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Kurzportrait


Der Erdelyi Kopo

 


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Der Erdelyi Kopo (Transsylvanische Bracke; Ungarische Bracke)
von Sabine Middelhaufe

Einst von ungarischen Königen und Edelmännern als zuverlässiger Gehilfe bei der Jagd auf Hochwild und Raubtiere wie Bären, Wölfe und Luchse in den Karpaten hoch geschätzt, fiel ein beträchtlicher Teil der Erdelyi Kopo Population in der zweiten Hälfte des 20. Jh. einem Erlass der rumänischen Regierung zum Opfer, die ihn als "Symbol der ehemaligen ungarischen Besatzungsmacht" auszurotten versuchte. Heute geniesst der Kopo in Ungarn und Teilen des angrenzenden Rumäniens eine langsam wieder zunehmende Verbreitung als auf Saujagd und Schweissarbeit spezialisierte Bracke; im Ausland war die Rasse bis vor wenigen Jahren praktisch unbekannt.
Ende des 9. Jhs., wanderte das Reitervolk der Magyaren über die Ostkarpaten in Gebiete des heutigen Ungarns ein und liess sich etwa 100 Jahre und viele Schlachten später im Karpatenbecken nieder, das Transsylvanien (ungar.: erdély), also Siebenbürgen, einbezog.
Die Laufhunde, die die Magyaren mitbrachten verpaarten sich vorurteilslos mit den bereits ansässigen Artgenossen und ihre Nachkommen, Pannonische Spürhunde genannt, wurden später vermutlich ihrerseits mit ähnlich veranlagten Bracken aus weiter nördlich gelegenen Gebieten Osteuropas gekreuzt.


Oben: Corvus Bársony Borostyán (Foto: Eszter Balogh).
Titelfoto: Bükkaljai Vadűző Basa (Foto: Eszter Balogh).

Was schliesslich entstand war ein Hundeschlag, der perfekt an die extremen Lebensbedingungen seiner Heimat angepasst war, die nicht nur mit harten, äusserst schneereichen Wintern und schwül heissen Sommern aufwartete, sondern die Jagd in den Karpaten auch durch das kaum zugängliche, stark und dicht bewaldete Gebirgsgeländes noch erschwerte.
Um in solchen ausgedehnten Urwäldern eines vielfach tückischen Gebirges ganzjährig erfolgreich arbeiten zu können, mussten die Hunde nicht nur die körperlichen Voraussetzungen mitbringen, nämlich Resistenz gegen Hitze, eisige Kälte und Nässe, hervorragenden Geruchssinn, Orientierungsvermögen, Geschicklichkeit und genügend Energie, um stundenlang ausdauernd und schnell ihr Wild suchen und vorwärts treiben zu können, sondern ebenso nötige Anlagen wie Beutetrieb, Selbstsicherheit, um sich in jagdlichen Situationen auch weit von ihrem Meister entfernt unabhängig und intelligent zu verhalten und gute, deutliche Stimme, die den berittenen Jägern des Mittelalters den Verlauf der Jagd deutlich mitteilte.


Erdelyi Kopo Familie. ( Foto: Eszter Balogh )

Dass die Urahnen des Erdelyi Kopo ihre Aufgabe perfekt erfüllten, lässt sich aus der Tatsache erkennen, dass sie über Jahrhunderte von den ungarischen Königen und Adligen für die damals sehr häufig betriebene Jagd auf Bären, Luchse und Wölfe, aber auch Bison, Hirsche und Sauen in den Karpaten geschätzt waren.
Die Kopo Kennerin und Züchterin Eszter Balogh schreibt: "Die Jagd mit Bracken war bis Mitte des 19. Jh. eine der verbreitetsten Jagdmethoden in Ungarn (...), sie war in Wild armen Bergregionen erlaubt und es durften nicht mehr als drei Hundegruppen eingesetzt werden. Zur Jagd wurden die Schützen an den Wildwechseln aufgestellt, und dann liess der Hundeführer seine besten, erfahrensten Hunde los. Sobald der erste von ihnen seinen Spurlaut abgab, wurden auch die übrigen Bracken abgeleint. An den Stimmen seiner Hunde erkannte der gute Jäger genau, welche Art Wild die Bracken jagten und ob die Hunde auf einer warmen oder kalten Fährte waren."
Ebenfalls als dem Pannonischen Spürhund entwickelte sich durch Vermischung mit lokalen Hundeschlägen übrigens auch der Slowensky Kopov, die Brandlbracke und eine zweite Variante des Kopo. Während dessen hochläufige Form (modernes Standardmaß: 55-65 cm) für grosses und unter Umständen sehr wehrhaftes Wild verwendet wurde, züchtete man diese zweite, niederläufige Form (ca. 45-50 cm Widerristhöhe), gezielt für die Jagd auf kleineres Wild im Flachland, so etwa Hasen und Füchse, aber auch auf Gämse in den Bergen.


Ficánka
und Füstös beim Spiel. ( Foto: Eszter Balogh )

Doch wie überall in Europa forderte die sich ausbreitende Besiedlung und zunehmende agrarwirtschaftliche Nutzung des Landes auch in Ungarn ihren Tribut von der Natur, vom Wild und damit vom Jäger und seinem Hund.
Der elegante, athletische schwarz-lohene Kopo wurde mehr und mehr zum Spezialisten für die Jagd in den extrem schwierigen Karpatenregionen, und wie viele Bracken- bzw. Laufhunderassen verlor auch er, der bis dahin in seinen beiden Formen in Ungarn sehr verbreitet gewesen war, im Laufe des 19. Jh. zunehmend an Bedeutung und galt zu Anfang des 20. Jh. in seiner hochläufigen Variante schon als recht selten, während die niederläufige Rasse faktisch aufgehört hatte zu existieren.
Obwohl man schon 1886 im Ungarischen Brackenregister eine eigene Seite für den Kopo eingerichtet hatte, begann die tatsächliche Eintragung erst rund 20 Jahre später, wurde durch den 1. Weltkrieg aber rasch wieder unterbrochen.


Lana
zeigt den athletischen, eleganten Körperbau des Kopo.

Immerhin erholte sich die Kopo Population zwischen den beiden Kriegen so weit, dass der Erdelyi in Ungarn als beliebter Jagdhund angesehen wurde. Das änderte sich nach den bedeutenden sozialen und politischen Veränderungen am Ende des 2. Weltkriegs völlig. Ungarn erlitt beachtliche Verluste an seinem nationalen Territorium, und die rumänische Regierung erklärte den Erdelyi Kopo 1947 zu einer "schädlichen, die Wildbestände bedrohenden Rasse" oder, wie andere es interpretierten, zum "Symbol der ehemaligen ungarischen Besatzungsmacht", und so fielen viele der noch vorhandenen Nachkommen der Bracken früherer Könige der politischen Propaganda zum Opfer.
Ein Kopo Geschwisterpaar wurde Ende der 60er Jahre im Auftrag des Budapester Zoos von Tamás Fodor und Lajos Győrffy aus Transsylvanien nach Ungarn geschmuggelt, wo engagierte Liebhaber der Rasse 1968 die mühsame Arbeit begannen, den Erdelyi Kopo nicht nur vorm Aussterben zu bewahren, sondern unter Verwendung weiterer, aus Rumänien geholter Hunde, einen kleinen, reinrassigen Zuchtstamm zu schaffen, der die erneute Verbreitung und Anerkennung der Transsylvanischen Bracke als hervorragendem Gebrauchshund sichern sollte.
Ebenfalls 1968 erkannte die FCI den Erdelyi Kopo als eigenständige Rasse mit Ungarn als seinem Ursprungsland an.


Der ausdrucksvolle Kopf eines Erdelyi Kopo, Bükkaljai Vadűző Basa ( Foto: Eszter Balogh )

Heute, fast 45 Jahre später, darf man grundsätzlich sagen, dass die Rettung des Kopo erfolgreich war, auch wenn bei einer Population von etwa 1000 reinrassig gezüchteten Hunden (in Ungarn) und rund 90 Welpeneintragungen pro Jahr natürlich notwendig ist, dass die Rasse weiterhin wächst und dem betreuenden Verein, MEOE Erdélyi kopó klub, ist zu wünschen, dass die brillante jagdliche Arbeit der Kopos künftig viele Jäger für diese Bracke gewinnen wird.
Obwohl die Mehrheit der Rasse natürlich in Ungarn und Rumänen lebt, gibt es eine wachsende Zahl von Haltern auch in Tschechien, Italien, Deutschland, Holland, Belgien und Nordamerika.
So wichtig die rein jagdlichen Qualitäten eines Hundes für seinen praktischen Einsatz sind, so wird doch der moderne Jäger auch dem Charakter seines vierläufigen Gehilfen Bedeutung beimessen.


Lana
als drei Monate junger Welpe.

Wie viele Laufhunde ist der Kopo bei der Arbeit ein Profi und entsprechend hart im Nehmen, daheim hingegen ein ruhiger, freundlicher und relativ anschmiegsamer Hausgenosse. Besonders eng bindet er sich natürlich an den Menschen, der ihm zur Befriedigung seiner jagdlichen Anlagen verhilft und ist ein gutmütiger, loyaler Gefährte auch der übrigen Familienmitglieder.
Eine ganz andere Seite zeigt er freilich gegenüber Fremden, denn nicht zufällig wird er in seiner Heimat auch als zuverlässiger Wachhund geschätzt, der in Haus und Garten ein ausgeprägtes Territorialverhalten zeigt und sehr genau zwischen einer ernsten Bedrohung seines "Reichs" und seiner menschlichen Familien und einem Spass zu unterscheiden weiss.
Das heisst keineswegs, dass der Erdelyi Kopo aggressiv und gefährlich ist, sondern nur, dass er Unbekannte zunächst einmal mit einem gewissen Misstrauen bedenkt und das Urteil seines Herrn abwartet, ob der Fremde willkommen ist oder nicht. Dies geklärt wird er sich dem Gast allmählich öffnen und vielleicht auch selbst Kontakt zu ihm suchen, aber möge es niemand persönlich nehmen, wenn der Kopo eine gewisse Reserviertheit beibehält, denn es gehört zu den Eigenschaften vieler Brackenrassen, dass sie nur bedingt Interesse an der Interaktion mit fremden Menschen haben - sie sind eben nicht als Familien- und Sporthunde konzipiert, sondern als ernsthafte, sehr unabhängig arbeitende Gebrauchshunde.

Typvolles Profil eines Erdelyi Kopo Rüden, Bükkaljai Vadűző Basa ( Foto: Eszter Balogh )
Bei der Jagd oder im neutralem Gebiet ist der Erdelyi mit unseren und seinen Artgenossen normalerweise freundlich und gelassen. All dies erklärt jedoch einmal mehr den Rat von erfahrenen Züchtern wie Eszter Balogh, einen Kopo Welpen nur gut sozialisiert zu erwerben und ihn schon in den ersten Monaten gezielt und ermunternd an all die Lebewesen und Umweltsituationen heranzuführen, mit denen er später koexistieren bzw. fertig werden muss.
Zu den viel gelobten Charakteristiken der Transsylvanischen Bracke gehört auch ihre gute Ausbildbarkeit, hohe Lernfähigkeit und Bereitschaft zum Gehorsam. Leider führt diese Aussage oft zu Missverständnissen, wenn man den eigentlichen Bezug übersieht: den Jagdeinsatz. Man muss also unterstreichen, dass sich der Erdelyi gut für seine Funktion als Bracke und Nachsucher ausbilden lässt, äusserst begabt darin ist, seine Umwelt- und Jagderfahrungen sinnvoll auch in unerwarteten Arbeitssituationen anzuwenden und seinem Führer den gebührenden "Bracken-Gehorsam" entgegen bringt, der natürlich nicht mit dem zackigen Parieren eines deutschen Vorstehhundes oder dem braven Fussgehen, Sitz und Platz machen etc. der reinen Begleithunderassen verwechselt werden sollte!
An dieser Stelle darf man sicher den Satz wiederholen "Bracken sind Problemlöser, keine Befehlsempfänger!"

Viel Auslauf und sinnvolle Arbeit braucht der Kopo.
Das sollte vor allem bedenken, wer mit seinem Kopo gern Waldspaziergänge unternehmen möchte. "Wer Wanderungen und Exkursionen im Wald liebt," sagte Eszter Balogh, "sollte sich bewusst sein, dass es wegen des Hatztriebes des Kopo nicht ratsam wäre, ihn dort ohne Kontrollmöglichkeit laufen zu lassen, und insbesondere muss man aufpassen, dass der Hund nicht zur fieberhaften Verfolgung ansetzt, sobald er Wild aus den Büschen aufspringen sieht."
Erfreulich simpel sind hingegen die Ansprüche des Kopo in Sachen Haltung, denn, täglich genügend Auslauf und angemessene Beschäftigung vorausgesetzt, kann man ihn problemlos in Haus oder Wohnung halten, zumal er ausserhalb des Fellwechsels im Frühjahr und Herbst durch gelegentliches Bürsten rasch zu säubern ist.

Foto 5, 7, 9: Christiane Marmulla; 1-4, 6, 8: © Bükkaljai Vadűző kennel Eszter Balogh

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