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Der Welsh Springer Spaniel

 


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Der Welsh Springer Spaniel
Von Sabine Middelhaufe

Während der English Springer Spaniel in Europa seit langem bekannt ist und die Wertschätzung einer zunehmenden Zahl von Jägern geniesst, ist sein bei 46-48 cm Rückenhöhe etwas kleinerer Cousin aus Wales mit dem auffälligen rot-weissen Haar relativ unbekannt. Das liegt sicher nicht an seiner mangelnden jagdlichen Begabung, aber vielleicht an den hohen Ansprüchen, die er an den Hundeführer stellt.
Die ursprüngliche Aufgabe der Hunde, die wir heute als Springer Spaniels bezeichnen bestand darin, Kaninchen, Vögel und anderes kleines Wild im Dickicht aufzuspüren und zur Flucht ins offene Gelände zu zwingen, wo sie früher der Falke schlagen und heute der Schütze schiessen kann, denn „Springer“ (abgeleitet vom Verb to spring) bedeutet genau das: das Wild aus seinem Versteck zu drücken. Der Welsh Springer Spaniel tut dies noch heute mit Bravour. In den USA gilt er sogar als ausgezeichneter Allrounder für jedes Terrain; in Australien dient er vor allem als Kaninchenjäger. In seiner britischen Heimat sucht er auf „Voran!“ schnell, unermüdlich und systematisch, ohne Furcht vor den dichtesten Dornen in Schussweite seines Herrn nach gesundem Wild. Hat er es gefunden und Hase oder Kanin flüchten bzw. ein Vogel fliegt auf, darf er freilich nicht hinterherhetzen und ebenso wenig darf er beim Fallen des Schusses einspringen. Erst auf „Bring!“ sucht er unbeschränkt weit das geschossene Stück und apportiert es mit angemessen sanftem Griff. Wenn Welsh Springer im Paar arbeiten kann leicht eine Konkurrenzsituation entstehen, weshalb beide Hunde gut in der Hand des HF sein müssen.

Der Wille und die Fähigkeit, auch einen verletzten Vogel über seine Witterung zu verfolgen und schliesslich zu apportieren ist typisch für diesen Spaniel. Nase, Stil, Tempo, Schneid und geschicktes Bringen sind deshalb die geforderten Qualitäten der Rasse. Absolut unerwünscht hingegen wäre das Lautgeben! Da Spaniels in Grossbritannien unter der Flinte suchen wäre das auch gänzlich überflüssig. Bekanntlich gibt es bezüglich der Prüfung von Spaniels in Europa die zwei FCI Reglements A und B. Die sog. A-Länder (Skandinavien, Spanien, Italien usw.), die von den Hunde ähnliche Leistungen fordern wie in Britannien und keinen Spur- oder Sichtlaut verlangen, und die B-Länder (Deutschland, Österreich, Tschechien usw.), die einen spurlauten Stöberer mit weitem Suchradius wollen. Diese sehr unterschiedlichen Ansprüche leiten sich natürlich aus den unterschiedlichen jagdlichen Gegebenheiten und Notwendigkeiten ab, können bei den B-Ländern freilich zu grossen Problemen in der Zucht führen, weil der spurlaute Welsh Springer wohl die Ausnahme ist und nicht die Regel. Deshalb hat sich diesbezüglich inzwischen ein Umdenken eingestellt, dass bei einer Rasse, die selbst in Grossbritannien nur etwa 400 Welpen pro Jahr registriert sicher von Vorteil ist, wenn man vermeiden will, dass beim Welsh (wie beim English Springer bereits vor langer Zeit geschehen) eine deutliche Spaltung in zahlenmäßig sehr geringe Leistungs- und überwiegende Schönheitszucht geschieht. (Der English Springer registriert rund 14000 Welpen im Jahr!)
Die Existenz einer separaten, vom English Springer morfologisch und anlagenmäßig klar unterscheidbaren Spaniel Variante in Wales lässt sich mit Bestimmtheit für das 18. Jh. belegen auch wenn die Rasse offiziell erst 1902 anerkannt wurde.
Die augenfälligste Besonderheit des WSS ist natürlich seine Fellfarbe: ein reiches Rot auf schneeweissem Grund, wie es sie bei keiner anderen Spanielrasse gibt.
Weniger offensichtlich sind die Charaktereigenschaften. Die Briten beschreiben die Differenz zwischen English und Welsh Springer gern so: Der Engländer stöbert im Dickicht aus reiner Freude an seiner Arbeit, der Waliser hingegen sucht nur, wenn er weiss, dass dort Wild sitzt.
Was bereits andeutet, wieso der letztere auch "Welsh Rebel" genant wird. Seinen Eigensinn und seine Impulsivität bekommt der Halter schon beim Welpen zu spüren, denn obwohl lernbegierig und intelligent braucht der kleine Welsh oft deutlich länger, bis er die Grundbefehle verstanden hat und befolgt, weil er zum einen sehr neugierig ist und sich beim Training leicht ablenken lässt, zum anderen, weil er gern versucht, Befehle auf seine Weise umzusetzen, nicht zwangsläufig so, wie es sein Herr verlangt. Ausserdem verabscheut er stupide Wiederholungen. Man sollte ihm daher mehrmals täglich kurze Lektionen erteilen statt einer langen, die ihn schnell langweilen würde. Auch seine enorme Energie kann schon den jungen Welsh Springer dazu verführen, aus eben dieser Langeweile heraus destruktiv zu reagieren, wobei es andererseits aber sehr wichtig ist, den ohnehin aktiven Hund nicht zu überdrehen. Auch hier ist wieder Konsequenz durch klare Aktiv- und Ruhephasen gefordert. Kommt hinzu, dass dieser Hund zwar seinerseits jede Schwäche und Inkonsequenz des Menschen rigoros ausnutzt, aber jegliche Zusammenarbeit verweigert oder sich verunsichert zurückzieht, wenn man ihn zu hart anfasst. Dem Ausbilder muss es also gelingen, den Hund konsequent, streng und zielstrebig zu erziehen, dabei aber sehr einfühlsam zu sein und nie zu versuchen, die Fantasie und Selbständigkeit, Initiative und Individualität des Welsh zu zerstören, denn nur so wird er einen Gehilfen haben, der bei der Jagd im Bedarfsfalle ganz eigene, intelligente Lösungen für Probleme findet.

Ein Welsh Springer, der später im Revier arbeiten soll, muss nicht nur schon im zarten Welpenalter an seine Aufgabe herangeführt werden, sondern gleichzeitig andere Vorbereitungen erfahren. Da die Rasse nämlich oft recht introvertiert und zurückhaltend gegenüber unbekannten Situationen, Personen und Artgenossen ist, muss der Prozess der Sozialisierung schon mit 4-5 Wochen beim Züchter beginnen und vom neuen Besitzer gezielt fortgesetzt werden. Möchte man eines Tages einen Welsh haben, der selbstsicher aber freundlich zu Fremden, absolut verträglich aber nicht unterwürfig zu Artgenossen, wachsam im Heimterritorium aber nie aggressiv ist, muss also schon der Welpe viel kontrollierten Kontakt mit Seinesgleichen und anderen Menschen bekommen und an unterschiedliche Umweltsituationen gewöhnt werden.
Praktisch alle Züchter weisen darauf hin, dass der Welsh Springer nicht im Zwinger gehalten werden kann; er braucht den ständigen Kontakt zu seinen Menschen, was aber kein Problem darstellt, da er im Haus ein sehr fröhlicher Mitbewohner ist, dem daran liegt, nicht aus dem Alltagsleben seines Herrn ausgeschlossen zu sein.
Anders als beim English Springer gibt es beim Welsh (noch) keine deutliche Trennung in Schönheits- und Leistungszucht; jeder WS aus verantwortungsvoller Zucht bringt die rassetypischen Jagdanlagen mit - und eine enorme Energie. Verbunden mit der sehr feinen Nase und dem ausgeprägten Beutetrieb, sprich dem Willen, der Spur des Wildes zu folgen, braucht dieser Hund täglich mindestens zwei Stunden freien Auslauf und entsprechende Beschäftigung in Form von Ausbildung (Welpe) und Training (erwachsener Hund). Das macht den aufgeweckten Welsh Springer Spaniel allerdings zum idealen Partner jenes Jägers, der seinen Vierbeiner nicht nur gelegentlich „benutzen“ will, sondern wirklich Freude an der Arbeit mit dem Hund hat, und hier wird er eine freudige Überraschung erleben.

Der Welsh, ruhig und unauffällig im Haus, ist draussen nämlich ein echtes Powerpaket, kann stundenlang laufen ohne zu ermüden, und macht jede Form abwechslungsreicher Beschäftigung begeistert mit. Er kann, ausserhalb der Jagdsaison und als Training dafür, Felldummys bis zur Grösse und dem Gewicht eines Hasen und natürlich getrocknetes Federwild im Gelände suchen und apportieren, er kann Schleppen arbeiten und das Objekt bringen, er kann mit tiefer Nase Kunstschweissfährten verfolgen, denn die Suche ist seine Passion, er kann den Schwimm-Dummy aus dem Wasser bringen, und liebt als schneller und agiler Hund die freien Ausgänge im Wald und die Sprints über offene Wiesen, bei denen man auch immer wieder seinen Gehorsam am flüchtenden gesunden Wild perfektionieren kann. Nebenbei ist er der perfekte Begleiter beim täglichen Joggen oder Radfahren. Kurz: der Welsh Springer Spaniel ist ein workaholic, der Arbeit braucht und dabei seinen Einfallsreichtum, seine Intelligenz und typische Spanielfröhlichkeit zeigen wird.

Alle Fotos: Susanna Müller

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