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Erfahrungen mit dem


Drever

 

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Erfahrungen mit dem Drever
Von Reino Toivanen
und Sabine Middelhaufe

Der Drever ist eine ausserhalb Skandinaviens kaum bekannte Dachsbracke, die in ihrem Ursprungsland für die Jagd auf Reh- und Rotwild, Hase und Fuchs verwendet wird, denn trotz seiner geringen Grösse ist der Drever äusserst ausdauernd und hart im Nehmen und überdies mit einer enormen Jagdlust gesegnet. Gerade wegen seiner Niederläufigkeit und der relativ moderaten Geschwindigkeit ist der Drever hervorragend geeignet, wenn es gilt, das Wild im Wald ruhig aber entschieden vor die Schützen zu treiben.
Wie erinnerlich ziehen die Skandinavier normalerweise nicht mit Laufhunde Meuten zur Jagd, sondern mit dem Einzelhund, der folglich alle Arbeitsphasen der Brackade perfekt beherrschen muss. Entscheidet sich also der Jäger beispielsweise auf Hasenjagd zu gehen, nimmt er nur seinen vierbeinigen Helfer mit und vielleicht noch einen Freund, statt einer ganzen Gruppe von Schützen.
Das Revier einer lokalen Jägergemeinschaft mit rund 50 Mitgliedern ist, etwa in Finnland, bis zu 5000 ha gross, und besteht vorwiegend aus dichten Wäldern, durchsetzt mit Sümpfen, Felsen und teilweise Wiesen und Ackerland. Für grosse Teile der Wälder gilt, dass es nur die eine Option gibt, sich nämlich zu Fuss dort zu bewegen, denn selbst der Geländewagen könnte nur auf den wenigen Wegen fahren und selten dort, wo der Drever jagt!

Pajulammen Licka spürt den Hase auf. Die orangenen Streifen sind die Antennen des "dogfinders", den man den Hunden
in Finnland wegen der Wölfe anlegen muss. Titelfoto:
Pajulammen Roosa.

Natürlich bringt der Hundeführer seinen Drever in eine Zone, wo Hasen leben; Schneehasen halten sich ausschliesslich im Wald auf, Feldhasen hingegen am Waldrand mit Zugang zu ihren nächtlichen Weideplätzen. So mancher skandinavische Jäger bevorzugt die Brackade auf Schneehasen, und das nicht nur weil sie im Laufe der Jagd gewiss zu ihrem Versteck zurückkehren, was Feldhasen nicht unbedingt tun, sondern auch, weil Schneehasen weniger häufig und lange auf befahrbaren Wegen entlang flüchten, wodurch sich für den Hund das Risiko, unter die Räder zu geraten deutlich verringert, denn wie eigentlich alle Laufhunde nimmt auch ein Drever, wenn er konzentriert der frischen Fährte folgt, Gefahren nicht unbedingt wahr.
An einer geeigneten Stelle im Revier angelangt, stattet der Jäger seinen Drever mit einem GPS aus, leint ihn ab und schickt ihn zur Suche voran. In einer Entfernung von 300-500 m muss der Hund nun die Nachtfährte des Hasen finden, während der Jäger an dem Punkt wartet, wo er seinen Hund geschnallt hat. Falls der Drever nicht schon in der Nähe Witterung aufnimmt, sucht er in immer weiter werdenden Kreisen systematisch ein Gelände ab, kehrt aber nach 15-30 Minuten zum Herrn zurück, wenn die Arbeit ergebnislos bleibt. In diesem Falle mag der Besitzer seinen Hund noch einmal in die selbe Zone schicken, oder sich gemeinsam mit seinem Vierläufer gute 500 m weiter entfernen, um es dort erneut zu versuchen. Solange der Drever sucht, kann sein Führer nichts anderes tun, als abzuwarten und bisweilen auf der Landkarte im Handy die Signale des Sendehalsbandes verfolgen, die ihm zeigen, wo der Hund sich gerade aufhält.

Svarttjärns Hanna.
Findet der Drever schliesslich eine vielversprechende Fährte, wird er ihr folgen und kommt normalerweise nicht zu seinem Herrn zurück, ehe die Brackade nicht beendet ist. Ganz anders als etwa die italienischen Laufhunde, soll der Drever, wie alle skandinavischen Bracken, die Nachtfährte bis zur Sasse schweigend arbeiten, und so ertönt sein typischer Spurlaut erst in dem Moment, da der Hase vor ihm aufspringt und er die Verfolgung beginnt. Sofern Hund und Jäger Glück haben, mag der Drever den Hasen schon nach 15 Minuten vor die Flinte seines Herrn treiben, aber selbstverständlich kann die Jagd auch bedeutend länger dauern, wenn es nämlich dem Hasen gelingt, durch geschickte Fluchtmanöver den Hund abzuschütteln. Obwohl man einer Dachsbracke während der Prüfung bis zu 40 Minuten zugesteht, um die verlorene Fährte wiederzufinden, ruft man ihn, zumindest in der finnischen Jagdpraxis, oft schon nach 15-20 Minuten zurück, wenn er offensichtlich die Witterung nicht mehr findet.
An einem durchschnittlichen Jagdtag wird der Drever jedenfalls 3 - 3,5 Stunden spurlaut jagen, häufig im hohen Schnee und bei beträchtlichen Minustemperaturen. Interessant ist übrigens, dass selbst wenn mehrere Jäger mit ihren Bracken im selben Gebiet arbeiten, sich die einzelnen Hunde nicht gegenseitig stören, denn alle skandinavischen Laufhunde bleiben auf der einmal aufgenommenen Fährte und fühlen sich vom Spurlaut ihrer Kollegen nicht aufgerufen, zu ihnen zu eilen.
In seiner schwedischen Heimat ebenso wie in Norwegen wird der Drever wie gesagt nicht nur für Fuchs und Hase, sondern vor allem für Reh- und Rotwild eingesetzt. Diese beiden Schalenwildarten sind bekanntlich besonders wachsam und stets zur Flucht bereit, so dass es einen Hund braucht, der sie zwar hartnäckig und spurlaut verfolgt, sie aber nie in kopfloser Flucht vor die Schützen treibt, sondern sie vertraut genug anwechseln lässt, um einen sicheren Schuss zu ermöglichen.

Svarttjärns Hanna wird auch für die Jagd auf Marderhunde eingesetzt.

Ein schwedischer Drever Führer weist übrigens auch auf dieses interessante Detail hin: im Norden des Landes, mit seiner vergleichsweise geringen Reh- und Rotwilddichte, besteht die schwierigste Aufgabe des Hundes darin, dank seiner feinen Nase in den weiten, dichten Wäldern überhaupt ein Stück zu finden und es dann geduldig 1-2 Stunden zu verfolgen, bis es wieder in Schussweite des Jägers zurückkehrt. Im Süden hingegen, wo Schalenwild sehr viel zahlreicher vertreten ist, muss der Drever das auserwählte Stück nur relativ kurzfristig voran treiben und sich nach dem Schuss eine neue Fährte suchen, um das nächste Stück Wild in Bewegung zu bringen. In der Praxis bedeutet das, dass ein und derselbe Drever je nach den jagdlichen Bedingungen, die er vorfindet, mal wie ein Stöberhund, mal wie eine Bracke arbeitet.
In Finnland, wo der Drever einer der verbreitetsten und beliebtesten Jagdgebrauchshunde ist, dürfen Laufhunde nicht für die Schalenwildjagd eingesetzt werden, so dass die Rasse vorwiegend auf Hase und Fuchs geführt wird. Vielleicht ist dies der Grund, dass sich eine sogenannte „finnische Linie“ entwickelt hat, also ein Drever der etwas leichter und schneller ist als die in Schweden selektierten Hunde. Ausserdem ist der Drever in Finnland in der Regel schwarz-weiss mit roten Flecken, während man in Schweden hauptsächlich die rot-weisse Fellfarbe findet und der Drever durch seine robustere Statur dort viel mehr an die Westfälische Dachsbracke erinnert.

Pajulammen Roosa, dreifarbiger Drever aus finnischer Zucht.
Unten: Trittsiegel vom skandinavischen Wolf.

Auch in Skandinavien sind Herbst und Winter die eigentliche Jagdzeit. Entsprechend muss dieser kleine, widerstandsfähige Laufhund bei seinem Einsatz Temperaturen von bis zu minus 20 Grad ertragen (sinkt das Thermometer noch tiefer verzichtet man normalerweise auf die Jagd), muss mit hohen Schneelagen fertig werden und sieht sich mit natürlichen Gefahren in Form von Wolfs- und Luchsangriffen konfrontiert. Und während der Luchs einen Jagdhund in erster Linie als Konkurrenten an derselben Beute tötet, scheinen Wölfe in vielen Gebieten Skandinaviens heute ganz gezielt Jagd auf Hunde als Nahrung zu machen.
Wem die Vorstellung zusagt, nur mit seiner Bracke und vielleicht einem guten Jagdfreund auf Hasen- und Fuchsjagd zu gehen, statt im Lärm und Getriebe einer Gesellschaftsjagd, wem es also gefällt, aus der Jagd ein persönliches, intimeres Erlebnis zu machen, für den könnte der Drever in der Tat der perfekte Helfer und Begleiter sein.
Übrigens bewährt sich die schwedische Dachsbracke dank ihrer hervorragenden Nasenleistung, dem ausgeprägten Beutetrieb und der Fähigkeit zu ruhiger, besonnener Suche auch bei der Schweissarbeit. In Finnland kann der Drever, in Ermangelung an Wildschweinen, nicht für die Saujagd ausgebildet werden; in Schweden benutzt man ihn hierfür nicht, weil er vielfach ein zu wildscharfer Singlehund ist. Von Welpenbein an die Jagd in der Gruppe gewöhnt, könnte der Drever aber möglicherweise in der Meute Sauen jagen.

Minna Toivanen, die Tochter des Autors, mit Pajulammen Licka nach erfolgreicher Jagd.

Alle Fotos: Reino Toivanen

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