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Erfahrungen mit dem


Pointer

 

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Erfahrungen mit dem Pointer
Von Angela Paltrinieri

Mein Abenteuer mit den Jagdhunden begann 2006 und mehr aus Zufall. Meine Kinder hatten inzwischen aus beruflichen Gründen oder wegen des Studiums das Haus verlassen, und also wollte ich mir zur Gesellschaft einen Hund anschaffen.
Es war mein Schwager, der mich Richtung Jagdhunde lenkte, und zwar mit der offen eingestandenen Absicht, sie dann später auch selbst bei der Jagd benutzen zu können.
So besuchten wir eines Tages gemeinsam den Wurf Setter eines Züchters, der sowohl English Setter als auch Pointer hielt. In einem der Zwinger entdeckte ich einen jungen Rüden, etwa ein Jahr alt, fast ganz weiss, mit sanften, Tabak farbenen Augen, der ganz allein in einer Ecke sass und mich freundlich und hoffnungsvoll anschaute. Um die Geschichte kurz zu machen: es war dieser Hund, den ich mit nachhause nahm. Kein Setter, sondern Neil, mein erster Pointer.
Sein offizieller Name lautet übrigens Air King Aviano, doch "Neil" schien mir passender für einen Pointer, und folglich taufte ich ihn so.
Mit Neil begann ich, lange Spaziergänge in den Kiefernwäldern und im Watt zu machen, wo der Rüde seine überschäumende Energie in langen Galopprennen los werden und seine jagdlichen Fähigkeiten nutzen konnte, in dem er Fasanen, Rebhühner, Bekassinen und Enten vorstand. Da ich keinen Waffenschein habe brachte ich Neil ohne Gewehr ans Wild, doch später nahm mein Schwager ihn richtig mit zur Jagd und natürlich begleitete ich die beiden dann.

Air King Aviano. genannt Neil

Im darauf folgenden Jahr, 2007, kam Bea zu uns, ein Welpe, der Neil Gesellschaft leisten sollte und tatsächlich sofort von ihm adoptiert und beschützt wurde. Die Kleine heisst eigentlich Beatrice, aber wir nennen sie alle Bea, und dabei wird's auch bleiben.
Bea ist im Haus aufgewachsen, so dass ich ihre Entwicklung genau verfolgen konnte, ihre Streiche und kleinen Untugenden miterleben und ich schätze, kein Hund könnte mehr auf mich bezogen sein als sie.
Im Gegensatz zu Neil, der ein recht hoch gewachsener Rüde ist, ist Bea viel zierlicher, aber gut gebaut, mit einem sehr typischen Kopf und Fang "von der Form eines Tellerrandes" wie Arkwright es beschreibt, sehr, sehr schnell und dynamisch.

Bea

Und dann zog schliesslich Sila bei uns ein, eine weitere Pointer Hündin, auch wieder weiss-orange und Halbschwester von Neil. Ich fand sie in einem Zwinger, wo sie unter disaströsen Bedingungen lebte, abgemagert und menschenscheu. Klar, dass ich sie mit nachhause nahm. Mit der richtigen Behandlung und viel Liebe hat sie ihre Panik beim Anblick von Menschen überwunden und die Begeisterung fürs Rennen, Toben und Jagen wiedergefunden.

Oben: Sila als Angela sie fand.
Unten: Sila später.

Als letzter Pointer Welpe kam, ebenfalls 2008, Ciucc (sprich: Tschuck) dazu. Sein Name bedeutet im Dialekt meines Geburtsortes "betrunken", weil er anfangs so einen seltsamen Gesichtsausdruck hatte, als wäre er halt ein bisschen betrunken.
Ciucc ist noch klein, gerade drei Monate alt, aber enorm lebhaft. Zusammen mit seinem Freund (oder besser gesagt: Komplizen) Chirone, meinem Bracco Italiano, richtet er alle denkbaren Arten von Disastern an und zerfleddert so ziemlich alles, was ihm unter kommt. Aber er ist ein so liebenswerter Schurke, dass ich kaum mit ihm schimpfen kann und das nutzt er natürlich weidlich aus.

Ciucc

Mein Leben ist mittlerweile völlig von meinen Hunden bestimmt, derer ich sechs habe, denn ausser den vier Pointern und Chirone ist da auch noch die Bracco Italiano Hündin Uva, sechs Monate jung, enorm anhänglich und total sympathisch.
Manchmal nimmt mein Schwager Neil mit zur Jagd; die anderen führe ich selbst, allerdings ohne Gewehr, und wenn sich die Gelegenheit ergibt, begleite ich mit ihnen auch mal einen befreundeten Jäger. Ich gehe oft mit der ganzen Bande raus, und es macht riesigen Spass zu sehen, wie sie bei der Suche nach Wild ihre Jagdleidenschaft abreagieren, in den Kanälen schwimmen, und bei Ebbe sogar Muscheln suchen. Wir haben das Meer hier in Lido delle Nazioni ja vor der Haustür, und alle sechs Hunde bemühen sich redlich, Venus- und Tellmuscheln zu finden, nach denen sie ganz verrückt sind und die sie praktisch vollständig auffressen, Schale plus Inhalt.

Oben: Sila, Bea und Neil.
Unten: Neil und Angela
.

Unten: Sila, Bea, Neil und Uva.

Neil ist der Bandenführer; er kümmert sich um die Welpen, beschützt sie und geht auf alle ihre Spiele ein. Er ist eben ein sehr pflichtbewusster Rüde und auch hervorragend für die Jagd geeignet.
Sila, die durch die schlimmen Erfahrungen mit ihrem ersten Besitzer ziemlich traumatisiert war, hat sich sehr eng an mich gebunden. Besonders verspielt ist sie nicht, sehr reserviert, aber für den praktischen Jagdeinsatz bestens veranlagt.
Bea, der echte "mein Hund", noch jung, überschwänglich und voller Lebensfreude kühlt ihr heisses Blut vor allem durch lange Galopprennen, denn sie ist wie gesagt extrem schnell.

Von Ciucc, dem dreimonatigen Nichtsnutz, kann man bisher nur sagen, dass er sympathisch, frech, halt ein normaler Welpe ist, den ich ganz und gar ins Herz geschlossen hab.

Neil und Bracca Italiana Uva.

Ich gehe praktisch jeden Tag mit den Hunden nach draussen; mal für ein paar Stunden, mal für etwas weniger, aber dass ich unsere Ausgänge ausfallen lassen muss, passiert nur selten. Ich bringe sie dann in Gebiete, wo sie Wild finden, was ihnen natürlich immensen Spass macht. Ausserdem spielen sie sehr viel miteinander und amüsieren sich im Wasser, das es hier ja überall gibt. Ich lasse sie auch in den Feldern frei laufen, damit sie ihre Rennen veranstalten können und geniesse es, den Elan dieser Pointer zu sehen, die sich frei entwickeln konnten. Ich hab die Erlaubnis, meine Hunde auch ausserhalb der Jagdmonate in mit Wild besetzte Zonen zu bringen, die Brut- und Setzzeit selbstverständlich ausgenommen. Wenn wir also nicht in die Felder gehen können, bringe ich sie an den Strand, der ausserhalb der Saison verlassen, riesig und frei ist.

Oben: Neil the boss.
Rechts: Neil und Bea

Ich bilde meine Hunde nicht regelrecht aus, sondern beschränke mich darauf, sie ans Wild heran zu führen und an den Rückruf zu gewöhnen, den sie sehr oft, freilich nicht immer, beherzigen.
Sehr positiv ist, dass die Hunde einen sehr weiten Aktionsradius haben, aber fest vorstehen und sekundieren, weil ihnen das Vorstehen eben im Blut liegt und sie das Sekundieren durch Nachahmung lernen. Alle lieben sie das Wasser und sind ausgezeichnete Schwimmer, und natürlich apportieren sie alles was sie dort erwischen können.

Oben: Bea apportiert im Alter von 70 Tagen ihre erste Bekassine.
Unten:
Sila, Bea und Neil.

Es ist schon interessant gleichzeitig zwei Jagdhunderassen zu haben, die in ihrem Temperament und Arbeitsstil so verschieden sind. Zwar hält sich jeder an seine rassebedingten Vorgaben, lernt aber auch vom anderen. Meine Bracchi suchen zum Beispiel sehr viel weiträumiger (als für die Rasse üblich), halten dabei aber immer ein sorgsames Auge auf mich. Die Pointer wiederum laufen, wie es ihrer Natur entspricht, sehr weit voraus, speziell wenn sie zu zweit arbeiten, und suchen das Wild dort, wo die Wahrscheinlichkeit fündig zu werden, am grössten ist. Sie haben aber von den Bracchi gelernt, dass man bei der Jagd lieber etwas näher bleibt, denn sonst verpasst man die Gelegenheit zu apportieren, was sie doch so lieben.

Oben: Sila
Unten: Neil

Der Charakter der Pointer ist sicherlich sehr "british" und viel weniger offenherzig als jener der Bracchi, wohingegen diese unheilbare "latinos" sind, die sehr an mir hängen und gar zu gern Liebesbekundungen annehmen und austeilen; eifersüchtig sind obendrein.
Ich brauche wohl nicht zu unterstreichen, dass ich sie allesamt mag wie sie sind und es für mich ein wahrer Genuss ist, ihnen zuzusehen, wie sie hier auf dem Lande ihre Leidenschaften ausleben, ein Bild der Freiheit und Freude.

Alle Fotos: Angela Paltrinieri

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