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Wenn einheimische Jagdgebrauchshunderassen
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Wenn einheimische Jagdgebrauchshunde ins Ausland gehen...Teil 3
Von Sabine Middelhaufe

Sollte die Zucht einer Rasse im Ausland Freiheiten geniessen, die einbeziehen, dass man die Rasse auch genetisch für eine engere oder umfassendere Funktion umgestaltet, evtl. auch äusserliche Veränderungen vornimmt?

- Gabor Essösy: Nein. Ich meine, der Züchter soll immer gemäß den Vorschriften des Standards züchten. Sowohl hinsichtlich der äußerlichen Eigenschaften als auch hinsichtlich der Arbeit soll dem Standard gefolgt werden, was die Auswahl der Zuchthunde betrifft. Die Individuen, die vom Standard abweichen, können ausgezeichnete Jagdhunde sein, es ist aber nicht erwünscht, sie weiter zu züchten.

- Antonio Casamassima: Die Selektion muss dem folgen, was der offizielle Standard diktiert. Falls man morfologische und funktionelle Veränderungen vorschlagen oder durchführen wollte, müssten diese erst gewissenhaft und eingehend von einer entsprechenden Expertenkommission untersucht werden.

- Christian Herb: Die Zucht einer Rasse wird meist den Erfordernissen im neuen Zuchtgebiet angepasst. Jäger sind Pragmatiker, die Hunde nach ihren Vorstellungen züchten, ohne lange um Erlaubnis zu fragen. Besser als das Umzüchten einer ausländischen Rasse ist allerdings die Vorüberlegung, ob die Rasse bei uns wirklich sinnvoll eingesetzt werden kann, ohne dass man sie züchterisch „verbiegt“. Im Übrigen wissen wir aber auch, dass Rassen keine fixen Gebilde sind, sondern sich laufend verändern. In der Natur gibt es keinen Stillstand.

- Johannes Plenk: Nehmen wir ein Beispiel: Der English Setter in Italien unterscheidet sich vom FCI Setter aus Showlinien, der kein Jagdhund mehr ist, sondern ein kranker armer Sofazombie, aber nicht so sehr von den englischen Arbeitslinien...!
Warum ist das so? Weil die Arbeit im Jagdbetrieb leichtere Setter mit funktionellem Haar ohne Typübertreibung fordert und fördert! Das heisst eine Rasse muß auf ihre angestammte Arbeit hin selektiert werden, um ihre Identität zu behalten, und diese harte Auslese der Tüchtigsten, erhält sie auch gesund, während die Auslese der „Schönsten“ meist den Untergang einleitet!
Eine genetisch robuste Rasse enthält zwar auch mehrere Schläge und kann auch eher in eine Richtung verstärkt selektiert werden - das führt aber immer zu einer genetischen Verarmung. Ich versuche bei der Steirischen Rauhaarbracke den Schweisshundetyp neben dem Brackentyp zu erhalten, wobei auch diese schwereren, ruhigeren Individuen vor allem für die Laute Jagd brauchbar sein müssen!

Ariégeois in Italien. Foto: Sabine Middelhaufe
Titelfoto: Segugio Maremmano in Italien. Foto: Sergio Leonardi.

- Marco Prandini: Normalerweise wird bevorzugt modifiziert, was aber, wie schon gesagt, ein Fehler sein kann. Bis heute hat z.B. die leichter gemachte Struktur gewisser Rassen keinen Gewinn in punto Führigkeit und Schnelligkeit gebracht, sondern ist ein mehr ästhetischer als funktioneller Faktor geblieben. Der Weg zu einem bestimmten Typ Hund existiert und kann von jedem einfach begangen werden. Die extreme und kontinuierliche Zucht, die zur Veränderung des morfologischen und Arbeitsstandards gewisser Rassen führt, weicht vom wirklichen Ziel, der Erhaltung bis heute erreichter Ergebnisse ab. In der Praxis verpfänden wir eine gesicherte Gegenwart zu Gunsten einer Zukunft voller unbekannter Faktoren und Ungewissheiten. Das Risiko einzugehen, den Standard und folglich die Rasse zu verlassen, ist eine zu gegenwärtige Gefahr, als dass man sie nicht bedenken sollte.

- Giuliano Mondadori: Sollte die Zucht einer Rasse im Ausland Freiheiten geniessen...Natürlich ja, und in Wahrheit ist es doch auch schon so.

- Elisabeth Smat: Genetischen Veränderungen einer Rasse würde ich nicht zustimmen. Damit geht zu schnell das ursprüngliche Wesen einer Rasse verloren. Hier sollte man wirklich überlegen, ob man sich nicht einer etablierten Rasse zuwendet, die dem gewünschten optimalem Bild und dem Wesen entspricht.

- Winfried Kaufer: Nicht unbedingt, der Standard eines Hundes hat sich langsam entwickelt und die Konstitution und auch inneren Organe sind dem Standard entsprechend angepasst, und eine mögliche Züchtung in eine bestimmte Richtung oder auf Schönheitsmerkmale führt normalerweise unweigerlich zu gesundheitlichen Problemen.

Teckel in Deutschland. Foto: Gabriele Rassbach

- Sergio Leonardi: Nein! In den Rassestandards gibt es Grenzen für mögliche Veränderungen und es ist nur korrekt, sich daran zu halten. Wer andere Leistungen verlangt, sollte sie bei den Rassen suchen, die diese besitzen, ohne jahrelange Arbeit, Traditionen und Kultur zu verfälschen oder zu verändern.

- Sabine Hoffmann: Eine Hunderasse umzugestalten, sowohl in Exterieur, als auch in Wesen und Funktion würde eine neue Rasse kreieren und dient weder der Rasse noch der Erhaltung. Eine solche Veränderung durch Menschenhand ist mehr als umstritten, wenn man bedenkt, was der Mensch bei vielen Rassen aufgrund seines privaten Schönheitsbildes bereits für einen großen Schaden angerichtet hat. Die Folgen solcher Änderungen waren und sind oft fatal (Atemnot und Missbildung der Atemwege bei Möpsen, HD beim Schäferhund, Kreislaufbeschwerden und Herzerkrankungen bei Rassen mit übermäßigem Haarkleid - nur um einige zu benennen, die alle einem „ schöneren Aussehen“ dienen sollten, was auch immer schöner sein soll). Der Mensch hat die Verpflichtung der Rasse zu dienen. Zu diesem Zweck hat der Mensch sich selber Auflagen gemacht. In den Fällen, die allein das Aussehen ansprechen, hat der Mensch die Pflicht sich an den hinterlegten Standard zu halten und nicht ihn nach Gutdünken auszulegen. Das gleiche gilt für Leistung und Wesen.

Deutsch Kurzhaar in Deutschland. Foto: Ingeborg Völker-Engler

Weiter zu Frage 4: Könnte ihre Popularität im Ausland für eine in ihrer Heimat wenig verbreitete oder nur noch begrenzt eingesetzte Rasse vielleicht auch von Vorteil sein?

 

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