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Einsatz, Ausbildung, Prüfungen und Zucht des Spinone
in Deutschland und Italien:


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Prüfungen und Zucht des Spinone

Anders als in Italien stellt der deutsche Spinone Club umfassende Bedingungen für die Zulassung eines Hundes zur Zucht. In puncto Gesundheit muss beispielsweise der CA Test für jede 2. Generation vorliegen,  eine Röntgenuntersuchung klären, ob das Tier HD, ED sowie Schulter OCD frei ist oder höchstens ein Verdacht auf HD besteht. Lautet das Resultat hingegen leichte HD oder grenzwertige ED ist der betroffene Spinone nur noch beschränkt zuchttauglich. Schlechtere Untersuchungsergebnisse führen zur Zuchtsperre. Außerdem wird zur Möglichkeit der einwandfreien Identitätsprüfung für jedes Zuchttier die Hinterlegung des DNA Profils verlangt. Ferner muss der bei einer Ausstellung vergebene Formwert mindestens SG sein; wird er im Rahmen einer erfolgreich absolvierten jagdlichen Anlagen- oder Arbeitsprüfung erworben, muss er mindestens G sein.
      
Deutschland und Italien beim Thema Zuchtzulassung zu vergleichen, ist problematisch, denn in der Heimat der Rasse ist schon der gültige Pedigree ein Freifahrtschein in die Zucht, und obwohl bei Prüfungen selbstverständlich der FCI Arbeitsstandard zugrunde gelegt wird, absolviert ja keineswegs jeder potenzielle Zuchthund in Italien zuvor eine Prüfung. Viele Spinoni werden in der Tat nie offiziell geprüft. Wie wir gleich sehen werden, erwartet man vom Ausland, dass die Zuchtzulassung eines Hundes – wenn man denn schon so ein umfassendes System an Regeln dort ersinnt - von der Verifizierung seiner Leistungen gemäß FCI Regeln abhängig sein soll, aber verlangt zuhause nichts dergleichen. Wirft man da mit Steinen, obwohl man selbst im Glashaus sitzt?

Epithelium Vasco bei der Jagd.

Ganz so simpel ist es nicht. In einem Land, in dem jährlich 12.000 – 15.000 English Setter für den Jagdgebrauch geboren werden, aber nur 500 - 600 Spinone Welpen, ist die Entscheidung eines Jägers für diese Rasse ein ganz eindeutiges Statement: er wählt bewusst einen Gehilfen mit den jagdlichen und charakteriellen Eigenschaften des Spinone, weil sie am besten zu seinen persönlichen Jagdgewohnheiten passen. Wer einen Spinone kauft, weiß genau, was er bekommt und das ist auch genau das, was er braucht: einen feinnasigen, ruhigen, extrem zuverlässigen und ausdauernden Traber für die Federwildjagd.
Der Spinone ist in allererster Linie ein Helfer für die Praxis, ein echter Jägershund eben, keiner für Prüfungen mit Wettbewerbscharakter und für Federwildjäger wird er deshalb seit jeher gezüchtet. Der Hund, der sich bei der Arbeit bewährt, kommt vielleicht in die Zucht, wer sich als untauglich erweist, wird verschenkt oder wird zum Familienhund.

Diese Art der leistungsorientierten Zuchtauslese haben Jäger jahrhundertelang betrieben, bevor die Genetik entdeckt wurde, bevor es Rassestandards gab. Natürlich besitzt auch der rasserfahrendste Jäger keinen Röntgenblick, um nachzuschauen, ob ein Tier leichte HD hat, aber wenn er etliche Wochen, von morgens um 6 bis zur Mittagszeit mit ihm Waldschnepfen gejagt hat, dann kennt er die jagdlichen, mentalen und körperlichen Stärken und möglichen Schwächen seines Gehilfen sehr, sehr gut.
Für die anstrengende Jagdpraxis muss der Spinone taugen und in den allermeisten Fällen tut er das. Leistungsprüfungen zur Pflicht und Voraussetzung für die Zucht zu machen wird deshalb bei den meisten Spinone Führern in Italien eher verständnisloses Schulterzucken hervorrufen, denn wo, sagen sie, kann man die angeborenen, im Arbeitsstandard definierten Qualitäten - und um die geht es, nicht um anerzogene Disziplin -  besser beurteilen als in der Praxis? Wo diese Praxis freilich fehlt, so argumentiert man, müssen Prüfungen Pflicht sein.
Besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass in Italien auch ohne offizielle Bestimmungen in der Regel nur praxistaugliche Hunde in die Zucht gelangen, sind viele Züchter und Führer inzwischen aber durchaus der Meinung, dass man in Sachen Gesundheitsvorsorge mehr tun sollte.

Giacomo Bini mit seiner Zuchtgruppe.

-  Der italienische Rasseklub und die ENCI (Verband für das ital. Hundewesen) verlangen nichts anderes als einen gültigen Pedigree für die beiden zu verpaarenden Hunde. Was meint ihr, sollte die Gesundheit künftiger Zuchttiere auch in Italien nach verbindlichen Regeln kontrollieret werden?

Giacomo Bini:
Ja, es wäre an der Zeit, die Zuchtzulassung auch in Italien strenger zu kontrollieren. Der CISp hat diesbezüglich nichts zu melden. Ich habe bei meinen Zuchthündinnen den CA Test gemacht und sie sind alle „clear“; wenn ich einen Deckrüden aussuche, lasse ich auch bei ihm den Test durchführen.

Marco Lozza: Was den Gesundheitszustand angeht, impliziert die in Italien durchgeführte Zuchtauslese automatisch das Vorhandensein einer gesunden körperlichen Kondition beim Hund, denn wenn er nicht kraftvoll und vital ist, gelingt es ihm auch nicht, seine natürliche Arbeit bei der Jagd auszuführen. Das heisst aber nicht, dass etwaige und umfassendere Gesundheitsüberprüfungen nicht wünschenswert sind.

Adone, Züchter Emanuele Palagiano.

-  Bei einer Jagdgebrauchshunderasse hat der Nachweis des rassetypischen Arbeitsprofils natürlich höchste Priorität für die Zuchtzulassung. Welche Möglichkeiten gibt es für den Spinone in Deutschland, dieses prüfen zu lassen?

Claudius Roos: Grundsätzlich wird zwischen Anlageprüfungen (VJP, HZP) und Arbeitsprüfungen (VGP, VSwP) unterschieden. Durch die Anerkennung des SICD e.V. als Zuchtverband im JGHV ist es uns möglich, diese Prüfungen nach dem Reglement des JGHV anzubieten. Brauchbarkeitsprüfungen werden z.B. von Kreisjägerschaften angeboten. Diese sind Rasse unabhängig.

- Wird bei der Beurteilung im Rahmen einer Anlagenprüfung in Deutschland der FCI Arbeitsstandard des Spinone zu Grunde gelegt?

Claudius Roos:
Nach einer Anfrage an den Obmann für das Jagdhundewesen im JGHV wurde bestätigt, dass bei der Beurteilung grundsätzlich nicht auf rassespezifische Anlagen Rücksicht genommen werden muss. Der genaue Wortlaut war:Die VZPO ist eine Prüfungsordnung für alle Vorstehhunderassen und wer sich dieser PO stellt, muss auch damit leben. Es wird hier nicht nach Rassen unterschieden, sondern die Anforderungen sind für alle Hunde gleich.“

Claudius Roos Spinone beim Apport.

-  Haben eurer Ansicht nach diese deutschen Anlagenprüfungen, die Haltung, Gang und all die anderen Besonderheiten des Spinone als Vorstehhund also nicht in Betracht ziehen, trotzdem Wert, wenn der Hund zumindest zeigt, dass er „irgendwie“ zu suchen und vorzustehen weiß?

Claudius Roos: Ja, durchaus. Genetische Anlagen kann man zwar fördern und verfeinern, jedoch nicht durch Training ersetzen. Die Suche und der Gebrauch der Nase wird auf den Prüfungen intensiv abgeprüft. Die Prüfungsvorgaben für die Suche in Italien wären aber sicher auch für Deutschland wünschenswert. Ab einem vorgegebenen Punkt darf der Hund suchen. Naseneinsatz, Suchenstil, Arbeits- und Finderwille sowie das Kontakthalten zum Hundeführer werden in Italien bewertet. In Deutschland muss der Hund ein vorgegebenes Feld absuchen, zeigen, dass er finden will, flott und ausdauernd, selbständig, systematisch die Fläche absuchen und in Zusammenarbeit mit dem Hundeführer arbeiten. Dass bei allen Deutschen Jagdgebrauchshunde-Prüfungen z. B. die Suche "flott und ausdauernd" sein muss und eine "Trabsuche" das Prädikat mindert, also durchaus um mindestens 3 Punkte in der Bewertung nach unten geht, ist sicher diskussionswürdiges Thema. Genauso wie, dass wenn wir die Spinoni zur flotten Suche verändern, dies auch eine rassespezifische Veränderung für die Zukunft bedeuten kann, zumal ja die Trabsuche in den luftdünneren bergigen und oft sehr heißen Regionen im Süden Europas Voraussetzung für einen längeren, Kräfte schonenden Jagdeinsatz ist.

Claudius Roos Spinone beim Apport aus dem Wasser.

Giacomo Bini:  Der Arbeitsstandard sagt u.A. folgendes: die Gangart des Spinone ist der ausholende und schnelle Trab; einige, von objektiven Umständen gerechtfertigte Galoppphasen sind zulässig. Aber die geforderte Gangart, wenn der Hund auf Witterung trifft, ist der TrabDies ist eine schnelle und effiziente Gangart, die sich fast immer in geradlinigen, in gutem Abstand voneinander liegenden Diagonalen von 100 m Länge und auch mehr vollzieht und in jedem Falle immer in einer an das abzusuchende Feld angepassten Aktion. Die Art, wie der Spinone seine Suche entfaltet, geht konform mit seiner Rustikalität und zeugt von seiner Bestimmung als Hund, mit dem man Strecke macht. Deshalb versäumt die Suche, obwohl sie die hurtige Erkundung des gesamten Feldes erlaubt, nicht die Überprüfung jeder Witterung. Aufgrund des realtiv kurzen Halses wird der Kopf des Spinone während der Suche weniger beweglich sein und der Nasenrücken liegt nur wenig über der Rückenlinie. Daran müssen sich Richter halten. Wenn man einen schnellen Hund will, möge man sich anderen Rassen zuwenden.

Marco Lozza:
Der Spinone ist eine Rasse, die es seit mehr als 700 Jahren gibt und die nicht im Hinblick auf ihr äußeres Erscheinungsbild, sondern auf ihre Verhaltenseigenschaften in Verbindung mit ihrer Funktion gezüchtet wurde. In unserem Falle ist es der Spinone, der als kontinentaler Vorstehhund betrachtet wird und mit einer typischen Gangart (dem “verlängerten” Trab, den er nur mit dem Bracco Italiano gemeinsam hat)  ausgestattet ist und der ihm erlaubt, gleichzeitig zügig und ausdauernd zu sein. Die morfologischen Eigenschaften wurden parallel dazu gefestigt, aber stellen nicht die alleinige Essenz der Rasse dar. Wenn man Spinoni züchtet, kann man also nicht von der unerlässlichen Erhaltung seiner typischen Verhaltensweisen absehen. Die Feststellung anderer Leistungen, ergänzend zu den rassetypischen Fähigkeiten, können deshalb allenfalls nur für die Verifizierung der Ausbildbarkeit, der Intelligenz, und der hohen Anpassungsfähigkeit des Spinone nützlich sein.  Aber Gegenstand der Zuchtauslese müssen die unabdingbaren und unerlässlichen Eigenschaften: Veranlagung für die Suche, die Vorstehanlage und die typische Gangart des Trabs sein. Das schließt nicht aus, dass der Spinone ggf. auch ein sehr guter, mit großer Intelligenz und Ausbildbarkeit ausgestatteter Familienhund sein kann, Qualitäten übrigens, die gerade durch die Wahrung seiner Anlagen als effizienter Jagdhund, Vorstehhund, gefestigt wurden, etwas, das auf Hunde, die nur auf “Schönheit” gezüchtet werden, nicht unbedingt zutrifft (so wie es häufig bei Rassen passiert, deren Zucht nur auf dem morfologischern Standard beruht). 

Cino della Becca zeigt den rassetypischen, ausholenden Trab des Spinone.

Es gibt eine Vielzahl von Vorstehhunden und was die einzelnen Rassen voneinander unterscheidet ist die Art und Weise, wie sie suchen und vorstehen, ihr Arbeitsttil also.
Der Pointer sucht nicht wie ein Gordon Setter, der Epagneul Breton nicht wie ein Bracco Italiano und der Spinone nicht wie ein Deutsch Drahthaar.
Um den Spinone wirklich  verstehen und wertschätzen zu können, muss man zuallererst seinen Arbeitsstandard kennen, denn dort liegt die Erklärung für seine Einsatzgebiete, seinen Stil, seinen Charakter und sein äußeres Erscheinungsbild. Die Form folgt der Funktion - das gilt auch in der Gebrauchshundezucht.

Leider genügt es nicht, den Arbeitsstandard aufmerksam zu lesen, denn anders als bei der Anwendung des morfologischen Standards kann man beim suchenden Hund im Feld schwerlich das Bandmaß zücken, um zu schauen, wie weit sich der Nasenrücken gerade unter oder über der Rückenlinie befindet, sieht im etwas höheren Bewuchs die Schrittweite nicht und kann wiederum kaum neben dem Hund her joggen, um zu überprüfen, ob der Abdruck der Hinterpfote über den der Vorderpfote hinausgeht.
Den Stil des Spinone in der Praxis zu beurteilen setzt also viel, viel Erfahrung voraus – mit der Rasse, mit ihrem Verhalten bei der Jagd und nicht zuletzt auch mit dem Verhalten des Federwildes und all das in Abhängigkeit von Gelände- und Wetterbedingungen, denn schließlich muss sich ja auch der Hund in seiner Arbeitsweise diesen äußeren Faktoren stets auf rassetypische Weise anpassen.

Noch einmal der rassetypische Trab.

In Italien gibt man sich bei keiner Rasse damit zufrieden, dass der Hund “irgendwie” sucht, Hauptsache schnell, er findet und setzt sich beim Apportieren gehorsam vor seinen Meister. Man verlangt da erheblich mehr und ist stolz darauf, Hunde zu züchten, die eben rassetypisch arbeiten. Verständlich also, dass man im Ursprungsland des Spinone höflich aber bestimmt immer wieder darauf hinweist, dass der Arbeitsstandard und er allein die Aufgaben der Rasse und wie sie sie erfüllen soll, definiert, und er allein Grundlage für die Leistungsüberprüfung sein muss. Wollen wir auch nicht vergessen, dass der Arbeitsstandard von der FCI anerkannt ist und somit internationale Gültigkeit hat. Bei Ausstellungen des VDH wird ganz selbstverständlich der morfologische Standard des Spinone zugrunde gelegt. Mit eben solcher Selbstverständlichkeit sollte bei Prüfungen der Arbeitsstandard gelten, denn man kann nicht allen Ernstes verlangen, dass der Spinone, nur weil er sich zufällig in Deutschland befindet, plötzlich wie ein Kurzhaar oder Korthals arbeitet. 

Mia vom Segeberger Forst.

Apropos Ausstellung: oben der maskuline Kopf von Kidro (Mutter CH.IT. Asca II del Mucrone, Vater CH.ASS. Tobia)
mit der typischen Divergenz der Schädel-Schnauzen-Linie, unten der schöne Kopf einer Hündin mit deutlicher Divergenz.

-  In den 4 Jahren von 2014 bis 2017 inkl. haben 14 Spinoni die BP (hauptsächlich für die Nachsuche auf Schalenwild) bestanden, 24 eine Anlagenprüfung im Frühjahr oder Herbst, 2 die VGP, 2 die VPS und einer die VSwP. 43 Hunde haben also eine jagdliche Prüfung bestanden. Wie viel Prozent sind das ungefähr bezogen auf die deutsche Spinone Population der letzten 4 Jahre im “Prüfungsalter”?

Claudius Roos: In den 4 genannten Jahren wurden insgesamt 187 Welpen geboren. 70 in 2014.  Ab 2015 durften die Spinone erst offiziell Anlagenprüfungen laufen, da der JGHV uns erst im März 2015 die vorläufigen Mitgliedschaft zugesichert hatte. Im Jahr 2015 konnte der Verein somit auch noch keine eigenen Prüfungen anmelden, da der Anmeldeschluss immer bis 31.3. des jeweiligen Jahres ist.  D.h., dass 2015 die Gespanne immer bei anderen Vereinen angemeldet waren. Seit 2016 bietet der SICD eigene Prüfungen an. Leider waren die Jahre 2016/2017 für uns sehr geburtenschwache Jahrgänge (viele Hündinnen sind leer geblieben oder hatten nur kleine Würfe – 2016 nur 32 Welpen und 2017 nur 43 Welpen) Dazu kommt, dass Welpen durchaus auch ins benachbarte Ausland verkauft werden. Ergo von den wenigen Welpen blieben nicht alle in Deutschland. Und von den verbliebenen gingen nicht alle in Jägerhand. Eine genaue Statistik, welche Hunde in welchem Alter und das proportional zur Geburtenrate…. Das kann ich Ihnen nicht wirklich beantworten.

Isa apportiert den Fuchs.

-  Werden auch andere als nur jagdliche Prüfungen anerkannt?

Claudius Roos: Ja, vom SICD werden außerdem Prüfungen anderer Art z.B. Begleithunde- und Hundeführerscheinprüfungen, Rettungshundeprüfungen, Arbeitsprüfungen mit Dummys oder Workingtests anerkannt. Allerdings muss jeder Spinone seine Schussfestigkeit nach den Bedingungen des JGHV nachgewiesen haben, auch Spinoni, die z.B. in der Rettungshundearbeit tätig sind oder als Familienhunde geführt werden, aber die Zuchtzulassung anstreben. So kann eine Begleithundeprüfung als Arbeitsprüfung anerkannt werden, muss aber um den Nachweis der Schussfestigkeit erweitert werden. Nichtjäger, die für ihren Hunde eine Zuchtzulassung anstreben, können ihre Hunde ja nicht zu Anlageprüfungen führen, es sei denn, ein Hundeführer/in mit Jagdschein erklärt sich bereit, den Hund zur Prüfung zu führen. Somit ist eine Anlagenprüfung nicht zwingend notwendig. Hintergrund ist die Tatsache, dass der Genpool des Spinone in Deutschland noch sehr eng ist und wir tatsächlich bestrebt sind, Tiere in die Zucht zu bringen. Die Bedingungen, die der SICD e.V. geschaffen hat, sind im Vergleich mit vielen anderen Jagdhunde Vereinen noch sehr gering. Sie erfüllen sozusagen im Augenblick das Minimum.

-  Reicht eine der genannten Prüfungen, bspw. der bestandene Hundeführerschein, für die Zuchtzulassung aus? Werden also alle genannten Prüfungen als gleichwertig erachtet?

Claudius Roos: Ja. Sollte diese Prüfung aber keinen Schusstest beinhalten, muss dieser noch extra nachgewiesen werden. Der Schusstest allein reicht jedoch nicht.

-  Sollten eurer Meinung nach Prüfungen, die den Spinone nicht ausdrücklich als Vorstehhund beurteilen oder nicht einmal Bezug zur Jagd haben, für die Zuchtauslese von Bedeutung sein?

Giacomo Bini: Nein, Prüfungen, die den Spinone nicht als Vorstehhund beurteilen, haben keinen Wert für die Zucht. Der Spinone hat einen Arbeitsstandard, der von ENCI und FCI anerkannt ist, und an den muss man sich auch absolut halten.

Marco Lozza: Nein, aber dazu habe ich mich gerade ja bereits deutlich geäußert.

Wie sieht es aus, wenn ein Hund etwa erfolgreich den Italien-Cup für kontinentale Vorstehhunde, die Prüfung an Rebhühnern des ital. Spinone Clubs oder das Derby für kontinentale Vorstehhunde im Ausland absolviert hat, d.h. Prüfungen gemäß FCI Reglement?

Claudius Roos: Im Ausland gemachte Prüfungen werden nach Vorlage einer deutschen Übersetzung im Einzelfall durch die Zuchtkommission und den erweiterten Vorstand geprüft. Bisher hatten wir wegen einer Zuchtzulassung noch keine Nachfrage zu ausländischen Prüfungen.

-  Sicher nicht alle, aber viele deutsche Züchter in Vereinen für Jagdgebrauchshunderassen geben ihre Welpen nur an Jäger ab, u.a. mit dem Argument, dass ein Hund, der nicht jagdlich geführt und geprüft wird, für seinen Züchter ebenso wie für die Rasse verloren ist – niemand weiß ja, welche Jagdanlagen er besitzt und in die Reproduktion gelangt er deshalb bis diesen Vereinen auch nicht. Stand diese Option, den Spinone ausschließlich als Jagdgebrauchshund für Jäger zu züchten, bei Ihrem Verein je zur Diskussion?

Claudius Roos: Nein, das stand nie zur Diskussion, da Spinoni sich auch in der Rettungshundearbeit, als Käferspürhunde oder Therapiehunde bewähren. Da der Spinone in Deutschland unter den Jäger noch nicht die Anerkennung erfährt und seine Einsatzmöglichkeiten sich deutlich von denen in Italien unterscheiden, geben und gaben die Züchter ihre Welpen auch als reine Familienhunde ab. Züchter, die selber jagdlich aktiv sind, geben bevorzugt an Jäger und anderweitig aktive Hundeführer ab. Das Risiko, dass ein Welpe, der sich später gut für die Zucht geeignet hätte und in „falsche“ oder sagen wir „unmotivierte“ Hände gekommen ist, müssen wir leider eingehen.
Dazu ist vielleicht auch anzumerken, dass vom VDH eine deutliche Erhöhung des Zuchtpotenzials gefordert wird und dass dies mit der reinen Abgabe an Jäger und Selektion, wie es die von Ihnen erwähnten Vereine machen, nicht zu erfüllen ist. Solange wir die Mitgliedschaft im VDH anstreben, die ja eine Bedingung ist, um im JGHV anerkannt zu sein, wird sich daran nichts ändern.

2017 hat Hündin Isa, geführt von Angelika Jensen, die Verbandsschweißprüfung JGHV im 1. Preis bestanden.

 Der Spinone ist weder eine vom Aussterben bedrohte Rasse, noch eine die insgesamt gesehen einen gefährlich reduzierten Genpool hätte. Tut der deutsche Klub, weil er gezwungen ist, mehr Hunde in die Zucht zu bringen, gut daran, wohl oder übel Prüfungen anzuerkennen, die nichts mit dem FCI Arbeitsstandard der Rasse zu tun haben?

-    Findet ihr es also in jedem Falle begrüßenswert, die Quantität der Spinoni in Deutschland zu vergrößern, auch wenn sich dadurch langfristig vielleicht die rassetypischen Arbeitsqualitäten verringern könnten?   

Giacomo Bini: Der Spinone ist ein Vorstehhund der Gruppe 7 mit Arbeitsstandard. Jede andere Art seines Einsatzes hat mit dem Spinone nichts zu tun, wendet euch also an andere Rassen und ruiniert nicht unseren Spinone.

Marco Lozza: Ich möchte betonen, dass der Spinone keine heute „erfundene“ Rasse ist!! Sie existiert seit 1300 und wahrscheinlich noch früher. Wenn man die Zuchtauslesekriterien des Spinone verändern will, wird daraus unweigerlich eine andere Rasse resultieren, die man nicht mehr als Spinone bezeichnen darf (vielleicht könnte man sie „Spinone Derivat“ nennen). Wenn es in Deutschland niemanden gibt, der zur Federwildjagd geht, ist es absurd, den Spinone in Deutschland einführen zu wollen und ihn dann für andere Verwendungszwecke zu bestimmen. Wenn man den Spinone will, muss man ihn als Jagdhund und Vorstehhund wollen. Sonst wäre er etwas anderes, d.h. KEIN SPINONE!!
Eine Rasse zu lieben darf keinesfalls implizieren, dass man sie zerstört!!

 Harte, aber verständliche Worte. Man muss sich die Geschichte nur einmal in umgekehrter Richtung vorstellen: würde jemand in Italien versuchen, den Großen Münsterländer als Rasse für das Dog dancing umzufunktionieren, den Jagdterrier zum Schutzhund oder den Stichelhaar zum monofunktionellen Galoppsucher für Field Trails zu machen, käme das in Deutschland sicher auch nicht gut an, zumal, wenn solche umfunktionierten Hunde dann in die Zucht gelangten.
     Aber, dass die deutsch-italienische Zusammenarbeit in Sachen Hunderassen auch hervorragend funktionieren kann, beweist das Beispiel Deutsch Drahthaar. Italien als „Importeur“ der Rasse hat sich von Anfang an um den Kontakt zum deutschen Verband gekümmert, Hunde und ihre Führer zu Prüfungen nach Deutschland geschickt, später Richter nach Italien eingeladen, um hier Prüfungen nach den rigorosen deutschen Regeln zu veranstalten, deutsche Profiausbilder zu Vorträgen und Seminaren gebeten und insgesamt ein umfassendes Netzwerk zum Austausch zwischen Nord und Süd geschaffen. Viele Drahthaar aus Italien sind heutzutage in Deutschland als Spitzenhunde bekannt und geschätzt.
Es ist nicht einzusehen, wieso das beim Spinone nicht genauso gut funktionieren sollte. Wer die Rasse ohne wenn und aber als das respektiert und liebt, was sie ist, wird garantiert mit offenen Armen empfangen. Nichts wäre leichter, als beispielsweise mal ein zwangloses Treffen deutscher und italienischer Jäger mit ihren Spinoni hier in Italien zu organisieren, die Hunde im Feld suchen zu lassen während ein Experte den rassetypischen Arbeitsstil erklärt...

Arcenciel del cuore di Diana, genannt Joe, im Alter von 9 Monaten.

 

Text (c) 2018
Fotos: 1 (Titelfoto), 4, 10, 11 Emanuele Palagiano; 2
Antonello D’Arrigo, 9, 12-14 Jensen; 5, 6 Roos; 7 Daniela Dosch; 3 Giacomo Bini; 3, 16 Sabine Middelhaufe; 15 Luca Mantovani via Marco Lozza; 8 Marco Lozza.

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