Der lange Weg zum leinenlosen Glück (Teil 2)
von Tanja Winkler
Unser
Tagebuch über den Kurs bei den Jägern (April 2006 -
Juli 2006)
24.04.2006 Eingewöhnung
Wir haben
nun schon 2 Kurstage hinter uns gebracht.
Unser Leiter ist sehr sympathisch und wir dürfen ab nächster
Woche bei den "richtigen Jagdhunden" mitmachen... Wir
lernen den Apport und Jürgen (mein Kursleiter) fand es gut,
dass ich es mit Brandy versuchen möchte. Haben darüber
gesprochen wie man Jagdhunde in Nichtjägerhand besser auslasten
kann. Was mir gefällt: die Jäger/Kursleiter dort sind
alle sehr ehrlich und sagen direkt was falsch ist, was wir ändern
sollten, damit wir später auch Freude am Hund haben. Es sind
sehr viele Wilderer unter den Vierbeinern
Die Erziehung hier ist streng, aber es gibt keine körperliche
Gewalt. Das wird von Jürgen immer wieder betont; er will
das nicht sehen, dafür um so mehr Lob und Auflockerung.
Hund soll auch Hund bleiben.
Viele Hundeführer sind zu nachlässig und nicht konsequent
genug; auffallend vor allem die Beaglebesitzer.
Stimme, Stimme, Stimme ist alles, und es wird nur mit Leinenruck "bestraft",
korrigiert.
Wir dürfen den Kursleiter jederzeit privat anrufen, auch zwischen
den Kurstagen wird uns wenn nötig geholfen.
Noch ergänzend: der Platz auf dem wir üben liegt im Wald
auf einer großen Lichtung, geübt wird auf der Wiese,
auf Wald- und Feldwegen, sowie direkt im Wald (vor allem die Leinenführigkeit
um Bäume herum). Ich finde das sehr gut! Ein ganz anderes Ambiente,
Hunde sind allen Reizen "ausgeliefert" und lernen dabei!
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29.04.2006
Gute und schlechte Beispiele
Was kann
ich sagen.......habe das Gefühl dass dieser Kurs einfach
passt. Brandy bekommt auch so langsam Freude am Platz und wird
viel lockerer.
Gestern wurden wir bei einem Vorfall zwischen einem (kursteilnehmendem)
Jäger und seinem Weimaranerrüden Augenzeugen wie es nicht laufen sollte.....unschöne Behandlung durch
den Besitzer, und unser Jürgen sagte dann gleich zu uns:
"Genau so soll es nicht laufen. Man muss den Hund dann auch
mal in Ruhe lassen, später weitermachen und nicht noch unnötig
weiterzwiebeln wenn der Hund eh schon ganz unten ist. Das ist
der falsche Weg und so machen wir das nicht. Lasst eure Hund auch
mal sein und lockert sie wieder auf, nur so macht es Spaß".
Wir werden übrigens immer vorzeitig darauf hingewiesen was
jetzt an Zwang für den Hund kommt und wie er individuell
angepasst werden muss. Jürgen verliert nie die Geduld, erklärt
immer wieder, nimmt sich die Gespanne einzeln vor.
Gestern haben wir mit "DOWN" begonnen, und ich war überrascht,
dass Zwang von mir bisher anders betrachtet wurde. Manche Hunde
wehren sich wie Berserker, da ist es natürlich schwieriger
und es kann schon von Willen/Kopf brechen gesprochen werde. Aber
diese Übung kann überlebenswichtig sein, und ich bin
sehr froh darüber, sie unter hundekund |
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-iger Hand lernen zu
dürfen. Mir gefällt diese Ehrlichkeit unseres Trainers,
er sagt genau was zu erwarten ist: manche Hunde würden evtl.
heim wollen, den Schwanz einziehen, etc. etc. Es gab sogar schon
Teilnehmer, die ganz abgebrochen haben, weil sie diese Übung
mit ihrem Hund nicht machen wollten.
Zwang......Zwang ist gar nicht so schlimm wie es sich anhört.
Brandy und ich haben ein dickes Lob bekommen, weil unsere ersten
Downversuche so wunderbar geklappt haben. Das erstemal hat sie
sich kurz gesträubt, danach ging es schon prima, sogar mit
entfernen.
Klar wird hier laut "geschrieen" und auch
nicht bei Down gelobt, erst nach dem reinpfeiffen.
Ja
und dann durften wir mit zum "Apport". Daheim hab ich
mit der Hand geübt, HALT FEST und AUS. Leider hatte ich nur
einen Holzbock gestern, den nahm Brandy zwar, aber das war nicht
unbedingt dolle.....brauche bis zum nächsten Mal einen weichen
Dummy. ABER: sie hat ihn festgehalten und AUS gegeben. Dazu gehörte
noch voran schicken - Hindernis - Sitz und wieder reinpfeiffen.
Hat ihr sehr viel Spaß gemacht. Wegen der Spondylose
durften wir mit den Dackeln springen.
Jooooo, das war unser Tag gestern. Es war SPITZE! Ich fühle
mich echt sauwohl bei den Jägern.
PS: Weil wir ja keinen Apportierbock hatten, war einer der
Jäger
so nett und hat mir extra 2 Stück daheim selber auf der
Maschine gedreht! |
08.05.2006 Brandy mimt das arme Würstchen, aber wir bleiben
trotzdem beim Kurs
Das Down
klappt, allerdings krieg ich im Feld den Kopf noch nicht runter.
Aber ich arbeite daran und wenn nicht, auch kein Drama. Bei den
Begleithunden ist es keine Prüfungsbedingung.
Seit den DOWN Übungen findet Brandy den Kurs "ICH HAB
KEINE LUST MEHR" mäßig, obwohl ich nicht mit körperlicher
Gewalt oder zu lautem Schreien übe.
Ich denke diese Übung
bringt ihr Bild ziemlich durcheinander, sie versteht mein Handeln
und die Konsequenz nicht. Aber soll man sich immer nur Gedanken
machen wie oder was der Hund jetzt fühlt? Mein Hund wird
mich nicht weniger mögen, nur weil ich sie jetzt zu etwas
"zwinge" was ihren Vorstellungen nicht entspricht.
Der letzte Kurstag war zum heulen; es hat mit uns beiden überhaupt
nicht harmoniert. Ich hatte letzte Woche ein ziemliches Tief deswegen
und es flossen auch Tränen bei mir
Nach langen Gesprächen mit unserem Trainer und einigen alten
Hasen, die schon mehrere Hunde dort im Kurs
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jagdlich ausbilden
ließen, ging es mir etwas besser. Ich erwähnte meine
Angst etwas falsch zu machen, oder zu ruppig zu sein. "Schau
Dir mal ein richtiges Hunderudel an Tanja, da geht es sehr viel
heftiger zur Sache", so sprach ein Waidmann zu mir. Hunde
verzeihen auch mal Fehler. Ich soll auf keinen Fall aufgeben,
es sei nun mal nicht einfach, und der Hund wird lernen, dass ihm
nichts passiert. Gebe
ich jetzt nach und höre auf, weil mir mein Hund "ja so
leid tut" hat sie ihre Interessen durchgesetzt. Brandy wird
von einigen auch als "Schauspielerin" bezeichnet. In
gewisser Weise muss ich da voll zustimmen. Sobald es nach ihrem
Kopf geht ist alles prima, doch will man "Gehorsam" der
nicht ihren Vorstellungen entspricht, mimt sie die Leidende.
Beim Apport musste ich noch die ganze Woche das Apportel ins
Maul legen, dann nahm sie es am Freitag daheim plötzlich
alleine auf. Aber im Kurs war dann wieder Schluss damit. Ich sag´s
euch
!! An so einem Punkt war ich schon in meiner allerersten
Hundeschule, Frau Hund hatte keinen Bock und verweigerte sich.
Dennoch: Brandy ist draußen sehr viel gehorsamer geworden,
läuft mit und ohne Leine bei Fuß, sitzt und liegt sofort
ab und nicht erst nach 3 Sekunden. Fällt ins Down aus vollem
Lauf, ist aufmerksamer, sucht sehr oft Blickkontakt und wartet
auf Kommandos.
Übrigens, heute früh hatten wir einen direkten Rebhuhnkontakt
und ich hab abgewartet was passiert - nichts, aber rein gar nichts.
Sie hat nur geschaut - SITZ und feiiiin! Aber für den Fall der Fälle gibt es die "Down-Notbremse"
und ich warte gespannt auf den nächsten Hasen!
Noch ergänzend: Brandy beschwichtigt jetzt allerdings zwischendrin
immer wieder, aber ich hoffe, dass es sich "einrenkt"
wenn wir unseren ganzen Kurs absolviert haben.
14.05.2006
Apport und Down und positive Zwischenbilanz
Ich habe
jetzt mit dem Apport aufgehört, weil ich sie nicht zwingen
möchte. Ich weiß jetzt wie es aufgebaut wird, und
wenn der Kurs rum ist, werde ich das in ungezwungener Atmosphäre
mit ihr üben. Das wäre definitiv zu viel im Moment,
sie muss nach den Down Übungen ständig neu aufgebaut
werden. Einige Hunde haben ein "dickes Fell", andere
haben genauso Probleme mit dieser Übung. Mittlerweile sieht
man sehr gut, wer Fort- und Rückschritte macht. Besonders
ein Beagle und ein Jagdterrier. Wir liegen im Mittelfeld würde
ich sagen, sie macht mit....doch leider nicht sehr motiviert muss
ich gestehen. Ich weiß auch nicht wie ich sie besser auflockern
kann.
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Auf der einen
Seite hat sie einen dicken Schädel... gefällt ihr
am Platz was nicht, könnte man meinen, sie wäre ein
armes Hühnchen mit gerupften Federn. (Aber nicht nur Brandy
erscheint mitunter so.) Es besserte sich diesmal allerdings deutlich
nach einer Stunde. Als dann für die Jagdhunde der Jäger
die Schießübungen
begannen, war Frau Hund plötzlich hellauf begeistert, stellte
die Ohren wieder hoch und hat die Übungen gut gearbeitet.
Ich sag's ja, ich glaub die verkohlt mich!!!
Down mit Triller funktioniert jetzt auch, wir üben mehrmals
am Tag....nur den Kopf nimmt sie immer noch nicht runter.
Was mir heute so aufgefallen ist: seit Kursbeginn hat mir mein
Zicklein bisher keinen Hund mehr auf der Straße angemacht. Ich hab vorhin
noch mal alles Revue passieren lassen, nachdem wir einen schönen,
absolut leinenfreien Spaziergang an den Baggerlöchern hatten. Auch wenn Brandy mich teilweise kritisch beäugt und wartet,
was ich als nächstes von ihr verlange, ist es sehr viel entspannter
mit ihr geworden. (Ich sollte endlich aufhören Mitleid mit
ihr zu haben!)
Ich hatte sie vorher am Wasser noch nie kontrolliert bei Fuß
laufen......es klappt.....sie läuft ohne Leine und hört!!!
Immer besser und längere Abschnitte bis ich sie mit voran
freigebe! Jedes Kommando, was vorher teilweise zäh ging,
funktioniert jetzt für eine Adrenalinjägerin wunderbar. Mein Männe meinte heute wieder was für einen braven
Hund wir haben, die bemerke man gar nicht. (Er vielleicht nicht...ich
schon, weil ich dennoch ständig aufpassen muss.) Gut, es
kann passieren dass sie mal ein bisschen braucht um wieder gedanklich
bei mir zu sein, aber durch den geänderten Führungs-
und Ausbildungsstil bemüht sie sich jetzt um mich. Vorher
hörte sie zwar auch, aber wirklich stellenweise sehr zäh.
Jetzt reicht ein strenger Ton und sie gehorcht.
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Übungsfächer
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