Der italienische Jäger statistisch gesehen Erreichte die
Anzahl der Jäger in Italien 1974 den Höchstwert von über
2 Millionen, nahm sie in den folgenden 25 Jahren stetig ab: 1980
- 1.701.853, 1985 - 1.574.853, 1990 - 1.446.935, 2000 - 801.556
um 2002 bei 730.000 aktiven Jagdscheininhabern anzulangen. |
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Einer der ital.
Jagdverbände, Federcaccia, wollte vor wenigen Jahren
einmal herausfinden, wie viel ihre Mitglieder die Ausführung
des Waidwerks pro Jagdsaison durchschnittlich kostet. 737 Jäger aus der Provinz Bergamo wurden folglich interviewt, und dies kam heraus: 130 Euro werden für Munition ausgegeben, 130 Euro für Schuhwerk und sonstige Bekleidung, 45 Euro für Accessoires, 545 Euro für Anschaffung und Haltung der Jagdhunde, 163 Euro für Tierarztkosten, 250 Euro für die regionale und landesweite Jagdgenehmigung, 100 Euro für die Versicherung und 210 Euro Spritkosten für die Autofahrten vom Heim zu den Jagdorten, insgesamt also 1.573 Euro. Da die Befragten auch Angaben über Alter und Beruf machten kamen andere interessante Details ans Licht. Das Durchschnittsalter der Jäger lag bei 60 Jahren. 18,10% von ihnen waren Arbeiter, 4,75% Bauern, 12,34% Freiberufler, 17,62% Kaufleute, 18,41% Angestellte, 2,64% Führungskräfte bei Firmen, 5,17% Unternehmer, 1,05% Studenten/Schüler und 21% Rentner. ( Quelle: L'Eco di Bergamo, 6.11.03) |
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Umfassende, aktuelle Erhebungen zum sozio-kulturellen Profil des
Jägers, die auch von der Jägerschaft selbst anerkannt
werden sind rar.
Wo wird gejagt? |
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auch schützen und pflegen
würden. Selbstdisziplin sollte entstehen, Respekt für Fauna und Flora. Genaue Kenntnis über Dichte und Zustand der Wildbestände in jederATC sollte überdies angemessene "Abschußpläne" ermöglichen, Regeneration für schwache Populationen... In Wirklichkeit erreichten die meisten ATCs rasch Größen von mehreren 100.000 ha, die regionale Gesetzgebung erlaubte dem Jäger weiterhin den Zugang zu Jagdräumen anderer Heimterritorien, und er konnte nach wie vor in anderen Provinzen und Regionen jagen gehen. Aber nicht nur die angestrebte Bindung des Jägers an ein bestimmtes, überschaubares Territorium ist gescheitert, sagen Jagdgegner. Um festlegen zu können, wieviele Stücke einer Wildart pro Saison geschossen werden dürfen ohne ihr Fortbestehen zu gefährden, muß zunächst einmal bekannt sein, wieviele Tiere aktuell überhaupt vorhanden sind, wie groß ihre Vermehrungsrate ist usw. Erhebungen über standorttreues Wild könnte man vergleichsweise einfach machen. Bei den in Italien mit solcher Leidenschaft bejagten Migratoren hingegen sieht der Fall völlig anders aus. Ohne wissenschaftliche Daten über die Populationsdichte- und dynamik der einzelnen Vogelarten in Gesamteuropa und Afrika sind bloße nationale "Abschußpläne" eine Absurdität. Oder besser gesagt: eine tödliche Gefahr für viele Arten. (Quelle: Dossier caccia) |
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Natürlich fehlt es nicht an Gesetzen sogar
auf EU-Ebene. Frage ist, wie man sie auslegt. Oder wie mein betagter
Nachbar einmal sagte: "Wenn wir hören, das ist Gesetz,
fangen wir sofort fieberhaft an zu überlegen, wie wir es unbemerkt
umgehen können." Italien ist übrigens das einzige Land der Welt, das seinen Jägern erlaubt, in private Grundstücke einzudringen, und zwar ohne Erlaubnis des Besitzers und gegen dessen Willen. Diese Regelung wurde im 2. Weltkrieg ins Grundgesetz aufgenommen, um die Kriegsvorbereitungen Italiens zu begünstigen und ist, so argumentieren die Grünen, wohl die Hauptursache für das herrschende "anarchische Jagdwesen". (Quelle: Federazione dei Verdi. Caccia) In der Tat muss, wer in Italien fatalerweise in einem ATC lebt und vermeiden will, dass ihm fremde Jäger und Hunde über den englischen Rasen laufen, seinen Grund und Boden hoch und stabil umzäunen und nachweisen, dass anderer Leute Jagdausübung seine Geschäfte stört. Ich selbst wohne inmitten eines weiträumigen ATC, und wenn hier am 1. Oktober die Wildschweinjagd beginnt, wimmelt es nur so von alte Jeeps oder nagelneuen Geländewagen, überall sind Jäger, das aufgeregte Geläut der Hunde schallt durchs Tal, und wenn ein Schuss fällt, |
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hoffen meine Nachbarn
stets auf einen Treffer. Die Wildschweine richten so viele Schäden
in den Heuwiesen, Kartoffelfeldern und Gemüsegärten
an, dass jede tote Sau bejubelt wird. Um es zusammenzufassen: ein Jäger, der seinen Wohnsitz in unserer Gemeinde hat, kann in der zugehörigen ATC während der Saison jede erlaubte Art der Jagd ausüben.Bestimmte Jagdarten, hier bei uns etwa die Wildschweinjagd mit Laufhunden, sind fast ausschließlich den einheimischen Waidmännern vorbehalten. Getreu dem Motto: ein jeder erlege die Sau vor der eigenen Haustür. Hasenjagd mit Laufhunden, Federwildjagd mit Vorstehhunden und Vogeljagd von festen Ansitzen aus hingegen können auch Jäger aus benachbarten Provinzen oder gar anderen Regionen ("Bundesländern") hier praktizieren. So kommt es, dass nahezu alle festen Ansitze bei uns Jägern aus dem fernen Bergamo und Brescia gehören; zur Wonne der lokalen Gaststätten, denn irgendwo müssen die Herren ja zwischendurch essen und schlafen. Die Federwildjagd ist bei meinen Nachbarn auch wenig gefragt, weshalb die Setter und Epagneuls, die durch unsere Heuwiesen und Wälder galoppieren, Fasan, Wachtel und Schnepfe auf der Spur, meist aus ganz anderen Gegenden stammen. |
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2.
Kommerzielle Jagdreviere Angesichts der vielerorts minimalen Wildbestände kann, wer unbedingt reiche Beute machen will, natürlich in die sg. Jagdtourismusbetriebe gehen. Das ist ein geeignetes Stück Privatland, dessen Eigentümer dank entsprechender Genehmigung dort jagdbares Wild züchten und von Jägern schiessen lassen darf. Oft, so behaupten Tierschützer, 365 Tage des Jahres. Ohne Schonzeiten, ohne Rücksichten irgendwelcher Art |
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auf das Wild.
Wobei der Störfaktor für die Fauna noch dadurch potenziert
wird, dass natürlich auch Hunde mitgebracht werden, einzeln
oder in Meuten, zur effektiven Jagd oder nur zur Ausbildung.
Was
das italienische Landesgesetz ausdrücklich verbietet, wird
von einigen Regionen erlaubt: der Jäger muß dort niemandem Rechenschaft darüber ablegen, wieoft er jagen geht, was
und wieviel er schiesst. (Quelle: Le difformità sulla legge caccia e fauna) Die Werbung solcher "Reviere" liest sich z.B. so:"Das Revier bietet über 150 ha vollständig umzäuntes Gelände, von der Natur auf unnachahmliche Weise gestaltet, wo Sie Ihre Jagdleidenschaft bei der Verfolgung natürlich gezogenen Wildes befriedigen können. Jagdbar sind: Fasan, Rebhuhn, Rothuhn, Ente, Wachtel, und für Freunde der Hetzjagd besteht die Möglichkeit, den Genuß eines echten Wildschweintreibens wiederzuentdecken, oder die Hasenjagd mit der eigenen Jägergruppe und den treuen vierbeinigen Freunden, auch und |
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vor allem in den Abschnitten des Jahres in denen der Jagdkalender
dies nicht erlaubt." Natürlich muß der Waidmann in die Tasche greifen, bevor er das Gewehr anlegen darf; auch während der Saison. Im Jagdjahr 2003/04 z.B. bot ein süditalienischer Jagdtourismusbetrieb seinen Kunden folgendes: Jagd auf Standwild: Fasan - Rebhuhn - Steinhuhn > Preise für Werktage bei einer Abschußquote von 50 Stück: 950,- Euro > Preise für Werk-und Feiertage bei einer Abschußquote von 50 Stück: 1050,- Euro Die Preise berechtigen zum Abschuß von 50 Stück Wild frei wählbar zwischen Fasan, Reb- und Steinhuhn an maximal 6 Werktagen, oder 3 Werk- und 3 Feiertage; der Samstag gilt als Feiertag. > Preise für Werktage bei einer Abschußquote von 100 Stück: 1800,- Euro > Preise für Werk-und Feiertage bei einer Abschußquote von 100 Stück: 2000,- Euro Die Preise berechtigen zum Abschuß von 100 Stück Wild frei wählbar zwischen Fasan, Reb- und Steinhuhn an maximal 10 Werktagen, oder 5 Werk- und 5 Feiertage; der Samstag gilt als Feiertag. Die Preise schließen die Assistenz eines unserer Jagdbegleiter ein. Krankgeschossenes und nicht gefundenes Wild ist als erlegt zu bewerten. 50% des Preises muß bei Buchung bezahlt werden, die verbleibenden 50% am ersten Jagdtag. |
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> Tagespreise: Eintritt für max. 2 Jäger. Mindestens 5 Stück hochgemachtes Wild (Fasan - Rebhuhn - Steinhuhn): 100,- Euro werktags, 120,- Euro feiertags. Für jeden zusätzlichen Jäger: 15,- Euro werktags, 18,- Euro feiertags. Für jedes zusätzlich geschossenes Stück: 20,- Euro werktags, 22,- Euro feiertags. Für jeden Hasen: 130,- Euro werktags, 150,- Euro feiertags. (Quelle: Azienda faunistica-venatoria) |
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3.
Fazit Das klassische deutsche Jagdrevier ist, wie man sieht, den Italienern völlig fremd. Niemand muß selbst ein Territorium pachten oder gut Freund mit einem Pächter sein, um die Jagd ausüben zu können. Niemand ist verpflichtet, sich um die Gesundheit des Reviers und seiner Wildtierpopulationen zu kümmern. Aber bevor die Germanen nun neidvoll seufzen: die "freie" Jagd hat eben auch Nachteile. Angefangen bei der praktischen Unmöglichkeit, zu kontrollieren, wieviel und was jeder der heute rund 750.000 Jäger täglich erlegt, hin zu den Konsequenzen für das Wild und seinen Lebensraum, wenn kontinuierlich neue Gruppen von Jägern und Hunden durch ein Territorium stapfen bzw. fahren, ohne die geringste Kenntnis welche Tierarten - außer den gesuchten - hier überhaupt leben, ohne Wissen über Wegenetze in Wiesen und Wäldern, Wildwechsel, Unterstände des Wildes, Bäche wo ein erschöpfter Hund auch mal trinken könnte, bis schließlich zur fast vollständigen Gleichgültigkeit für eben dieses Territorium. Der Jäger, der nach vielleicht zwei, drei Stunden Autofahrt am Feldrand aussteigt, möchte bestenfalls vor allem seinen Hund arbeiten sehen, aber in der Regel dabei auch Beute machen. Ihn wird es nicht im geringsten interessieren, ob der Wald, in den er eindringt gesund ist, das Wasser im Bach verseucht, die Reifenspuren seines Geländewagens in der Heuwiese den Besitzer verärgern, ob sein Hund bei der Suche nach der Schnepfe anderes Wild beunruhigt oder gar hetzt. Und er wirft leider nur zuoft die Verpackung seines Frühstücks samt leerer Plastikflasche und Zigarettenschachtel gleichgültig auf den Boden. Viele tausend Male an jedem der ca. 55 Jagdtage. |
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Fotos: Andreas Bock 1; Mario Draghi 2, 4; Sabine Middelhaufe 3; Anke Lange 5, 6. (c) Text: 2007 |
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