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Der Pudelpointer

 


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Der Pudelpointer
Von Sabine Middelhaufe

Obwohl der rauhaarige Pudelpointer an der Entstehung des Deutsch Drahthaar mitgewirkt hat, gibt es ansonsten keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen zwischen ihm und den anderen deutschen Vorstehhunderassen, denn er ist völlig unabhängig von diesen durch die Kreuzung des Pointers mit Pudeln entstanden und auch im Laufe seiner Geschichte - zumindest in der BRD - nie mit anderen Rassen vermischt worden. In seinem Leistungsprofil entspricht er vollauf den Forderungen des deutschen Jägers nach einem vielseitig verwendbaren Gehilfen, der problemlos in Feld, Wald und Wasser eingesetzt werden kann.
Wer je auf einer Hundeausstellung die aufwendig frisierten Pudel mit ihrem ebenso akurat wie bizarr zurecht getrimmten Fell gesehen hat, wird Mühe haben sich vorzustellen, dass Pudel im frühen Mittelalter aus rauhaarigen Schäferhunden und kurzhaarigen Bracken entstandene Vielgebrauchshunde sind, die, weil hart im Nehmen, sehr intelligent, wetterunempfindlich, leicht ausbildbar und äusserst führerbezogen ebenso erfolgreich beim disziplinierten vorwärts Treiben der Schafherden eingesetzt wurden wie, dank ausgezeichneter Nase, Finderwillen, Fährtentreue und ausgeprägter Wasserfreude zum Aufspüren und Verfolgen von Wild in Dickicht und Wasser.

Oben: Pointer (Foto: C. Dill) Titelbild: Ulf vom Geweberwald.

Der 1800 in England offiziell so getaufte Pointer auf der anderen Seite ist seit jeher als eleganter, schneller, weitsuchender, enorm feinnasiger Feldspezialist bekannt, und es mag einigermaßen verwundern, dass man ausgerechnet diese beiden so unterschiedlichen Rassen miteinander verkreuzte.
Dabei muss man freilich bedenken, dass Rassehunde im Sinne reingezüchteter Tiere mit standardisiertem äusseren Erscheinungsbild und Arbeitsmerkmalen eine relativ moderne Erfindung sind, denn bis etwa Mitte des 19. Jhs. musste ein Gebrauchshund vor allem eines sein: brauchbar für seine Funktion nämlich, und dies nicht nur ein paar Mal im Jahr anlässlich einer Vorführung oder Prüfung, sondern jeden Tag im harten praktischen Einsatz. Und es war diese Brauchbarkeit die als Konsequenz die äusseren Merkmale wie Grösse, Beweglichkeit, Haarart, Stimme usw. diktierte.
Ein Jagdhund brauchte nicht den ästhetischen Vorstellungen seines Züchters zu entsprechen, sondern musste dauerhaft den Ansprüchen seines Führers im Jagdbetrieb genügen. Folgerichtig verpaarte man ohne weiteres Hunde mit völlig unterschiedlichem Aussehen, wenn diese hervorragende Leistungen auf dem selben Gebiet erbrachten.
Da schon Anfang des 19. Jhs. die Mischlinge aus dem multi-tasker Pudel und dem "mono-funktionellen" Jagdhund gelobt wurden, darf man vermuten, dass solche Kreuzungen bereits im voran gegangenen Jahrhundert recht häufig betrieben wurden. Als dann der Vorsteher der Superlative, also der englische Pointer, in Deutschland Furore machte, ist leicht nachvollziehbar, dass Züchter nun ebenfalls versuchsweise Pointer und Grosspudel verpaarten.

Lola ze Stazistskych lesu.

Sicher erwähnenswert ist, dass der überall in Europa und Amerika verbreitete Pudel auch im Ausland gern mit anderen Rassen gekreuzt wurde, und dies nicht nur wegen seiner überdurchschnittlichen Intelligenz, Begeisterung fürs Wasser und Bringfreude, war er doch obendrein ein laut jagender Stöberer mit ausgeprägtem Spurwillen und Raubwildschärfe.
Ein gelungenes Beispiel für die Paarung von Pudel und Pointer ist etwa der in England geschaffene Curly Coated Retriever.
In Deutschland allerdings suchte man nicht einfach einen neuen Apportierer, denn schon gegen Mitte des 19. Jhs. sah es düster aus um die damaligen nationalen Vorstehhundeschläge, die nach Einschätzung der kynologischen Experten jener Zeit zu langsam, zu phlegmatisch, zu triebschwach geworden waren und selbst in puncto Suche und damit verbunden der Nasenleistung zu wünschen übrig liessen.
Der grosse deutsche Jagdkynologe Sigismund Freiherr von Zedlitz und Neukirch (1838-1903), besser bekannt unter seinem Pseudonym "Hegewald", kam wohl mehr zufällig in den Besitz zweier Kreuzungsprodukte aus Pudel und Pointer, deren Arbeitsqualitäten ihn jedoch so überzeugten, dass er sich nun gemeinsam mit seinem Freund Carl Rehfus alias "Oberländer" für die gezielte Verpaarung der beiden Ausgangsrassen stark machte.
1881 wurden in Wolfsdorf die ersten "geplanten" Pudelpointer Welpen geboren. Eltern waren eine schwarze Pudelhündin und ein braun-weisser Pointer und ihre Nachkommen wurden als sehr viel versprechend beurteilt.

Dingo vom alten Rennplatz

Zwecks systematischer Zucht schuf man nun neun verschiedene Ausgangsstämme, beruhend auf acht schwarzen und einem braunen Pudel sowie ausschliesslich weiss-braunen Pointern.
Hegewald und seine Mitstreiter waren freilich versiert genug, die ersten Mischlingswelpen und ebenso die nächsten Generationen nicht sofort untereinander, sondern zunächst erneut mit weiss-braunen Pointern zu verpaaren, wodurch sie den natürlichen "Bastardierungseffekt" voll ausnutzen konnten, d.h. immer wieder Welpen erzielten, deren genetisch bestimmte Eigenschaften jene der Eltern im positiven Sinne weit übertrafen. Bevor individuelle Hunde in die weitere Zucht einbezogen wurden, mussten sie natürlich ihre jagdlichen Fähigkeiten unter Beweis stellen, denn optimale Brauchbarkeit im Jagdbetrieb bei korrektem Körperbau und gutem Haar war von Anfang an höchstes Ziel der Selektion.
So erreichte man recht bald den von Hegewald gewünschten rauhaarigen, braunen Hund mit der Morfologie eines kräftigen Pointers aber den jagdlichen Qualitäten beider Rassen.
1897 wurde, Oberländers Aufforderung folgend, der Verein der Pudelpointer-Züchter (später umbenannt in Verein Pudelpointer) gegründet, womit endlich ein Klub zur Verfügung stand, der die Geschicke der neuen Rasse lenken konnte.
Erst in den 1920er Jahren ging der Verein übrigens zur Reinzucht über, kreuzte jedoch im Abstand von mehreren Jahrzehnten immer wieder begrenzt und kontrolliert Pointer ein.

Emma vom Schnepfeneck

Sehr nachteilig für die Weiterentwicklung der Rasse erwies sich die Teilung Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg, da die Mehrheit der Züchter nun in der DDR lebte, fast keinen Austausch mehr mit den bundesdeutschen Kollegen hatte und für das Fortbestehen ihrer PP zwangsläufig auf Rassevertreter aus der Tschechoslowakei zurück greifen musste, und ausser Pointern auch gelegentlich Deutsch Drahthaar Rüden in die Zucht aufnahm. Seit der Wiedervereinigung sind PP mit Deutsch Drahthaar Vorfahren allerdings von der Zucht ausgeschlossen bzw. ihre Welpen bekommen keine Ahnentafel des Vereins.
An dieser Stelle sei ein kurzer Abstecher zum Thema Hundezucht gestattet, bei dem uns der PP als gutes Beispiel dienen kann.
Reinzucht ist für viele heutige Rassehundezüchter- und besitzer eine Art Zauberwort, wenn nicht gar ein Allheilmittel. "Rein" ist pur, ist gut, ist wertvoll und das Gegenteil von "unrein", gepantscht, zweifelhaft und das, wofür man kein Geld ausgeben würde.
Der reinrassige Hund ist was man sich wünscht, der Bastard eben nur das: ein Bastard.
Und so man nur immer fort Reines mit Reinem verpaart, müssen doch notwendigerweise reine, gesunde, wunderbar veranlagte Welpen dabei heraus kommen, oder?
Wenn Rassevereine sich als Befürworter und Praktizierende von kontrollierten Auskreuzungen outen, ernten sie dafür unter Umständen eine Menge Spott, und die "Aktie" ihrer Rasse fällt bei den potenziellen Käufern vermutlich ganz rasant. Dies wohl in erster Linie, weil im Verständnis vieler Rassehundefreunde eben nur "rein" auch gut bedeutet.
Warum also gehen Klubs das Risiko ein, den Ruf ihrer Rasse zu "ruinieren"?
Ganz einfach weil die Rechnung rein + rein = gleich rein und gut nicht unendlich lange aufgeht; irgendwann ist die Zuchtbasis so gering, die einzelnen Hunde allesamt so eng miteinander verwandt, dass hinter dem Gleichheitszeichen steht: rein aber krank und untauglich. Je geringer die zahlenmäßige Verbreitung einer Rasse ist, desto schneller und drastischer machen sich die Wirkungen eines reduzierten Genpools bemerkbar.

Ulf vom Geweberwald.

Da Popularität aber nicht zwangsläufig etwas über die Qualität aussagt, ist nicht einzusehen, wieso man Rassen aussterben lassen sollte, bloss weil nur relativ wenige - in unserem Falle Jäger - sie einsetzen. Um indes auch bei einer jährlichen Zuwachsrate von vielleicht nur 400, 500 Welpen weltweit eine massive Inzuchtdepression zu vermeiden, ist die Auskreuzung ein unbedingt sinnvoller Schritt. In Bezug auf den PP wurde das schon in der Vergangenheit immer wieder durch Rückkreuzungen mit Pointern getan. Eine weitere Möglichkeit besteht ausserdem in der Schaffung völlig neuer Zuchtstämme, d.h. wie die Begründer der Rasse vor 150 Jahren, kreuzt man moderne Pointer und jagdlich hervorragend veranlagte Grosspudel, die in keiner Weise mit heutigen Pudelpointern verwandt sein können, bis man Nachkommen erzielt, die wieder dem gewünschten Zuchtziel der Rasse entsprechen. Und genau so einen gross angelegten und kontrollierten Zuchtversuch begann der Verein Pudelpointer im Jahre 1990.
Ende 1998 fiel der letzte F2 Wurf und man begann vermehrt, diese Kreuzungsprodukte mit Hunden bestehender reinrassiger PP Linien zu verpaaren. Heute befinden sich Nachkommen dieses Zuchtversuchs in der regulären Zucht, entsprechen dem Standard des PP und zeigen, dass dieser aufwendige Weg über die Schaffung neuer Zuchtstämme eine erfolgreiche Möglichkeit darstellt, auch für die Zukunft den Genpool von Rassen mit kleiner Gesamtpopulation breit und gesund zu erhalten.
Ausser in der BRD hat der PP gegenwärtig vor allem in Österreich, der Tschechischen Republik und Kanada eine treue Anhängerschaft.

Ira vom Fürstenberg

Alle Fotos Heike Hauschnik
Text (c) 2012

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