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Jagd & Jäger in Italien


Giftköder
Jagd und Umweltbelastung
Menschliche Opfer der Jagd

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Giftköder
Ein trauriges Kapitel im Zusammenhang mit dem ital. Jagdwesen ist die Unsitte des Giftköder Legens.
In manchen Gebieten sind es die Hirten, die durch die systematische Vergiftung der Jagdhunde (und natürlich nicht nur dieser!) die Jäger fernzuhalten versuchen. Die Entschuldigung, die Meutehunde würden auch Ziegen und Schafe angreifen ist wohl in den allermeisten Fällen absurd, denn der Segugio wird kaum die Wildschweinfährte verlassen, um einem Schaf nachzustellen. Hätte der Hirte außerdem einen geeigneten Hund zum Schutz seiner Herde oder würde sie selbst ordnungsgemäß überwachen, kämen die Jagdhunde gar nicht auf die Idee sich anzunähern. In der Gegend um Siena habe ich oft gesehen, wie die Jagdhunde weite Bögen um Schafherden machten, um nur ja nicht den gefürchteten Maremmano zu nahe zu kommen!
In der Provinz Massa-Carrara (Toskana) wo ich 9 Jahre lang wohnte, lag noch dazu der aberwitzige Fall vor, dass ausgerechnet die Hirten, die weite Gebiete mit Strychninködern "versorgten" und praktisch unbegehbar machten, überhaupt kein Recht hatten, dort zu weiden, während es sich für die Jäger um ein offizielles, von ihnen selbst umsorgtes "Revier" handelte.
Seltener sind es allerdings die Jäger selbst, die durch Giftköder all jene Tiere dezimieren wollen, die mit ihnen um die oft kaum flugfähigen "Zuchtfasanen" und anderes, eigens für die beginnende Jagd ausgesetztes Wild konkurrieren könnten.
Nach Aussagen von Caccia il cacciatore sterben in Italien jährliche Tausende von Tieren aufgrund illegaler Giftaktionen, "besonders in der Toskana, in Umbrien, in den Abbruzzen, in Lazium, in der Emilia-Romagna, im Veneto und in Kalabrien. Die Opfer sind Hunde und Katzen - Haustiere und Streuner - und Wildtiere, wie Füchse, Dachse, Wiesel und viele seltene Arten wie Wölfe, Bären sowie Falken, Eulen, Käuze, Kolkraben, Steinmarder, Edelmarder, Reiher und Kormorane."
(Quelle: caccia il cacciatore)
(c) Text: 2007

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Jagd und Umweltbelastung
Italienische Jäger sind sowohl den heimischen Tier- als auch den Umweltschützern ein Dorn im Auge. Warum?

"Jedes Jahr verteilen sie tonnenweise hochgiftiges Blei auf dem Boden der verschiedenen Gebiete. In den Feuchtgebieten führt diese Anhäufung von Bleikügelchen auf dem Grund der Seen, Teiche und Sümpfe bei den Tieren zu einer Bleivergiftung, die sowohl gefährlich für die Tiere selbst ist, als auch für diejenigen, die deren vergiftetes Fleisch essen. " (Quelle:caccia il cacciatore)
WWF gibt präzise Zahlen an: Eine Patrone Kaliber 12 wie sie etwa für die Entenjagd verwendet wird, enthält bis zu 280 Schrotkügelchen und bis zu 35 g Blei. Ein beträchtlicher Anteil dieser Schrote sinkt auf den Gewässerboden und wird von Wasserhühnern und Enten dort irrtümlich als Steinchen aufgenommen. Im Po-Delta wurde die daraus resultierende Bleivergiftung gebietsweise bei bis zu 54% aller Stockenten diagnostiziert. 18 der 26 untersuchten Gebiete enthielten 3-6 g Bleikügelchen pro Quadratmeter. Man geht davon aus, dass die

Bleimenge, die durch die Jagd an die Umwelt abgegeben wird zwischen 17.000 und 25.000 Tonnen beträgt. (Quelle: Dossier caccia)
Aber nicht nur das. Wo italienische Jäger gehen und vor allem stehen hinterlassen sie enorme Müllberge: leere Zigarettenschachteln, Getränkeflaschen und -tüten, die Papier-, Blech- oder Plastikverpackung von Esswaren jeder Art; der Aschenbecher des Jeeps wird auch gern im Wald ausgeleert, und selbstverständlich finden sich praktisch überall in der Landschaft farbige Plastikpatronenhülsen en masse.
Und während die Federwildjäger zwangsläufig am Feldrand aus dem Geländewagen steigen müssen, ist es bei den Wildschwein- und Hasenjägern durchaus Sitte, jedes Wald,- Feld- und Wiesenstück kreuz und quer zu befahren, soweit die Räder tragen, könnte man sagen. Dass sie dabei bestellte Felder zertrampeln, Weingärten und Obsthaine beschädigen, Kulturen und Böden mit Blei vergiften scheint viele von ihnen herzlich wenig zu kümmern. (Quelle: Il Sole 24 Ore, 12.2.2006)
(c) Text: 2007

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Menschliche Opfer der Jagd
Giuseppe M., 76, mußte sich vor Gericht verantworten, weil er seinen Freund und Waidgenossen Pietro M., 56, während der Jagd erschossen hat. Versehentlich. In einem Wäldchen, kaum 500 Meter vom Haus des Opfers entfernt, befanden sich die beiden Jäger nur ein paar Dutzend Schritte voneinander entfernt als Giuseppe M. plötzlich eine Bewegung in den Zweigen sah, seine Doppelbüchse anlegte und schoss. Nicht auf Wild, wie er glaubte, sondern auf seinen Freund. ( Quelle: Il Gazzettino, 6.11.03)
Zwischenfälle dieser Art sind in Italien leider nicht selten. Während der Jagdsaison 2001/2002 etwa gab es 47 Tote, 66 Verletzte und 5 Schwerbeschädigte zu beklagen. (Quelle : EURISPES - Dossier, 19. September 2002)
2003/04 50 Tote und 94 Verletzte, 2004/05 stieg die Zahl auf 54 Tote und 96 Verletzte. 2005/06 schliesslich wurden 60 Menschen getötet. (Quelle: Il Sole 24 Ore, 12.2.2006)
Ist die Zahl der angegebenen Toten relativ zuverlässig, ist jene der Verletzten eher zufällig, denn sofern ein Unglück nicht Schlagzeilen macht, kann es nicht erfaßt werden, ganz gleich, ob sich jemand mit dem Messer deftig in die Hand geschnitten oder er, wie ein Jäger aus meiner Gemeinde, die der Sau zugedachten Kugel in den Arm bekommen hat.
Dass diese "Nebenwirkung" der Jagd in Italien keineswegs ignoriert wird, zeigt beispielsweise die Gründung der Associazione italiana familiari e vittime della caccia, zu Deutsch: Italienische Vereinigung der Angehörigen und Opfer der Jagd.
Die Mitglieder beraten, betreuen, ermutigen freilich auch die Opfer jägerlichen Psychoterrors. Denn leider ist auch der heute (2007) hier und dort noch Realität. Bürger, die sich fürchten, während der Jagdsaison vor die Haustür zu treten, denen verunmöglicht wird, sich in den heimischen Garten zu setzen, die versuchen, Jäger von ihrem Grund und Boden zu vertreiben und sich als Konsequenz angepöbelt, angeschrien, bedroht sehen, ihr Haus oder Auto mit Schrot beschossen, Hunde und Katzen getötet. (Quelle: Il Sole 24 Ore, 12.2.2006)

Der fairen Berichterstattung halber möchte ich allerdings anmerken, dass ich viele im sozialen Umgang mit mir und anderen Nichtjägern vernünftige, korrekte und verständsnisvolle "Grünröcke im Dienst" kennengelernt habe. Leider sind es die schwarzen Schafe, die Schlagzeilen machen, nicht die Jäger, die sich unauffällig, sprich: gut benehmen...
Die Jagd ist bei der italienischen Bevölkerung nicht (mehr) besonders beliebt. Dennoch führte das Referendum zur Abschaffung der Jagd sowohl 1990 als auch 1997 wegen zu geringer Teilnahme stimmberechtigter Bürger (nur ca. 43%) nicht zum von Tier- und Umweltschützern erhofften Erfolg.
Interessant sind die Daten dennoch, sprachen sich doch 1990 92,3% der Wähler für die Abschaffung der Jagd und 93,5% für das Jagdverbot in privaten Grundstücken aus. (Wie erinnerlich ist Italien das einzige Land der Welt, das seinen Jägern erlaubt, in private Grundstücke einzudringen, und zwar ohne Erlaubnis des Besitzers und gegen dessen Willen.)

Diverse Meinungsforschungsinstitute haben in den folgenden Jahren auf regionaler und nationaler Ebene Erhebungen zum Thema Jagd durchgeführt. Zum Beispiel wurden im Oktober 2001 1.050 Bürger zur Frage der Jagd auf Kleinvögel (Spatzen, Finken etc.) interviewt.
8% der Befragten war für diese spezielle Jagd, 87% dagegen und 5% hatten keine Meinung dazu. Aufschlußreich sind die sozio-demografischen Bezugsparameter: Personen im Alter von über 55 Jahren und vorwiegend männlichen Geschlechts stellten mehr Befürworter (11%) der Jagd auf Kleinvögel, während Jugendliche zwischen 18 und 24 Jahren mehrheitlich (87%) dagegen waren.
Die Ablehnung dieser Jagd stand auch in Bezug zur Schulbildung: von den Befragten mit Universitätsabschluß erklärten sich 92% dagegen, Oberschulabsolventen stimmten zu 86% mit nein, Interviewte mit Mittlerer Reife zu 88%. Von den Personen, die nur die Grundschule beendet hatten waren 83% nicht mit der Vogeljagd einverstanden. In Süditalien und auf den ital. Inseln waren 90 bzw. 95% der Befragten ablehnend eingestellt, im Gegensatz zu den Bewohnern von Mittel- und Norditalien, die sich zu 11 bzw. 12% eindeutig für die Jagd aussprachen.
Ebenfalls eine Rolle in der Meinungsbildung spielte der Wohnort: Kleinstädte (5.000 -10.000 Einwohner) lieferten die meisten Pro-Jagd-Stimmen. Eine große Überraschung boten die Arbeitslosen: 97% von ihnen stellten sich auf die Seite des Anti-Jagd-Lagers.
(Quelle: dossier-sondaggio)

(c) Text: 2007
Fotos: Sabine Middelhaufe 1,3,4; Anke Lange 2

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