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Der Weg zum brauchbaren Jagdhund (1)


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Der Weg zum brauchbaren Jagdhund - Teil 1
Von Engelbert Braun

Nachdem ich über die Jagerei ja überhaupt erst auf den Hund gekommen bin war natürlich klar, dass ich mit ihm dann in den nächsten erreichbaren Kurs zur Erlangung der Brauchbarkeit einsteigen würde. Der Nachweis der Brauchbarkeit des Jagdhundes ist notwendig, da nach dem Bundesjagdgesetz bzw. Landesjagdgesetz Nordrhein-Westfalen (LJG NW) bei Such-, Drück- und Treibjagden, bei jeder Jagdart auf Schnepfen und Wasserwild sowie bei jeder Nachsuche auf Schalenwild brauchbare Jagdhunde zu verwenden sind.
Die Brauchbarkeitsprüfung (BP) in NRW wird in zwei Arbeitsgebiete unterteilt:

Die BP §6 für das Arbeitsgebiet „Nachsuche auf Niederwild (außer Rehwild)“.

Sie beinhaltet folgende Fächer:

  • Schussfestigkeit im Feld oder Wald

  • Gehorsam: allgemeiner Gehorsam, Verhalten auf dem Stand, Leinenführigkeit

  • Bringen von Haarwild auf der Schleppe

  • Bringen von Federwild auf der Schleppe

  • Freiverlorensuche und Bringen von Federwild

  • Schussfestigkeit bei der Wasserarbeit

  • Verlorensuche in deckungsreichem Gewässer

  • Stöbern mit Ente im deckungsreichen Gewässer

Bringen von Haarwild.
Titelfoto: Segugio Italiano Mischling Nuccia.

Die BP §7 für das Arbeitsgebiet „Nachsuche auf Schalenwild“.

Diese beinhaltet folgende Fächer:

  • Schussfestigkeit im Feld oder Wald

  • Gehorsam : allgemeiner Gehorsam, Verhalten auf dem Stand, Leinenführigkeit

  • Schweißarbeit auf der künstlichen Rotfährte (Übernachtfährte).

Wichtig: Ein Hund, der diese Prüfung besteht, ist nur in der Lage, einfache Totsuchen zu arbeiten. Für schwierigere Wundfährten ist in jedem Fall ein Nachsuchengespann zu kontaktieren.

Die BP NRW wird nach der zurzeit gültigen Richtlinie zur Feststellung der Brauchbarkeit von Jagdhunden im Land Nordrhein-Westfalen vom 01.01.2000 abgehalten.

Nuccia und ihr Chef.

Für mich war klar, dass meine Segugio Italiano Mischlingshündin Nuccia, zum Zeitpunkt meiner Überlegungen 9 Monate alt, die Brauchbarkeit nach §7 unter Beweis stellen konnte; für die Brauchbarkeit nach §6 fehlt ihr die Bringfreude, und bisher war das Wasser auch nicht ihre Leidenschaft, das scheint sich gerade erst zu ändern.
Ich hörte mich also um und erkundigte mich, wo und unter welchen Bedingungen die Vorbereitungskurse für die BP im Frühjahr 2010 abgehalten würden. Von einem Waidkameraden in Altenbreckerfeld wurde ich auf die Hundegruppe Bilstein des Hegerings Ennepetal aufmerksam gemacht.
Wir hatten für Ende März – Anfang April geplant, den Kurs zum Buch „Jagdhund ohne Jagdschein“ bei Sabine Middelhaufe in Italien zu besuchen und wollten gleichzeitig die Möglichkeit nutzen, beim Trofeo Montecalvo vom 26. bis 28. März die Leistungsprüfungen der Rasse Segugio Italiano in der Provinz Pavia live mitzuerleben. Da die Reise aber eventuell mit dem Kursanfang für die BP zusammenfallen würde, war vorherige Kontaktaufnahme mit dem Hegering erforderlich, da noch keine genauen Termine für deren Kurs vorlagen.
Die Hundegruppe hielt ihren monatlichen Stammtisch bisher immer am ersten Mittwoch des Monats in einer Gaststätte in Ennepetal ab. Also fuhr ich trotz widrigster Wetterlage bei gefrorener, übereister Schneedecke auf den Straßen am 3. Februar nach Ennepetal. Dort suchte ich erst mal die Gaststätte und lernte dabei alle möglichen Nebenstraßen bestens kennen... Endlich in der Gaststätte angekommen, harrte ich der Leute, die da kommen sollten. Lange nach 19 Uhr, dem eigentlichen Beginn des Treffens, kam als Erster der Stellvertreter des Obmanns für das Hundewesen im Hegering EN.
Er war bei der chaotischen Wetterlage auch nur mit Mühe hierhin gekommen. Mit ihm unterhielt ich mich dann eine Weile und trug ihm mein Anliegen vor. Er versprach, mir die Anmeldeunterlagen zuzuschicken, und den Termin für den ersten Übungsabend erfuhr ich auch schon. So konnte ich dann beruhigt wieder die Fahrt nach Hause in Angriff nehmen.
Die Unterlagen kamen bald und ich meldete uns umgehend an. Am 11.04. kehrten wir von Nuccias Kurs aus Italien zurück und vier Tage später begann die Vorbereitung für die BP im Spätsommer.

Ausbilder und einige Teilnehmer des Vorbereitungskurses auf die BP.

14.04.2010
Nuccia und ich kamen um 17 Uhr 30 am Treffpunkt Bilstein an. Zur Ausbildung waren neben meinem Segugio-Mix Nuccia zwei Kopovbracken, ein Bayrischer Gebirgsschweißhund, ein Kleiner Münsterländer, ein Foxterrier, ein Parson Jack Russel Terrier und ein Jagdterrier am Treffpunkt erschienen. Hinzu kam noch Paule, der Rauhaarteckel und Rocky, der Kleine Münsterländer unserer Ausbilder. Nuccia war die einzige Hündin.
Nach kurzer Vorstellung gingen wir auf die Waldwiese, die wir bis zur Prüfung für unsere Übungen würden benutzen dürfen.
Zunächst einmal stellten wir uns alle mit unseren Hunden in einem großen Kreis auf. Die Hunde waren größtenteils sehr aufgeregt, und es war Sinn der Übung, etwas Ruhe in die Bande zu bekommen.
Dies halbwegs erreicht ging nun der Reihe nach jeder mit seinem Hund einmal die Runde. Bei jedem anderen im Kreis blieb er stehen und brachte seinen Hund ins Sitz. War das geschafft und die beiden sich nun nahe gegenüber sitzenden Hunde waren (einigermaßen) zur Ruhe gekommen, begrüßten sich die Hundeführer mit Handschlag. Die Hunde sollten derweil immer nur gelassen sitzen oder liegen bleiben. Diese Übung würden wir in den nächsten Monaten noch oft durchführen.

Ruhiges Absitzen.

Die nächste Übung bestand darin, sich mit dem Hund an der Umhängeleine, die locker durchhängen sollte, durch den lichten Baumbestand (Stangenholz) zu bewegen und dicht an einzelnen Bäumen vorbei zu gehen. Der Hund sollte sich dabei genügend konzentrieren, um immer möglichst an der gleichen Seite wie sein Führer um den Baum herum zulaufen. Diese Übung konnte Nuccia schon ganz gut. Sie passte scharf auf und lief kaum je auf die falsche Seite der Bäume.
Für die folgende Lektion gingen wir wieder zum Wiesenrand. Wir stellten uns mit ausreichendem Abstand nebeneinander auf und nun ging jeweils ein HF mit dem Hund möglichst bei Fuß auf die Wiese, machte dort ein paar scharfe Richtungswechsel, lief mal etwas schneller, dann wieder langsamer, und der Hund sollte eigentlich stets bei Fuß folgen. Die anderen Gespanne blieben unterdessen in der Reihe stehen und hielten ihre Hunde zur Ruhe an.
Es zeigte sich, dass da für uns viel Übung notwendig sein würde, denn es klappte noch ganz und gar nicht...
An diesem ersten Abend beendeten wir den Unterricht etwas früher und fuhren noch an einen Teich. Die neu gewählte Hegeringsleiterin, auch Mitglied der Hundegruppe, hatte uns nämlich alle eingeladen ihre Wahl mitzufeiern. Weil ich glaubte, Nuccia würde im Auto randalieren, verabschiedete ich mich aber bald. Ich hatte nämlich ständig Hundegebell gehört, doch als ich beim Wagen ankam lag Nuccia still und brav auf ihrer Decke!

Gehorsamsübung.

21.04.2010
Zuerst machten wir wieder die oben schon beschriebenen Gehorsamsübungen auf der Wiese. Eine deutliche Verbesserung war allerdings noch nicht zu bemerken. Anschliessend sollte immer jeweils ein Hundeführer seinen Hund auf die Wiese bringen, ablegen, die Leine abnehmen, sich etwas vom Hund entfernen und ihn danach wieder abholen. Der Hund sollte unterdessen natürlich brav liegen bleiben.
Ich war überzeugt, dass Nuccia Gas geben würde, wenn ich sie frei auf der Wiese ablege und band sie vorsichtshalber an einen Weidezaunpfahl. Da sie dort aber so brav sitzen blieb, wurde ich mutiger und versuchte es gleich noch mal frei auf der Wiese. Und siehe da, sie blieb ganz gehorsam sitzen, obwohl sie beim Fuß Gehen überhaupt nicht ruhig geblieben war.

Freies Absitzen klappte schon gut.

Während die Anderen weiter diese Gehorsamsübungen machten, wurden Nuccia und ich in den Wald gerufen. Dort hatte unsere Ausbilderin eine etwa 50 m lange Fährte für uns gelegt, die inzwischen knapp 6 Stunden alt war. (Während der Ausbildung wurden die Fährten nur mit Rinderblut gespritzt, erst zur Prüfung sollte dann Wildschweiß eingesetzt werden.)
Ich setzte Nuccia etwa 10 m vorm (fiktiven) Anschuß ab und legte ihr das Suchengeschirr an. Sodann musste sie sich brav legen, ich hakte die Schweißleine ein und untersuchte in Ruhe den Anschuß. Erstaunlicherweise blieb sie wieder getreulich im Platz, interessierte sich aber überhaupt nicht für das, was ich da machte. Nach dem Ansetzen zog sie denn auch die ersten Meter recht lustlos auf der Fährte. In diesem Moment hätte ich schon viel stärker bekräftigen müssen, zumal der Fährtenverlauf für mich gut sichtbar markiert war. Na ja, man lernt aus Erfahrung. Wie auch mehrfach in Italien geschehen, begriff Nuccia erst nach etwa 10 m plötzlich worum es ging und arbeitete die Fährte nun ruhig und sicher, ohne irgendeinen unnötigen Schlenker bis zum Ende. Die Ausbilderin, war ganz erstaunt, dass mein unruhiges Hündchen so gelassen und sicher arbeitete.
Am Ende der Fährte fand Nuccia dann einen noch recht appetitlichen, ziemlich frischen Wildschweinlauf. Da sie zu der Zeit ihre Beute noch sehr ungern ausgab, versuchte ich den Lauf gegen ein Leckerchen einzutauschen. Typisch Nuccia wollte sie das auch haben, den Lauf dafür aber natürlich nicht hergeben und schnappte obendrein so hastig nach dem Leckerchen, dass ich als Andenken an diese Übung zwei Blutblasen am Mittelfinger bekam. Na, da würden wir noch fleißig das Ausgeben üben müssen! Zum Zeichen der erfolgreichen Arbeit erhielten wir nach Jägersitte noch den "Bruch", das ist ein abgebrochener Zweig von einem "bruchgerechten" Baum, nämlich Kiefer, Fichte, Erle, Eiche oder Buche. Der Bruch wird mit „Waidmannsheil“ an den Hundeführer übergeben, der nimmt ihn mit „Waidmannsdank“ entgegen, bricht einen Seitenzweig davon ab und steckt diesen dem Hund an die Halsung und sich an die rechte Hutseite.
Zum Abschluß wurde an diesem Tag auch noch die Schussfestigkeit der Hunde geprüft. Dazu feuerte unser zweiter Ausbilder, aus etwa 100 m Entfernung von uns und den Hunden zwei Flintenschüsse ab. Für Nuccia überhaupt kein Problem. Sie war allerdings neugierig bis zum Umfallen, da der Schütze ja mit der Flinte an uns vorbei Richtung Waldrand gegangen war. Sie ließ ihn keine Sekunde aus den Augen und war während der ganzen Zeit das bravste Hündchen.

Die Schussfestigkeit wurde geprüft.

28.04.2010
Auf der Wiese angekommen wurde zuerst wieder das Sitzen im Kreis geübt und dann ging, wie gehabt, jeder HF mit seinem Hund die Runde von einem Gespann zum anderen.
Bei der folgenden Übung legte ich Nuccia diesmal sofort frei auf der Wiese ab und entfernte mich. Kein Problem. Beim Laufen bei Fuß allerdings wollte sie immer nur mit mir toben; da bestand eindeutig noch Übungsbedarf.
An diesem Tag sollte nun zum ersten Mal das Halt oder Down versucht werden. Bei einigen funktionierte das schon ganz gut. Bei uns leider nicht, wir hatten es zuhause aber auch noch gar nicht probiert.
Die Übung, im Wald locker bei Fuß durchs Stangenholz zu gehen, klappte wiederum gut und ebenso Ablegen und Entfernen, sogar als Nuccia mich nicht mehr sehen konnte. (Nur sollte ich dann in der Ferne auch das Sprechen unterlassen, damit Nuccia mich nicht hört. Sie muss später ja auch ruhig liegen bleiben, wenn sie mich nicht in ihrer Nähe weiß.)
Leckerchen zur Belohnungen kamen übrigens während der Lektionen immer gut an bei Nuccia, und ich sah beruhigt, dass auch die anderen Hundeführer gern Futter zur Motivierung und Bestätigung für eine gute Leistung benutzten. Das soll allerdings nicht so klingen, als wenn alles über Leckerchen gesteuert werden könnte. Die gehören zwar z.B. am Ende der Kunstschweissfährte dazu, als Lohn und Anreiz für die gute Arbeit, (während eine echte Fährte später durch das Finden von Wild quasi selbstbelohnend ist) aber ansonsten besteht keine Möglichkeit, den Hund durch Leckerchen fester an sich zu binden oder den Fokus des Hundes auf den Führer zu lenken. Das funktioniert alles nur, solange der Hund nichts "Wichtigeres" vorhat. Und wichtiger als der Führer und Leckerchen sind, zumindest für einen Laufhund wie Nuccia, auf jeden Fall frische Fährten oder der Anblick von flüchtendem Wild, da nützt dann auch keine getrüffelte Leberpastete mehr.
Übrigens hatte ich nach den ersten Übungsabenden das Gefühl, dass die meisten Hundeführer sich hier im Kurs ihren Hunden gegenüber viel cooler gaben, als sie sonst waren oder wenn sie sich unbeobachtet glaubten. (Das legte sich im Verlauf des Kurses aber und zum Ende hin konnte man ganz klar sehen, dass die Hunde nicht nur für die Jagd sondern insgesamt einen hohen Stellenwert hatten.)

Bei Fuss Gehen ohne Ziehen mussten wir noch üben.

05.05.2010
Wir arbeiteten wieder eine 50 m Fährte. Diesmal hatte uns der zweite Ausbilder der Gruppe die Fährte vorbereitet und begleitete uns auch bei der Arbeit. Nuccia liess sich brav das Suchengeschirr anlegen und blieb dann am Platz, allerdings nicht abgelegt sondern im Sitz. Nach meiner Untersuchung des Anschusses führte ich sie dorthin und schickte sie mit „Such verwundt" auf die Fährte. Nuccia verstand gleich, was von ihr gefordert wurde. Sie zog ruhig und sicher los und arbeitete leicht bögelnd voran. Ein etwas größerer Bogen folgte, von dem sie aber selbstständig wieder zurück zur Fährte kam, und dann, am Ende der Fährte, ging sie erst mal an dem ausgelegten Deckenstück vom Schwarzwild vorbei. Sie kam allerdings sofort wieder zurück und fasste dann die Beute. Ich lobte und belohnte sie ausgiebig.
Anschließend wurden auf der Wiese wieder Gehorsamsübungen gemacht. Begrüßen, umeinander herumgehen, Halt, ablegen und weggehen, bei Fuß gehen usw.
Diese Aufgaben wurden von Nuccia eigentlich ganz ordentlich gemeistert. Nur zwischendurch war sie viel zu unruhig und quiemte und bellte.

12.05.2010
Nuccia brauchte wie immer eine ganze Weile, bis sie einigermaßen ruhig war. Dann klappte es aber ganz gut. Am besten ging es mit uns diesmal durch den Stangenwald. Da war sie am aufmerksamsten. Die Übungen auf der Wiese hingegen waren (noch) nicht so ihr Ding.

Frei bei Fuss.

Fotos 2, 4, 5, 6, 8, 10: Arno Kowalewski www.pixelpager.de ; 1, 3, 7 und 9 von Hans Kuczka www.fotokuczka.de
Text (c) 2010

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