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Jagd & Jäger in Italien



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Jagd und Jäger in Italien
Von Sabine Middelhaufe

Die Fauna und Flora Italiens verfügt über einen enormen Reichtum. 94.771 verschiedene Tierarten leben auf dem Stiefel südlich der Alpenkette. Aber Italien ist auch das Land, wo, so sagen die Tierschutzorganisationen (Stand: 2007), noch immer auf Adler und Fischotter geschossen wird, wo gut dreizehn Regionen (eine italienische Region entspricht in Größe und Funktion grob gesagt unseren Bundesländern), gesetzliche Schlupflöcher mißbrauchen, um die Jagd auf landesweit geschützte Arten zu erlauben oder die Jagdsaison zu verlängern, wo die regionale Gesetzgebung in Sachen Jagd teilweise im krassen Gegensatz zu den Gesetzen der EU steht, wo Hundertschaften freiwilliger Jagdaufseher vergebens versuchen, der Wilderei Einhalt zu gebieten, die inzwischen mindestens zehn geschützte Arten mit dem Aussterben bedroht, wo man aus Betonbunkern auf Enten schiessen kann, wo jedes Jahr Abertausende Zugvögel mit Hilfe von Lockvögeln und illegalen elektromagnetischen Lockinstrumenten getötet werden. (Quelle: Dossier 2007: “Radiografia di un paese contronatura e fuori dall’Europa” )

Jagd und Jäger in Italien aus meiner Perspektive der deutschen Nicht-Jägerin, Naturliebhaberin und Hundefreundin darzustellen erschien von Anfang an unmöglich, ohne zu vergleichen was nicht vergleichbar ist. Das deutsche Jagdwesen, das Umweltbewußtsein des deutschen Normalbürgers, die psychologischen Elemente, die uns mit der Natur verbinden sind einfach zu verschieden vom italienischen Pendant. Deshalb werden in diesem Kapitel ausschließlich italienische Quellen benutzt, um Besonderheiten und Problematiken der Jagdpraxis auf dem Stiefel darzustellen, während ich mich auf wenige, persönliche Kommentare beschränke.
Angesichts der Komplexität des Themas habe ich notwendigerweise nur einige Hauptaspekte anreißen können, um einen allgemeinen Einblick zu geben, was Jagd und Jägersein in Italien bedeutet. Der interessierte Leser wird viele Quellenangaben finden, mittels derer er sein Wissen vertiefen kann. Allerdings, und dies muss man bei der Lektüre der folgenden Seiten unbedingt berücksichtigen, besteht ein extremes Missverhältnis zwischen der Fülle von im Internet einsehbaren Quellen, die in irgendeiner Weise gegen Jagd und Jäger argumentieren und den wenigen Websites oder Portalen, die sich des Themas objektiv oder positiv annehmen.


(c) Text: 2007

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Wie wird man Jäger
1968 war auch für die Aspiranten des Waidwerks in Italien das Jahr, das Geschichte machte. Bis zu diesem Zeitpunkt nämlich konnte jeder Sechzehnjährige mit Einverständnis des Vaters und ein Achtzehnjähriger auch ohne dessen Konsens die Erlaubnis zum Tragen und Einsatz einer Jagdwaffe beantragen und erhielt sie ohne viel Aufhebens. 1968 dann wurden erstmals einfache Jägerprüfungen eingeführt. Sicherlich eine bittere Pille besonders für die Landbevölkerung, deren Kriegsgeneration oftmals nur 3-5 Jahre zur Schule gegangen war. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte wurden die Anforderungen zunehmend höher gesteckt. Was die einen als angemessen applaudierten machte für andere jede Hoffnung auf künftiges Waidmannsheil zunichte: man mußte jetzt nämlich ernstlich lesen, lernen, begreifen und erinnern, um die Jägerprüfung zu bestehen. 1995 beschloss z.B. die Region Lombardei, dass ausserdem jedem Antrag auf Zulassung zur Prüfung ein ärztliches Attest über die Präsenz der psychophysischen Mindestvoraussetzung für die Ausübung der Jagd und den Besitz einer Jagdwaffe beigefügt sein muß.
Seinen Antrag stellt der Aspirant an die Provinzverwaltung, wo er sich auch für den Jägerkurs einschreibt, der circa zwei Monate lang dreimal wöchentlich stattfindet. Teilnahme ist Pflicht.
Die Prüfungen werden üblicherweise im Mai oder September abgehalten. Aber zuerst einmal geht es also ans Studieren. Das Lernmaterial das der Teilnehmer erhält besteht u.a. aus einem Katalog mit 293 Fragen zur Jagdgesetzgebung, 160 zum Thema Landwirtschaft und Naturschutz, 117 zur jagdrelevanten Zoologie, 100 über Waffen und Munition sowie 46 zur Ersten Hilfe.
Neugierige Jäger und Nicht-Jäger können hier ja einmal versuchen, eine kleine Auswahl der Fragen zu beantworten!
Das Examen besteht aus einem schriftlichen, mündlichen und praktischen Teil, und wird im Laufe von 2-3 Wochen abgewickelt. Bei der schriftlichen Prüfung muß der Jägeranwärter 30 Fragen zu den o.g. Themen beantworten. Macht er
dabei mehr als zwei Fehler fällt er durch.
Hat er hingegen bestanden, folgt rund 2 Stunden später schon die mündliche Prüfung. Hier werden ihm noch einmal zwei, drei Fragen zu den Examensthemen gestellt.
Für den praktischen Teil geht es dann nach 2-3 Wochen auf den Schießstand, wo der künftige Waidmann mit 25-30 Schüssen auf ein festes Ziel seine Fertigkeiten im Gebrauch des Gewehres beweisen muß.
Gelingt ihm dies, erhält er endlich die Jagdlizenz, licenza di caccia, die in Italien synonym für die Erlaubnis zum Tragen und Gebrauch einer Jagdwaffe, porto d'armi, steht. Die Jagdlizenz kostet, sofern man die Prüfung nicht wiederholen muss, rund 500 Euro. Wer bei den Examen durchgefallen ist, kann diese beliebig oft wiederholen.
Vor Beginn seiner ersten Jagdsaison erhält der Jungjäger schließlich auch noch sein tesserino venatorio, einen persönlichen Abschußnachweis-Schein. Den tesserino muß er bei der Jagdausübung stets bei sich führen, um darin Datum, Ort, Art und Anzahl der erlegten Stücke einzutragen. Sobald die Jagd schließt, ist der tesserino an die ausstellende Behörde zurückzuerstatten, die dann in mühevoller Kleinarbeit herausfindet, an wievielen der 55 Jagdtage pro Saison der Durchschnittsjäger tatsächlich die Jagdgebiete aufsucht, wieviel Wild jeder Art er erlegt, errechnet wieviele Stücke bestimmter Arten in der folgenden Saison ausgesetzt werden müssen uvm.

(c) Text: 2007

(Quellen: Lernmaterial für die Jägerprüfung:

- Bollettino Ufficiale della Regione Lombardia. 1. Suppl. Straordinario al n.21 - 23 maggio 1995. Disposizione per gli esami di abilitazione venatoria ecc.
- Bollettino Ufficiale della Regione Lombardia. 1. Suppl. Ordinario al n. 33- 19 agosto 1993. Legge Regionale n. 26. Norme per la protezione della fauna selvatica e per la tutela dell'equilibrio ambientale e disciplina dell'attività venatoria
- Gazzetta Ufficiale Della Repubblica Italiana. 25 febbraio 1992. Norme per la protezione della fauna selvatica omeoterma e per il prelieva venatorio.
- Giovanni Broglia: Nozioni in materia di armi e munizioni per il conseguimento dell'abilitazione venatoria. Aprile 1998
- Dr. Andrea Ragazzoni: Nozioni di Pronto Soccorso as uso degli aspiranti all'abilitazione venatoria. Anno 1998
- Zoologia applicata alla caccia
- Cinofilia
- Agrocoltura e Ambiente
- Note di Ecologia)

Auszüge aus dem Fragenkatalog für die theoretische Jägerprüfung in der Region Lombardei
Nur eine Antwort zu jeder Frage ist richtig. Die korrekten Antworten finden Sie unten auf dieser Seite.

1. Was muß der Jäger in seinem ersten Jagdjahr tun?
a) er muß sich von einem Tutor begleiten lassen
b) er muß sich von einem Jäger begleiten lassen, der seit mind. 3 Jahren den Jagdschein hat
c) er muß sich von einem Jagdaufseher begleiten lassen

2. Wielange ist die Jagdlizenz gültig?
a) 3 Jahre
b) 6 Jahre
c) 8 Jahre

3) Welche Dokumente muß der Jäger während der Jagdausübung bei sich führen?
a) nur den Jagdschein
b) Jagdschein, Versicherungsschein, persönlichen Abschußnachweis-Schein
c) nur persönlichen Abschußnachweis-Schein

4) Welches ist das Mindestalter für die Jagdausübung?
a) 21 Jahre
b) 16 Jahre
c) 18 Jahre

5) Wird die Erlegung eines Spatzen mit der Schleuder als Jagsausübung betrachtet?
a) ja
b) nein
c) nur während der Jagdsaison

6) Wem gehört tot aufgefundenes Wild?
a) dem, der es findet
b) der Gemeinde, auf deren Grund es gefunden wird
c) dem Staat

7) Was bedeutet programmierte Jagd?
a) die Jagdausübung, die jeder Jäger zu Saisonbeginn programmlich festlegt
b) die Jagdausübung in Gemeinschaft mit anderen Jägern
c) der aufgrund der Wilddichte in einem Revier erlaubte Abschuss

8) Welche der folgenden Arten ist besonders geschützt?
a) Igel
b) Gemse
c) Adler

9) Welche der folgenden Arten ist vom 1.10. - 31.12 bzw. 1.11. - 31.1. jagdbar?
a) Wildschwein
b) Hirsch
c) Reh

10) Die Fasanenjagd ist erlaubt
a) vom 3. Sonntag im September bis zum 31.12.
b) vom 1.10. - 1.1.
c) vom 3. Sonntag im September bis zum 8.12.

11) Darf der Steinmarder gejagt werden?
a) ja
b) nur die männlichen Tiere
c) nein, nie

12) Darf der Dachs gejagt werden?
a) nur das männliche Tier
b) vom 1.10. - 30.11.
c) nein, nie

13) Darf der Zeisig gejagt werden?
a) nein, nie
b) vom 3. Sonntag im September bis zum 31.12.
c) vom 3. Sonntag im September bis zum 31.1.

14) Welche Arten darf man bei schneebedeckten Boden jagen?
a) die Wacholderdrossel im Alpenraum vom festen Ansitz aus
b) den Hasen in der Ebene ohne Einsatz des Hundes
c) das Wildschwein im Hügelgebiet

15) Welchen Mindestabstand muß man von einer Landstraße halten, um in ihre Richtung schiessen zu dürfen?
a) 200 m
b) 150 m
c) 100 m

16) Wann darf man auf einer zugefrorenen Wasserfläche jagen?
a) immer
b) nur wenn sie nicht vollständig oder größtenteils mit Eis bedeckt ist
c) nie

17) Bei welchem Mindestabstand ist es erlaubt in Richtung von Häusern, Straßen und Arbeitsstellen zu schießen?
a) 100 m
b) 150 m
c) 300 m

18) Bei welchem Mindestabstand ist es erlaubt zu schießen, wenn man hinter sich eine Gemeindestraße hat?
a) 100 m
b) 50 m
c) 150 m

19) An welchem anderen Wochentag außer dem Freitag ist die Jagd immer geschlossen?
a) Dienstag
b) Mittwoch
c) Donnerstag

20) An wievielen Tagen innerhalb der Jagdsaison kann man jagen?
a) 75
b) 45
c) 55

21) In welchem Zeitraum ist die Jagd erlaubt?
a) von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang
b) von eine Stunde vor Sonnenaufgang bis eine Stunde nach Sonnenuntergang
c) von eine Stunde vor Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang

22) Wann ist es erlaubt, mit der Ausbildung des Jagdhundes zu beginnen?
a) in den 30 Tagen vor Beginn der Jagdsaison
b) vom 3. Sonntag im September
c) vom 1. Oktober

23) Ist die Ausbildung des Jagdhundes überall erlaubt?
a) ja, außer in den Alpengebieten
b) nein, nur in bestimmten Zonen zu festgelegten Zeiten
c) nur in den Betrieben, wo gezüchtete Wachteln ausgesetzt werden

24) Jeder Jäger, der von einem festen Ansitz aus schießt, darf verwenden:
a) max. 8 gefangene Lockvögel pro erlaubter Art
b) max. 30 Spatzen und Stare
c) max. 40 gefangene Lockvögel und nicht mehr als 10 pro erlaubter Art

25) Welche Folgen hat die Erlegung eines Wildschweines von weniger als 3 Jahren?
a) keine Sanktionen
b) Entzug des Jagdscheins
c) administrative Sanktionen

26) Was tut man im Auto mit einem brennenden Zigarettenende?
a) aus dem Fenster werfen
b) ausdrücken oder in den Aschenbecher legen
c) ausdrücken und aus dem Fenster werfen

27) Was muß der Jäger tun, wenn der von seinem Hund hochgemachte Fasan in eine Wiese einfällt, wo gerade Heu geschnitten wird?
a) sich jenseits der Wiese begeben
b) dem Fasan folgen
c) in die Wiese gehen, um den Fasan zu erlegen

28) Was bedeutet die Errichtung einer Ansiedlung im Wald für die Umwelt?
a) Zerstörung des Gleichgewichtes dieser Umwelt
b) Verschönerung des Waldes
c) Bereicherung für diese Zone

29) Was ist Smog?
a) ein Insektizid
b) eine Entenart
c) eine Folge der Luftverschmutzung

30) In welchem Monat wird normalerweise die Apfelsorte "Delicious" geerntet?
a) Juni
b) Oktober
c) Dezember

31) Die Jagd ist in Grundstücken verboten, die mit Maschendraht welcher Höhe umzäunt sind?
a) mehr als 2 m
b) weniger als 50 cm
c) mindestens 120 cm

32) Warum äst der Hase normalerweise nachts?
a) um die Gefahr durch natürliche Feinde zu verringern
b) weil er tagsüber nicht sieht
c) weil das Gras frischer und leicht verdaulicher ist

33) Wieoft wirft die Häsin normalerweise im Flachland?
a) einmal, selten zweimal
b) siebenmal
c) dreimal, selten viermal

34) Wovon ernährt sich der Fuchs hauptsächlich?
a) Fasanen und Hasen
b) Hühner
c) v.a. Mäuse und Abfälle im Bereich von menschlichen Ansiedlungen

35) In welchem Monat verliert der Rehbock normalerweise seine Stangen?
a) Januar
b) November
c) Juli

36) Welche Art Hund ist der Pointer?
a) Vorstehhund
b) Spürhund
c) Erdhund

37) Der Deutsch Kurzhaar ist ein:
a) Spürhund
b) Vorstehhund
c) Erdhund

38) Das spezifische Wild der Spürhunde ist:
a) Schnepfe
b) Fasan und Wachtel
c) Hase und Fuchs

39) Welche Hunderassen sind besonders geeignet für die Jagd in Feuchtgebieten?
a) Gordon Setter und Spinone
b) Pointer
c) English Setter

40) Wozu dienen Prüfungen und Schauen für Jagdhunde?
a) um die besten Zuchttiere für die Verbesserung der Rasse zu wählen und bekannt zu machen
b) um Preise zu gewinnen
c) als Treffpunkt für Jäger

(Quelle: Bollettino Ufficiale della Regione Lombardia. 1. Suppl. Straordinario al n.21 - 23 maggio 1995. Disposizione per gli esami di abilitazione venatoria ecc.)

Korrekte Antworten:
1b - 2b - 3b - 4c - 5a - 6c - 7c - 8c - 9a - 10a - 11c - 12c - 13a - 14a - 15b - 16b - 17b - 18b - 19a - 20c - 21c - 22a - 23b - 24c - 25a - 26b - 27a - 28a - 29c - 30b - 31c - 32a - 33c - 34c - 35a - 36a - 37b - 38c - 39a - 40a

(c) Text: 2007

Fotos: 1 Roberto Maini; 2 und 5 Federico Chelini; 3 Regione Toscana; 4 Manfred Hahn

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