Der jagdliche Cocker Spaniel
Von Regina Ückert
Eigentlich ein Wiederspruch in sich, diese Überschrift. Spaniels sind sehr alte Jagdhunderassen, die es seit Hunderten von Jahren gibt. Auf so manchem Bild alter Meister kann man spanielartige Hunde sehen, und in England wurden sie sogar in mittelalterlichen Gesetzen erwähnt.
Da sie aber neben ihren jagdlichen Fähigkeiten ideale Familienhunde sind, geriet ihr ursprünglicher Verwendungszweck bei vielen Menschen in Vergessenheit, so dass heute die allermeisten Cocker Spaniels, die kleinste zur Jagd verwendete Spanielrasse, ein arbeitsloses Leben führen müssen. Dabei ist nur ein arbeitender Cocker Spaniel ein wirklich glücklicher Hund.
Aber natürlich kann man seinen Arbeitseifer auch auf andere Tätigkeiten als Jagen umleiten. Der Englische Cocker Spaniel ist ein sportlicher und bewegungsfreudiger Hund.
In den deutschsprachigen Ländern wird er jagdlich als kleiner Allrounder genutzt, der bei entsprechender Abführung fast alle im Revier anfallenden Tätigkeiten mit großer Passion bewältigt. So gab es bereits Cocker, die die Verbandsjugendprüfung bei den Vorstehhunden bestanden haben. Andere kann man zum Drücken von Füchsen in Drainagerohren im Feld gebrauchen.
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Von links nach rechts: die schwarze Abigail vom Krebsbachtal, ihre Mutter, Gebrauchssiegerin Zoey aus dem
Immenreich und Zoey's Mutter Xarina aus dem Immenreich, genannt Dicke.
Draco aus dem Immenreich, Sohn von Yolly aus dem Immenreich
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Solche Arbeiten sind jedoch die große Ausnahme. Gezüchtet wurde der Cocker vor allem für die Buschierarbeit unter der Flinte auf Federwild und Kaninchen. Den meisten Cockern merkt man die Leidenschaft für alles, was Federn hat noch an. Fast auf der ganzen Welt wird er hierfür gebraucht.
Bei uns hat man den Arbeitsbereich des Cockers „erweitert“ und nutzt ihn vor allem als Stöberhund. Dafür wird Spurlaut am Hasen verlangt und geprüft. Hier kann der Cocker seine feine Nase zeigen.
Durch die Stürme der vergangenen Jahrzehnte und den praktizierten naturnahen Waldbau gibt es in Deutschlands Wäldern große Einstandsgebiete für Schalenwild. Wir setzen Cocker Spaniels im Rahmen von Drückjagden ein, um Rehwild, Rot- und Schwarzwild aus diesen Naturverjüngungen herauszudrücken, damit es bejagt werden kann. Vor dem laut jagenden Cocker Spaniel kommt Wild in der Regel langsam und gerät nicht in Panik.
Aber auch in den klassischen Einsatzgebieten von Jagdhunden bei der Schweißarbeit und im Wasser leisten Cocker Spaniels manchmal sogar ohne großes Training sehr gute Arbeit. Bei der Schweißarbeit kommt ihnen die gute Nase und ihr Spurwillen zur Hilfe, im Wasser die große Wasserpassion verbunden mit der angewölften Begeisterung für alles was Federn hat.
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Yolly aus dem Immenreich (auch im Titelbild).
Draco aus dem Immenreich
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Die Abrichtung eines Cockers ist nicht immer ganz einfach. Es gibt eine große Bandbreite von Hunden mit viel „will to please“ bis hin zu recht eigensinnigen Exemplaren. Dies wird natürlich auch dadurch gefördert, dass Cockerwelpen einen solch unwiderstehlichen Charme haben, dass bei ihrem Anblick sämtliche Erziehungsgrundsätze über Bord geworfen werden...
Und wenn sich so ein Junghund mal zum „Chef“ aufgeschwungen hat, wird es ganz schwierig mit der Abrichtung. Es ist sehr viel Konsequenz erforderlich. Nie jedoch wird man beim Cocker mit übermäßiger Härte Erfolg haben. Er verweigert sich dann vollkommen der Zusammenarbeit. Diese großartige Rasse hat auch gewisse Nachteile.
Dabei denken die Meisten zuerst an die langen Schlappohren. Meiner Erfahrung nach lassen sich diese sehr gut beherrschen, wenn man sich angewöhnt, beim wöchentlichen Kämmen einen Blick hineinzuwerfen und sofort mit Ohrreiniger oder falls erforderlich mit entzündungshemmenden Tropfen reagiert, sollte dort eine unangenehme Veränderung sicht- oder gar riechbar werden. Ich schneide die Haare am inneren Ohrrand und unter dem Ohr ab, damit die Luft ungehindert Zutritt hat. Damit ist ein weiteres unabdingbares Erfordernis angesprochen. Das Haar muss einmal wöchentlich bis auf die Haut durchgekämmt werden. Wenn der Cocker das von klein auf gewöhnt ist, benötigt man nicht mehr als 15 Minuten. Falls meine Hunde im Herbst viel in Dornen und Kletten gejagt haben, greife ich auch gleich nach der Jagd zum Kamm. Drei bis vier Mal im Jahr muss ein Cocker getrimmt werden, um die Haarpflege zu vereinfachen.
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Yolly aus dem Immenreich
Cocker aus dem Zwinger vom Talbrunnen.
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Natürlich sollte man einen Cocker für die Jagd nicht in einem Zwinger erwerben, der nur auf äußere Merkmale Wert legt, sondern dort, wo auf Gesundheit, Wesensfestigkeit und jagdliche Leistungsfähigkeit hin gezüchtet wird. Das erfordert zwar etwas mehr Aufwand und man muss unter Umständen auch eine Zeit lang auf seinen Welpen warten – aber das lohnt sich! Dabei sind diese unabdingbaren Voraussetzungen weitaus wichtiger, als eine bestimmte Farbe, von denen es beim Cocker Spaniel sehr viele attraktive Varianten gibt.
Wer die richtige Auswahl trifft, dem winkt als Belohnung die gemeinsame Jagd mit dem „merry Cocker“, einem fröhlichen, intelligenten und liebenswerten Hund, der glückstrahlend aus der Dickung zurückkommt zu einem kurzen Abstecher bei seinem Herrn, um sofort wieder in der nächsten Dickung seiner Arbeit nachzugehen.
Cocker Spaniels sind eine sehr gesunde Rasse, nachdem die meisten Erbkrankheiten durch genetische Untersuchungen gebannt werden konnten. Durch ihre handliche Größe und ihren umgänglichen Charakter kann man sie (fast) überall mitnehmen. Es gibt nichts Gemütlicheres, als wenn die Cocker nach einem langen Jagdtag im Herbst oder Winter abends zufrieden auf ihren Plätzen am warmen Ofen schlafen und im Traum mit zuckenden Pfoten und leise jiffend noch einmal von den Abenteuern des Tages träumen.
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Dreifarbiger Cocker Welpe mit reiner Immenreich-Abstammung aus dem Zwinger vom Kienberg |