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Der Deutsch Langhaar

 


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Der Deutsch Langhaar
Von Sabine Middelhaufe

Während Deutsch Kurzhaar und Deutsch Drahthaar heute in Jagdrevieren rund um den Globus zuhause sind und als Gebrauchshunde grösste Wertschätzung geniessen, ist der Deutsch Langhaar selbst in seinem Ursprungsland weit weniger verbreitet und nie in vergleichsweisen Zahlen exportiert worden. Das liegt sicher nicht an unzureichenden Leistungen, sondern vielleicht eher an seiner ruhigen und bedächtigen Art, die ihm schon früh den Spitznamen "Deutsch Langsam" einbrachte und in unserer hektischen Zeit nicht unbedingt zu jedem Waidmann und Revier passt.
Für viele Hunderassen kann man die Existenz sehr ähnlich aussehender, hypothetischer Vorfahren anhand schriftlicher Quellen und vor allem mittels Gemälden nachweisen. So auch beim Deutsch Langhaar, denn schon auf mittelalterlichen Abbildungen wurden Hunde dargestellt, die ihm im Exterieur durchaus nahe kommen. Freilich begann die auf geplanter Selektion beruhende Zucht von Hunden im grossen Stil, die schliesslich genau definierte Rassen hervorbrachte, erst etwa in der zweiten Hälfte des 19. Jh. und ging von Grossbritannien aus, wo man diese neue Methode der kontrollierten Verpaarung ausgewählter Tiere gerade erfolgreich beim Nutzvieh erprobt hatte.

Oben und Titelbild: Deutsch Langhaar in Italien. Foto: Rossella Di Palma

Der Prototyp des Deutsch Langhaar jener Zeit war ein recht grosser, eleganter, eher im Rechteck stehender Hund mit kräftigem Kopf. Sein Charakter wurde als stur und eigenwillig beschrieben und entsprechend unführig war er oft. Seine Bereitschaft, bei jedem Wetter unbeeindruckt von Kälte und Nässe bedächtig aber hartnäckig seine Arbeit unter der Flinte auszuführen brachte ihm allerdings zahlreiche Anhänger ein.
Die gezielte Zucht des Langhaar hob im Anschluss an die erste deutsche Hundeausstellung 1878 in Frankfurt im folgenden Jahr an und basierte auf fünf Zuchtstämmen, die ihr Genmaterial wiederum von jenen Rüden bezogen, die als für die Zucht wertvoll und dem Ideal der Rasse entsprechend bewertet worden waren.
Der erste dieser Rüden war Mylord, ein recht hochbeiniger, schmalbrüstiger Hund, der zwar sehr schnell aber wenig ausdauernd war. Entsprechend staunte man über die hervorragenden Anlagen seiner Nachkommen. (Hier sei erinnert, dass man bei der Zucht nach englischem Vorbild nur die Deckrüden gezielt aussuchte, den Hündinnen aber allenfalls sekundäre Bedeutung beimaß, was aus heutiger, genetischer Sicht natürlich Unsinn war, da die Mutter ja auch 50% der Gene ihrer Welpen liefert.) Mylord kam die Rolle zu, als erstes Beispiel eines Standard gemäßen Langhaar präsentiert zu werden.

Aiko vom Bussardhof, 7 Wochen alt. (Z., Bes. u. Foto: Gerhard Rotheneder, Österreich)

Der zweite Rüde war ein Kalcksteiner, so genannt nach seinem Züchter, Herrn von Kalckstein, schneller und antriebstärker als die damals üblichen Langhaar.
Job I. gab zwar dem dritten Zuchtstamm seinen Namen, wurde aber vor allem als Grossvater von Commodus bekannt, der bei der ersten Prüfung für Jagdhunde 1890 in Münster einen erwachsenen Fuchs tötete und gleichzeitig als einer der schönsten Langhaar seiner Zeit galt.
Der Don-Stamm zeichnete sich äusserlich vor allem durch schöne, typvolle Köpfe, hervorragendes Haarkleid, mittelgrosses, kraftvolles Gebäude und jagdlich durch exzellente Nase, effektive wenngleich bedächtige Arbeitsweise aus.
Bei der ersten Jagdhundeprüfung wurde auch Roland I., Begründer des gleichnamigen Zuchtstammes, präsentiert, der dank langer Läufe, tiefer Brust und elegantem, schlankem Bau mit seiner schnellen, weiten Suche beeindrucken konnte, die, so heisst es, ihm in Verbindung mit seinem überragenden Geruchssinn half, auch dort noch Wild zu finden, wo die anderen Hunde versagten.

Oben: Langhaar, seine Widerristhöhe liegt zwischen 60 und 66 cm. Foto: Rossella Di Palma
Unten: Grosser Münsterländer. Foto Ilona Janssen.

In den ersten drei Dekaden waren die erlaubten Farben des Langhaar Braun, Braunschimmel und Braun-Weiss sowie Schwarz, Schwarzschimmel und Schwarz-Weiss. 1908 wurde Schwarz dann als unerwünscht verboten und die Züchter und Anhänger dieser Farbe spalteten sich ab um 1919 den Verein für die Reinzucht des langhaarigen, großen, schwarzweißen Münsterländer Vorstehhundes zu gründen; 1936 formulierten sie einen ersten eigenen Rassestandard.
Anders als etwa beim Deutsch Kurzhaar, der Schwarz, Schwarzschimmel und Schwarz-Weiss als Farbschlag beibehielt, konnten beim Langhaar also all jene Hunde, die zwar eindeutig zur Rasse gehörten, jedoch die nun unerwünschte Farbe trugen, nur noch unter einem neuen Namen und mit eigenem Zuchtbuch weiter existieren.
Ein erster Zusammenschluss von Deutsch Langhaar Züchtern, vorwiegend aus Westfalen und dem Rheinland, erfolgte schon 1893 im Club Langhaar. 4 Jahre später vereinten sich die Züchter aus den anderen Gegenden Deutschlands im Verein-Deutsch-Langhaar, mit Sitz in Berlin. Doch erst dank der Gründung des Deutsch-Langhaar-Verbandes (DLV) 1926 schlossen sich alle Züchter in einer gemeinsamen Vereinigung zusammen, die die Rasse bis heute betreut.

Welpen vom Bussardhof. (Z. u. Foto: Gerhard Rotheneder, Österreich)

Mit einer seit langem sehr konstanten jährlichen Zahl von rund 650 Welpen, hat der Langhaar in Deutschland zwar nicht die numerische Repräsentation des Kurzhaar (ca. 1400 Welpen/Jahr) oder des Drahthaar (ca. 3500 Welpen/Jahr), doch liegt Quantität auch gar nicht unbedingt im Interesse des DLV, der über die Qualität seiner Hunde sagt:"... von keiner Vorstehhundrasse wird ein so hoher Prozentsatz der gezüchteten Hunde auf den Anlagenprüfungen des JGHV geführt, wie beim DL. Nur bei einer Zucht nach der Bedarfssituation der Jägerschaft ist dieses Ziel erreichbar. Jeder Wurf zu viel führt zweifellos zur Abgabe der Welpen an ungeeignete Führer."

Deutsch Langhaar in Italien. Foto: Rossella Di Palma

Denn, und auch das wird ausdrücklich erwähnt, der Deutsch Langhaar ist kein Jagdbegleithund sondern wird seit jeher ausschliesslich für den Jagdgebrauch gezüchtet, wo gesunde und erbgesunde Tiere beiderlei Geschlechts mit deutlicher Jagdpassion, den nötigen Anlagen für die Laute Jagd, ausreichend Wildschärfe, guten Nerven und damit einem ruhigen, ausgeglichenen Wesen erforderlich sind.
In diesem Zusammenhang darf natürlich der 2001 vom DLV beschlossene Auszuchtversuch nicht unerwähnt bleiben, bei dem drei speziell dafür ausgewählte Langhaar Hündinnen mit zuchterprobten Deutsch Kurzhaar Rüden verpaart wurden, um deren Nachwuchs dann bis zur dritten Filialgeneration - allerdings ausserhalb der Gesamtpopulation der Rasse - versuchsweise weiter reproduzieren zu lassen. Warum? Solche "Kreuzungen" sind in der offiziellen Rassehundezucht in der Regel nicht erwünscht und werden mit Argwohn betrachtet. Tatsächlich aber ist eine kontrollierte Fremdblutzufuhr sehr vernünftig, denn der Inzuchtkoeffizient steigt praktisch bei jeder reingezüchteten Rasse mit geschlossenem Zuchtbuch ständig und stetig an. Je zunehmend enger die Verwandtschaft der Hunde innerhalb einer Rasse jedoch wird, desto grösser wird auch die Wahrscheinlichkeit, die negativen Auswirkungen des sich verringernden Genpools zu finden: bestimmte Erbkrankheiten, Unfruchtbarkeit, höhere Welpensterblichkeit und dergleichen.

Deutsch Langhaar in Italien. Foto: Rossella Di Palma

Der Auszuchtversuch des DLV sollte also nicht (schon gar nicht hämisch) als Eingeständnis mangelhafter Qualität der gegenwärtigen Population missverstanden werden, sondern als weitblickende Vorsorge für eine auch künftig gesunde Rasse. Deshalb wäre es wünschenswert wenn die (erbgesunden) Tiere dieses Versuchs wirklich Zugang zur weiteren Langhaar Zucht fänden und Auskreuzungen in Rassehundekreisen endlich salonfähig würden - zumal es sicher besser ist, offiziell und mit Verstand neues Erbmaterial einzubringen, als bloss wegzuschauen, wenn einem Züchter mal der "Unfall" geschieht, dass ein Wurf nicht (nur) reinrassig ist...
Eine weitere Präventivmaßnahme des DLV gegen die Reduzierung des Genpools beim Langhaar besteht übrigens darin, dass auch die besten Rüden Zeit ihres Lebens nur 12 Mal zum Decken verwendet werden dürfen (Deckakte im Ausland inbegriffen).

Aiko vom Bussardhof, 7 Wochen alt. (Z., Bes. u. Foto: Gerhard Rotheneder, Österreich)

Obwohl der Deutsch Langhaar wie eingangs erwähnt im Ausland nicht die Verbreitung des Kurz- und Drahthaar geniesst, ist er dort keineswegs völlig unbekannt. In den USA etwa wurde die Deutsch Langhaar Gruppe Nordamerika gegründet, die sich strikt an die deutschen Zuchtvorschriften- und ziele hält, um den Langhaar als Jagdgebrauchshund nach deutschem Muster zu erhalten und ihn nicht zu "amerikanisieren".
Dasselbe kann man von Grossbritannien vermutlich nicht sagen. Dort wurde 1996 der German Long Haired Pointer Club ins Leben gerufen, der sich dafür einsetzte, dass die Rasse 2006 schliesslich vom britischen Kennel Club anerkannt wurde. Ob die Erfolge des "German Longhair" bei dortigen Field Trials und vor allem bei Schönheitsausstellungen unbedingt im Sinne des DLV sind, scheint mir allerdings zweifelhaft. Ausserdem weisen Skeptiker darauf hin, dass der Deutsch Langhaar und der German Longhair längst zwei völlig verschiedene Rassen geworden sind.
Weitere Vertretungen der Rasse, die auch vom DLV anerkannt sind befinden sich in Holland, Dänemark, Norwegen, Finnland, Schweiz, Österreich und der Tschechischen Republik. In Italien leben bisher nur einige vereinzelte Deutsch Langhaar, die jedoch mit grossem Erfolg jagdlich eingesetzt werden.

Text (c) 2011

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