Erfahrungen
mit dem Deutsch Drahthaar in Italien Den ersten
Kontakt mit dem Deutsch Drahthaar hatte ich 2002, als mein Freund
Orazio (der leider im Sommer 2007 verstorben ist) mir einen Welpen
dieser Rasse schenkte; als Gegengabe für den jungen Pointer,
den ich ihm zwei Jahre zuvor überlassen hatte. |
Argo im Alter von drei Monaten. Im Startfenster: Argo erwachsen. |
Dessen
eingedenk, brachte ich Argo schon in den ersten Monaten in Kontakt
mit allem Haarwild, das aus dem Gebirge herabstieg, also Reh,
Hirsch und Sau, und er zeigte tatsächlich großes Interesse
daran. Sein Enthusiasmus war sogar derart groß, dass er
mir oft und gern beim Versorgen des geschossenen Stücks half:
ich hielt ihm einen Zipfel der Decke hin, er nahm ihn in den Fang
und begann fleißig zu zerren, mit dem Ergebnis, dass ich
weniger Arbeit mit dem Abziehen des Fells hatte… Während er heranwuchs, zeigte Argo eine weitere Besonderheit seiner Rasse, nämlich die starke Bindung an den Herrn. Das nötigte mich in seiner Welpenzeit mehr als einmal, Fluchtstrategien zu ersinnen, nur um ungestört ins Bad gehen zu können, da er andernfalls nicht unversucht ließ, die Tür einzurennen, um endlich wieder bei mir zu sein. Am Ende der Jagdsaison 2002/03 kam ich zu dem Schluss, dass es angesichts der Entwicklung seiner Anlagen unvernünftig wäre, Argo ausschließlich für die Saujagd einzusetzen, wie ursprünglich geplant. Folglich stellte ich ihm nun auch jedes andere jagdbare Wild vor, das den Landstrich um meinen Wohnort bevölkerte und stieß augenblicklich auf eine unerwartete Jagdpassion des Junghundes. Guter Dinge begann ich die Ausbildung auch am Federwild, mit Vorstehen, Nachziehen und Apport, wie es sich eben für jeden ordentlichen Hund und Jäger gehört, und bemerkte dabei wieder einmal, wie einfach sich Argo erziehen und ausbilden ließ. |
Argo während des Italien-Cup |
Irgendwann
war ich so begeistert von meinem deutschen Allrounder, dass
ich beschloss, den „Herrn der Winde“, den Pointer, endgültig
aufzugeben, zumal diese Rasse wegen ihrer Besonderheiten eine
viel zu begrenzte Einsatzmöglichkeit in unserer Gegend
hatte. Meine neue Lieblingsrasse wurde der Deutsch Drahthaar. Seitdem habe ich fünf DD geführt, drei eigene, nämlich Argo, Fosca (die leider mit nur 18 Monaten von einem Zug überfahren wurde) und Mira sowie die beiden Hunde meines Jagdgefährten Pietro, Faruk und Buffy, eine Tochter von Argo. Und immer wieder bin ich hingerissen von der unglaublichen Anpassungsfähigkeit dieser Tiere, ganz gleich welches Wild einem der Jagdtag beschert. Und ganz allmählich habe ich mich auch an die „magische Welt des VDD“, wie ich sie gern nenne, angenähert, und begonnen, die Prüfungen in Deutschland als den Abschnitt im Leben jedes DD zu betrachten, den er durchlaufen muss, um all die Fähigkeiten, für die er gezüchtet wurde zu beweis en und zu erhalten. |
Faruk |
Ich persönlich glaube, dass der DD in Italien - vielleicht
wegen des von einigen Züchtern zu begrenzten Einsatzes bei
den hiesigen Prüfungen – von der überwältigenden
Mehrheit der Hundeführer und Jäger etwas „missverstanden“ wird.
Bei der praktischen Jagd genauso wie bei den Prüfungen wird
viel zu oft nur von Aggressivität
und Bissigkeit gesprochen, und man schafft es nicht, den verschiedenen
Richtergremien die Anlagen dieser Rasse für Spurwillen und Spursicherheit
klar zu machen, die aber für die verschiedenen Aufgaben, die
ein guter DD zu erfüllen im Stande sein muss, unerlässlich
sind. Was mich angeht, fahre ich trotzdem damit fort, meine Hunde „deutsch“ auszubilden und sie folglich in allen Situationen einzusetzen, die mir die Jagd hier bei uns erlaubt: von der Vorstehjagd auf Wachteln zur Jagd auf Schalenwild, vom Einholen verletzter Schädlinge zum Apport aus tiefem Wasser. Bisweilen nehmen wir auch an Prüfungen teil, seien es die der ENCI (Verband für das ital. Hundewesen) oder die vom Typ Sankt Hubertus, einfach um zu zeigen, was wirklich im DD steckt, einer Rasse, die, wenn man sie tatsächlich kennt und im praktischen Einsatz erlebt, einen tiefen Eindruck bei jedem Jäger hinterlassen muss. |
Argo und Faruk |
Übrigens
trifft die Diskussion um die Prüfungen der ENCI in Italien
die Hauptschuld für die Veränderung der Ausbildungsmethoden,
die sich bei vielen Rassen (und vor allem beim DD) als verderblich
erwiesen hat, und all das wegen der Aufgabe, die vom Hund während
seines Prüfungsturnus
gefordert wird, nämlich nur die geordnete Suche („lacets“),
das feste Vorstehen mit unbedingt hoch erhobenem Kopf und die
völlige Bewegungslosigkeit beim Hochmachen des Vogels. Meiner
Ansicht nach müssten diese drei Phasen so durchgeführt
und bewertet werden, dass der Hund seine natürlichen Anlagen
zeigen kann und nicht nur das Ergebnis einer ständigen
und starren Dressur. Ausserdem müsste der berühmte
Punkt "Suchenstil"
den verschiedenen Richtern ermöglichen, den Stil jeder
einzelnen teilnehmenden Rasse zu erkennen und anzuerkennen
und jenen Hund am höchsten
prämieren, der sich dem Arbeitsstandard seiner
Rasse am
meisten annähert.
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Buffy, Tochter von Argo |
Um zum Beispiel bloße Schönheitsbewertungen zu
erreichen, statt auch die rassegemäßen Anlagen einzubeziehen, wurden
bei uns Pointer vorgeführt,
die sich dem Wild nicht mit diesen wunderschönen, typischen
Bewegungen annäherten,
oder Bracchi und Spinoni Italiani, die ihren spontanen Apport
verloren haben, der sie früher zu unschätzbaren Helfern
des Jägers
gemacht hatte, oder Deutsch Drahthaar, die geschossenes
Wild nicht mehr suchten und
brachten und sich nicht einmal ins Wasser wagten, um ihrem Herrn
an drückenden
Sommertagen dorthin zu folgen… Ich meine, den Verlust eines genetischen Schatzes zu riskieren, den man seit über 100 Jahren zu bewahren versucht, weil die Erhaltung der Anlagen des DD von Anfang an Ziel der Zucht war, nur um eine (meines Erachtens nach ohnehin begrenzte) Arbeitsprüfung zu bestehen, oder gar nur, um aus Gewinngier ständig Würfe auf den Markt werfen zu können, ist sicher nicht der beste Weg, eine Hunderasse zu betreuen und ihre herausragenden Fähigkeiten auch für künftig Generationen zu erhalten. In diesem Sinne:Waidmannsheil! |
Mira, Argo und Buffy |
Alle Fotos:
Paolo Andrea Sangiorgi > Züchterinterview
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