dic und ich haben eine tolle Beziehung; wir lieben uns regelrecht und ich glaube nicht, dass er sich als mein Untergebener fühlt. Aus seinen Augen spricht jedenfalls ganz was anderes wenn er mich anschaut (und das heisst immer).

Dic und Arianna

Kann der Jagdhund also trotz seiner "Berufsausübung" für JägerInnen auch Freund und Lebensgefährte sein?

Lara:
Ja sicher! Und ich werde nicht müde, das zu wiederholen. Dein Hund liebt dich uneingeschränkt; er ist es, der dir entgegenläuft, wenn du von der Arbeit heim kommst und sich immer freut dich zu sehen, als wärst du eine halbe Ewigkeit fort gewesen. Vor allem nach einem stressigen Tag kommst du nachhause, nimmst die Hunde, gehst mit ihnen raus und nach wenigen Minuten mit ihnen vergisst du alle Sorgen und Probleme

Catia: Ich weiss, dass einige damit nicht einverstanden sind, aber für mich muss der Hund zur Familie gehören.

Arianna: Eine tolle Beziehung zum eigenen Hund zu haben, ganz egal, ob man nun mit ihm zur Jagd geht oder nicht, ist doch eine ganz wichtige Sache. Und Frauen sollen nicht sensibler sein als Männer?! Bei diesem Thema sieht man´s ja...

Muss der Jagdhund, um so zuverlässig zu arbeiten, wie es die Jagdpraxis erfordert zwangsläufig mit Härte und extremer Strenge ausgebildet werden, wie viele Laien das vermuten?

Lara:
Ich bin für die weiche Masche, mit Streicheleinheiten, Schmusen und Belohnungshäppchen. Klar gibt es auch Momente wo ich schimpfen muss, zum Beispiel damit der Welpe lernt, seine Geschäfte nicht im Haus zu machen. Aber insgesamt habe ich festgestellt, dass man mit sanften Methoden weiter kommt, zumal Härte und Strenge zu schlimmen Traumata beim Hund führen, wenn diese Mittel von Leuten eingesetzt werden, die eigentlich nicht die Zeit und Lust für die Erziehung haben und bei minimalem eigenen Einsatz maximale Ergebnisse beim Hund erzwingen wollen. Ausserdem sollte der Hund das ganze Jahr über erzogen und betreut werden und nicht nur zur Jagdsaison. Man fängt mit den Grundübungen wie Leinenführigkeit, Platz usw. an und geht dann zur Jagdausbildung über.

Catia: Manchmal kann, je nach Charakter des einzelnen Hundes, eine etwas strengere Ausbildung nötig sein, aber sicherlich nie mit Teletakt und ähnlichen Mitteln. Fosca bilde ich ohne irgendwelche Hilfsmittel dieser Art aus, nur mit Geduld und viel Zeit, damit sie versteht, was gefordert ist – bisher funktioniert's!

Arianna: Es gibt viele Ausbildungsmethoden; ich bevorzuge den sanften Weg.

Dharma daheim.

Früher war es durchaus Sitte, dass der Hund vom Alltag des Jägers getrennt z.B. allein im Zwinger gehalten wurde. Hältst du das für sinnvoll oder notwendig?

Lara:
Nein! Mein Hund ist mein Lebensgefährte und muss bei mir sein. Manche Jäger stellen am Ende der Saison das Gewehr in den Schrank, ohne es zu säubern und holen es im nächsten Jahr so dreckig wieder heraus. Sicher funktioniert es. Aber wenn man es gut pflegt und ölt und gelegentlich auf dem Schiessstand benutzt und anschließend gereinigt wegschliesst wird man nie Rost am Gewehr haben oder Ladehemmung ausgerechnet während der Hund den Fasan vorsteht. In gewisser Weise ist es mit dem Jagdhund genauso: je mehr er bei mir ist, desto stärker wird die Kameradschaft, und ich muss nicht stundenlang vergeblich nach ihm brüllend im Wald stehen...

Catia: Die Zwingerhaltung ist leider noch längst nicht ausgestorben, vor allem auf dem Lande, und meiner Ansicht nach ist sie nicht notwendig. Aber ich kann verstehen, dass, wenn jemand in der Stadtwohnung keine Hunde halten darf, er sie im Zwinger hält.

Arianna: Jedem das Seine... Ich habe meinen Hund gern immer um mich und Dic gefällt es, bei mir zu sein.

Dic steht vor.

Früher meinte man auch, dass der Vierbeiner, um ein "ernster" Jagdhund werden zu können von Artgenossen ferngehalten und vor allem das Spiel mit ihnen unterbunden werden müsse. Wie siehst du das?

Lara: Dharma und Hermione spielen den ganzen Tag miteinander, und ich verbringe manchmal Stunden damit, ihnen einfach nur zuzuschauen. Wer weiss, was die Mutter ihrer Tochter da gerade beibringt, denke ich oft...und lasse sie natürlich machen, denn das sind die Momente die ihnen allein gehören. Auch Dharma und Zara tobten oft zusammen. Bei der Jagd folgte dann jede dem eigenen Instinkt. Ich habe immer mehrere Hunde gemeinsam gehalten, die folglich miteinander spielten und glaube es sind einfach überholte Ideen, Hunde isoliert halten zu müssen.

Lara und Ermione

Catia: Hunde müssen mit ihren Artgenossen spielen, um sich richtig zu sozialisieren, sonst hat man am Ende scheue oder aggressive Hunde.

Arianna: Ich spiele ständig mit meinem Hund und finde es toll. Deshalb ist er bei der Jagd trotzdem super tüchtig. Hab ich einfach nur Glück...?

Auf welchen Grundsätzen sollte deiner Ansicht nach eine gerechte Ausbildungsmethode für durchschnittlich veranlagte Jagdhunde beruhen?

Lara: Geduld, Ausdauer, tägliche Wiederholung und viel, viel Wild; aber vor allem eben Geduld!

Catia: Man sollte schon dem Welpen mit aller Ruhe und viel Spielen drum herum die Grundübungen beibringen, ihn oft nach draussen bringen und möglichst viel Wild kennenlernen lassen.

Arianna: Da ich keine Ausbilderin bin würde ich mir jemanden suchen, der etwas von der Sache versteht, seine Ratschläge überdenken, filtern und dann zur Tat schreiten. Für jedes Fehlverhalten gibt es eine Lösung, die überhaupt nicht drastisch sein muss. Ausserdem haben auch wir Fehler, eine ganze Menge sogar.

Wo ziehst du persönlich die Grenze zwischen erforderlicher und übertriebener Strenge und Härte bei der Ausbildung des Jagdgebrauchshundes?

Lara:
Das hängt sehr vom Charakter des Hundes ab. Erst mal muss man also durchschauen, welchen Typ Hund man da hat; wenn er zum Beispiel sehr ängstlich und verschüchtert ist, nützt Geschrei überhaupt nichts, sondern treibt den Hund eher zur Flucht. Wenn der Hund völlig überdreht ist, kann man so viel schreien wie man will und er tut wahrscheinlich doch immer das Gegenteil dessen, was man will.
Es kommt immer auf den einzelnen Hund an, aber Härte muss in jedem Falle gerecht und nur in notwendigen Situationen angewendet werden. Leute, die ihre Hunde mit Tritten, Teletakt oder gar Schrotschüssen ins Hinterteil ausbilden, kann ich nicht leiden. Grrrr!

Fosca steht einen....Strauss vor...!

Catia: Im richtigen Augenblick streng zu sein dient dazu, dem Hund klar zu machen, dass jetzt nicht gespielt wird und er gehorchen muss.
Härte
hingegen heisst für mich, Gewaltmassnahmen zu ergreifen, die, wenn dann auch noch von der falschen Person ausgeführt, den Hund ruinieren, statt zu erziehen oder zu korrigieren.

Arianna: Härte und Strenge sind zwei wichtige Elemente der Ausbildung, aber sie müssen massvoll eingesetzt werden. Schon deshalb, weil man dem Hund manche Dinge einfach nur langsam, Schritt für Schritt beibringen kann, will sagen im Laufe der Zeit und zunehmenden Praxis.

Welche Art von Hundeausbildung unter Jägern findest du kritikwürdig und würdest sie selbst nicht anwenden?

Lara:
Ich hab super ausgebildete Hunde gesehen, die mir wie Roboter erschienen. Die machten perfekt Down, Sitz usw., rührten sich nicht, es sei denn auf ein Nicken des Führers... Ich kann so was nicht anschauen. Für mich haben solche Hunde keine Seele mehr. Klar muss der Hund gehorchen, aber er muss doch auch ein bisschen Unternehmungslust, Eigeninitiative und „Verrücktheit“ behalten! Ansonsten: Teletakt und harte Methoden lehne ich ab.

Catia:
Eine der absurden und verwerflichen Methoden ist der Schrotschuss aufs Hinterteil des Hundes. Ich erinnere mich auch, dass Jäger ihrem Hund einen an beiden Enden befestigten Stock so um den Hals banden, dass er ihm beim
Laufen gegen die Vorderläufe schlug; das sollte verhindern dass der Hund zu schnell rennt. Diese Methode ist natürlich falsch und kann schwere Traumata verursachen.
Arianna: Hässliche Methoden gibt es viele. Aber glücklicherweise gibt es ja auch sanfte und ebenso wirksame Arten der Erziehung.

Lassen sich deiner Ansicht nach Jagd und Tierschutz miteinander vereinbaren?

Lara: Klar! Ich hab schon als kleines Mädchen die jungen Drosseln und Spatzen vor den Katzen bewahrt, und einmal sogar eine Turteltaube. Dann gab es Haustauben, Stachelschweine und Katzen zu retten. Ich selbst hatte Papageien, Schildkröten und Kaninchen. Die Welpen meiner Dharma sind übrigens alle an Jäger gegangen, und allesamt wohnen sie mit im Haus! In unserer Strasse leben dreizehn Katzen, die ab und zu ihre Jungen anschleppen. Wenn wir es schaffen, sie ein bisschen zahm zu bekommen, suchen wir anschliessend Menschen, die sie aufnehmen.

Catia: Sicher! Jagd beinhaltet einen tiefen Respekt für die Natur, die Umwelt und unterstützt die natürliche Auslese.

Arianna: Natürlich! Und ich habe durch meinen Vater immer ein gutes Beispiel im Haus gehabt.

Jagdgefährtinnen

Kritiker sehen in der Jagd nutzloses Töten von Wildtieren zum Vergnügen des Jägers. Was meinst du dazu?

Lara:
Die Tötung des Stücks ist der letzte Akt bei der Jagd und findet keineswegs immer statt! Ganz im Gegenteil, es passiert viel öfter, dass man nachhause geht, ohne auch nur Wild gesehen zu haben als dass man Beute heimbringt.
Jagd dient grundsätzlich dazu, die Population einer Wildart auf einem Niveau zu halten, das Überbevölkerung verhindert. Die Geissel der Jagd ist hingegen die Wilderei. Wilderer töten aus Vergnügen oder um das Fleisch zu verkaufen, und dagegen sollte man ankämpfen. Aber den Jäger an seinem Auto zu erwarten, um ihm einen schönen Tag zu verderben, den er vielleicht mit Jagdgefährten und Hunden verbracht hat, ist natürlich viel einfacher, als nachts dem Wilderer im Wald aufzulauern...

Catia: Ich glaube, eine Menge Leute sind nur gegen die Jagd, weil es richtig Mode geworden ist. In Wahrheit haben sie gar keine Ahnung von der Sache. Kinder aus der Stadt werden auf Schulausflügen zu Bauernhöfen gebracht, weil sie noch nie eine lebendige Kuh oder ein Huhn gesehen haben. Ist das etwa normal? Die Kinder von Jägern haben solche Wissenslücken ganz bestimmt nicht.
Ansonsten kann ich nur sagen: die Jagd hat es immer schon gegeben, und ich verstehe nicht, wieso ich kein Wild essen sollte, sondern das Fleisch von Tieren aus Zuchtstätten, die auf unmenschliche Weise zum Schlachthof transportiert und dort ebenso unmenschlich getötet werden.

Catia bei einer Preisverleihung für Fosca

Arianna: Ich denke, dass Jagdgegner unsere Jagdleidenschaft im Grunde nicht verstehen können und nie verstehen werden, weil sie eben nicht zu ihren Passionen gehört. Ich frage mich allerdings: Wie kann jemand ein Konzept kritisieren das er nicht versteht? Ansonsten möchte ich nur das Selbstverständlichste wiederholen: die Jagd existiert seit Alters her.

Ihr kennt das Interview mit euren deutschen Jagdschwestern. Meint ihr, dass es für die praktische Jagd und ganz allgemein für das Ansehen des Waidhandwerks von Vorteil ist, dass heutzutage immer mehr Frauen mit von der Partie sind? Verleihen Frauender Jagd vielleicht einen Hauch Sanftheit und mehr öffentliche Anerkennung?

Lara:
Klar! Die Figur der Jägerin erlaubt eine weichere, zartere Sicht der Jagd. Und dem zum Trotze was die Tierschützer meinen, sind Jägerinnen nicht maskulin, sondern erhalten sich ihre Weiblichkeit trotz dieser Begeisterung für die Jagd. Manchmal vielleicht auch daran erkennbar, dass sie gut angezogen zum Jagdessen erscheinen und die bewundernden Blicke ihrer Kollegen ernten, die sie nur in Jägerkleidung kennen...und ein bisschen Flirten macht ja auch Spass! Aber das Schönste, was ich in der Jägerinnengruppe in Florenz gefunden habe, ist die Kameradschaft zwischen Frauen. Ich hatte früher eigentlich nur Freunde, aber seitdem ich die Gruppe kenne und mit ihr meine Jagdpassion teile, habe ich echte Freundinnen.
Wir sind alle toll aufeinander

eingespielt und hoffen natürlich, zahlenmäßig immer mehr zu werden. Und wieso sollten nicht auch mal deutsche Kolleginnen zu uns stossen?!

Catia: Die weibliche Präsenz im Jagdwesen ist bestimmt von Vorteil, weil sie eine bisher fast ausschliesslich männliche Aktivität „verfeinert“. Und den deutschen Jägerinnen ein herzliches Waidmannsheil!

Arianna: Jägerinnen sind sicherlich eine gute Sache. Sie bringen etwas Sanftes, Frisches und Unterhaltsames zur Jagd, und sind ein Augenschmaus für den Beobachter. Versucht es selbst und ihr werdet feststellen, dass es ausserdem total lustig ist...

Jagdschwestern vorm Schüsseltreiben

Fotos: 1-3, 6, 8, 9, 12, 14, 18 Lara Leporatti; 4, 10, 15, 17 Catia Santopadre; 5, 7, 11, 13, 16 Arianna Cipriani

 

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