Jagdhund ohne Jagdschein? •• Jagdhunderassen •• Laufhunde/Meutehunde/Bracken •• Jagd und Jäger •• Erziehung & Ausbildung
Die AutorInnen Fotogallerie Bücher & DVD Links Kontakt Copyright/Haftungsausschluss

Wissenswertes


20. Zuchtrüdenvorstellung Deutsch Drahthaar


> Wissenswertes

> Erfahrungen mit dem...
> Züchterinterviews
> Portraits


home

20. Zuchtrüdenvorstellung Deutsch Drahthaar in Hofgeismar
Von Marco Prandini

Das klapprige "Dog Mobil" rumpelte und keuchte, während es in geruhsamem Tempo allen Unbilden der Strasse trotzte, und ich, 100 kg leidenschaftlicher Drahthaar Fan, in den kargen Führerraum des Wagens eingeklemmt, fieberte der schon vertrauten Reise nach Deutschland entgegen. Dieses Jahr kam als unerfreulicher Aspekt dazu, dass mir ein dichter Nebel auf der Fahrt nach Padua Gesellschaft leistete, wo mich dann allerdings das "Flaggschiff" des Hauses Pagin erwarten würde, um die Reise ins Land jenseits der Alpen fortzusetzen.
Eine dicke, milchige Schicht Nebel begleitete mich also bis zum Hauptufer des Pos und fand sich, nachdem ich die Brücke von Sermide überquert hatte, leider auch auf der linken Seite des grossen Flusses wieder. Da ich praktisch eine ganze Stunde lang nur im Schritttempo vorwärts kam, hatte ich alle Zeit dieser Welt um nachzudenken und festzustellen, dass ich mich mit genau den gleichen Überlegungen herumschlug wie vor einem Jahr, als ich zur Zuchtrüdenvorstellung 2008 unterwegs war. Ich bin kein Züchter und hab keine wirtschaftlichen Interessen bei der ganzen Geschichte; was treibt einen simplen Drahthaar Fan wie mich also dazu, sich jedes Jahr gegen Ende des Winters wieder nach Deutschland aufzumachen, um diese Veranstaltung mitzuerleben?
Nur gesunder Wissensdurst bezüglich der aktuellen morfologischen Situation der Rasse und die Begeisterung für den DD kann so einer unbequemen Wahnsinnsreise Sinn verleihen. Meine pflichtbewusste Pilgerfahrt ist Beweis dafür, denn Jahr für Jahr habe ich das Gefühl, mich schüchtern einen Schritt näher ans Verständnis der deutschen Zuchtregeln heran zu tasten. Viele Antworten finde ich bei dieser besonderen, in ihrer Art einzigen Ausstellung, die man wohl nur begreifen kann, wenn man die Grundidee der deutschen Drahthaarzucht bejaht. Es dreht sich ja um eine Veranstaltung bei der es weder Sieger noch Besiegte gibt, wo jeder einzelne Rüdenbesitzer, auch wenn er nicht bekannt ist, mit berechtigtem Stolz seinen eigenen Hund vorstellt, wohl wissend, dass Letzterer schon die schwierigen, obligatorischen Zuchtprüfungen bestanden hat und jetzt, vielleicht am Ende seiner Arbeitskarriere, zum allgemeinen Wohl der Rasse beitragen kann.
Nachdem wir den zweiten Kreisverkehr hinter uns gelassen und mittlerweile gut und gerne 1000 km zurück gelegt hatten, kamen wir nach 13 Stunden gerade pünktlich in Hofgeismar, Kurhessen, dem Ort der Zuchtrüdenvorstellung 2009 an. Natürlich waren wir nicht allein bei diesem Abenteuer. In Hofgeismar trafen wir Roberto und die zwei Giorgios, die schon viel früher in Italien abgefahren waren, um die von österreichischen Skiurlaubern provozierten Staus auf derAutobahn zu vermeiden. Unsere Kollegen führten uns nicht nur durch die Strassen des Ortes, sondern hatten auch schon Zimmer für uns in einem hübschen Gasthof inmitten der Wälder gebucht und barsten nun vor Lust, mit uns über Hunde zu reden.
Am Abend erwartete uns dann ein Essen am Tisch der Veranstalter, Reden wurden gehalten, die Jagdhörner spielten und eine kleine musikalische Komödie wurde geboten. Schliesslich war es Zeit, die deutschen Freunde zu umarmen und uns für den nächsten Morgen bei der Ausstellung zu verabreden.

Eingang zur Ausstellungshalle.

Die im Katalog aufgeführten 51 Hunde waren nach Farben unterteilt: 29 Braunschimmel, 12 Schwarzschimmel und 10 einfarbig braune. Ausserdem kam zusätzlich eine Nummer 52 hinzu. Insgesamt waren drei gemeldete Rüden aus diversen Gründen nicht präsent, darunter Loden III. von Zeffiro, der einzige DD aus Italien, denn ich so leider nicht bewundern konnte.
Für einen Neuling wie mich ist es schwierig, die wichtigsten Rassevertreter hervor zu heben, denn die wirkliche, die funktionelle Schönheit dieser Rüden übertrifft bei weitem das blosse Konzept ästhetischer Schönheit das typisch italienisch ist.
Nur den Katalog durchzublättern oder am Ringrand Urteile von sich zu geben ist sicherlich keine konstruktive Vorgehensweise; besser ist es, unter die Oberflächlichkeit unserer improvisierten Bewertungen zu dringen. Einen Hund nur nach dem Äusseren zu beurteilen, ihn vielleicht wegen irgendwelcher kleinen, unnützen Eigenarten wie der Augen- oder Fellfarbe zu schätzen oder auszuwählen, ist eine unangemessene Limitierung, insbesondere beim DD, für den die Leistung das höchste Ziel war und ist und erst dann, wenn die Leistung erbracht wurde, bekommt der Typ Bedeutung. Dabei sind zwei Aspekte vorrangig: die Formen und das Haarkleid; für beide gibt es eine eigene Bewertung und erst zusammen führen sie zu einem vollständigen Urteil. Es versteht sich von selbst, dass all diese Rüden HD frei sind und ohne zuchtausschliessende Defekte, Zahnfehler inbegriffen.
Einige Hunde haben meine Neugier oder Bewunderung ganz besonders geweckt und ich erlaube mir, sie hier zu nennen. Anfangen möchte ich mit einem der "ältesten" Rüden (Katalog Nr. 3), Gerry II v. Bockenhagen, einem Schwarzschimmel, der noch immer sehr schön anzuschauen ist, mit perfekt quadratischem Gebäude, 64 cm in Länge und Höhe, Urteil 10/10 für Form und Haar. Gerry, geworfen 2003, Sohn von Walli v. Bockenhagen und Benno v. Sulzwiese, (wobei der gesamte Wurf sich hervorragend gezeigt hat) erhielt zuvor folgende Bewertungen: VJP 73 Punkte, HZP 185 Punkte und VGP I/333 Punkte, Btr.

Jakob v. d. Dohlmühle,
Schwarzschimmel, WT 22.11.2006, aus Irka v. Dohlmühle nach Nick v.d. Herzogstadt, ein äusserst angenehm anzusehender Rüde, brilliant und voller Elan auch im Ring, kann gute Arbeitsleistungen vorweisen: 12 bei der Wasserarbeit, 74 Punkte VJP, 225 Punkte HZP, VGP I/320, Btr.

Jakob von der Dohlmühle, (auch im Titelfoto.)

Ero v. Fuchsberg, geworfen 2006, aus Biene III v. Wächtersbach nach Olaf v. Richthof, ein einfarbig brauner Hund mit kräftigem Gebäude, tiefer Brust und gutem Haar bekam die Bewertung 10/10. Bei zwei VJP machte er 64 bzw. 71 Punkte, bei ebenfalls zwei HZP bestand er mit 182 und 222 Punkten, seine VGP absolvierte er mit dem Resultat I/313 Punkte, Vbr.
Camiro v.d. Königsaue, ein angenehmer Braunschimmel mit gutem Haar und interessantem Pedigree, WT 26/03/2007 nach Karlo v. Landhagen aus Alma v. Erthal, erhielt die Bewertung 11/11. Seine guten Leistungen zeigen die Prüfungsergebnisse: 73 Punkte bei der VJP, 183 bei der HZP sowie I/336 Punkte bei der VGP.
Watz v. Liether-Moor, ein viel bewunderter Schwarzschimmel, der sehr gut von Herrn Andre van Aken präsentiert wurde. Urteil: 11/11. Watz ist der Sohn eines aus Italien stammenden DD, Giove di Costa Rubea, aus Ronja v. Liether-Moor. Geworfen am 15/3/2007 kann dieser Rüde auch beste Leistungen nachweisen: 77 Punkte VJP, 190 Punkte HZP, I/345 Punkte VGP, A.H.
Übrigens erreichte der gesamte W-Wurf des grossartigen Zwingers Liether-Moor gute Ergebnisse bei den obligatorischen Prüfungen, insbesondere bei der HZP.
Boss v. Nonnenbach, ein einfarbig brauner Rüde, den ich schon anlässlich der letztjährigen Zuchtrüdenvorstellung beschrieben hatte, bestätigte auch diesmal den positiven Eindruck. Er hat seine gute Haarqualität behalten und ebenso seinen guten Charakter ist inzwischen aber kräftiger geworden. Bewertung 10/10. Seine Abstammung ist vielleicht zu sehr auf die Nachkommen von Vitus v. Homborn konzentriert; tatsächlich erscheint Sultan v. Richthof etliche Male in seinem Pedigree. Gut die Leistungen von Boss: 12 bei der Wasserarbeit, VJPs 73 Punkte, zwei HZPs mit 159 und 225 Punkten sowie VGP II/314 Punkte, Btr.
Scheich v. Ostetal, WT 29/04/2003, aus Romy v. Ostetal nach Birko v. Kronwittberg, ist ein Veteran, und nach wie vor ein schöner Hund mit korrekten Proportionen und gutem Haar, ergeben und verspielt, der sich wirklich gut im Ring bewegt. Bewertung 10/10. Zwei VJPs mit 64 und 70 Punkten, HZP 227, VGP II/329, A.H. und Btr.
Grappa II v. Schloßturm, WT 03/10/2006, aus Donna II v. Schloßturm nach Bertling v. Schloßturm ist ein Braunschimmel mit kompaktem Gebäude, schönem Kopf (obwohl der Stop ausgeprägter sein könnte), rassetypischem Ausdruck und anliegendem Haar von guter Qualität. Er erscheint sehr gelassen und bewegt sich gut im Ring. Bewertung:
10/11. VJP 70 Punkte, HZP 224, VGP I/334 Punkte. Grappa hat einen in mancher Hinsicht sehr interessanten Pedigree mit Ahnen, die in der Vergangenheit eine wichtige Rolle bei der Zucht spielten.
Cliff v. Vösseberge, WT 25/03/2007, aus Yana II v Ermannshausen nach Axel v. Eggerbach, ist ein hübscher, viel bewunderter Braunschimmel, der die Bewertung 11/11 erhielt und gute Resultate bei der vorangehenden Prüfungen erzielte: VJP 74 Punkte, HZP 186, VGP I/319.
Rollo v. Wildbarren, WT 03/04/2007, aus Lassy v. Wildbarren nach dem Österreicher Vico v. Dunkelsteinerwald, ist ein einfarbig brauner, mittelgrosser Rüde mit gutem Haar, stolzem, kontrolliertem Auftreten und erhielt die Bewertung 10/10. Der Rüde kann folgende Prüfungsergebnisse vorweisen: VJP 76 Punkte, HZP 205 und VGP I/336 Punkte. Sein Pedigree ist recht vielseitig, obwohl auch bei ihm mehrfach Sultan v. Richthof unter den Ahnen auftaucht.

Finale.

Damit bin ich am Ende meines kleinen Berichtes angelangt und merke schon, wie sehr ich es bedaure, nicht noch mehr über diese Hunde erzählen zu können, und Ihnen meine bescheidenen, ersten Erfahrungen als Lehrling im Fach DD mitzuteilen....
Ganz besonders möchte ich am Ende aber noch meinem Freund Maurizio Pagin danken, Redner und unermüdlichem Führer, der mir geholfen hat, viele Besonderheiten zu begreifen, die in den Abstammungsnachweisen der Hunde enthalten sind, so dass ich bestimmte morfologische und charakterliche Nuancen, die ich auf Anhieb nicht erkannt hatte, besser verstehen konnte.

Alle Fotos (c) Marco Prandini

> Erfahrungen mit dem Deutsch Drahthaar
> Deutsch Drahthaar VJP in Italien
> HZP des Deutsch Drahthaar in Italien
> Fotoalbum Deutsch Drahthaar

home Seitenanfang Menü Fotoalbum