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Ein Teckel-Tag in Italien


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Ein Teckel-Tag in Italien
Von Sabine Middelhaufe

In Deutschland war der Dackel für viele Jahrzehnte ein Modehund, und wer in den 50ern und 60ern schon anwesend war, wird sich unwillkürlich an den Anblick älterer Herrschaften mit ihrem meist langhaarigen, meist übergewichtigen und oft leicht neurotischen Dackel erinnern.
Der erste lebende Hund, den ich als kleines Mädchen vor unserem Haus "ausführen" durfte, war ebenfalls ein Teckel, allerdings rauhaarig, und er blieb mir vor allem deshalb in Erinnerung, weil er nach dem Spaziergang meinen Foxterrier in Stücke riss. Einen mit Holzwolle gefüllten Foxl auf Rädern, wohlgemerkt. Aber für solche Spitzfindigkeiten hat man im Alter von 5 Jahren noch keinen Sinn, und Dackel waren mir fortan suspekt.
Natürlich wurde mir im Laufe der Zeit durchaus klar, dass Dackel auch ganz anders sein können, also weder verfettet, noch neurotisch, sondern formidable, ausdauernde und selbstsichere Jagdgebrauchshunde, nur, wie sagt das Sprichwort doch so schön: grau ist alle Theorie mein Freund!
Und es war in der Tat ein Freund, der mich allmählich für die Teckel, die echten, nicht verblödeten, begeisterte. Seinen ersten Dackel hatte er als reinen Familienhund angeschafft, ein bisschen im irrigen Glauben, es sei für diese Rasse ein paradiesisches Dasein auf dem Sofa zu dösen, gut zu fressen und sich bloss nicht zu viel zu bewegen...
Na ja, Dachshund Nummer Eins lehrte ihn schnell eines besseren, und einmal begriffen, dass Teckel echte Arbeitshunde sind, machte Herrchen seinem Vierbeiner zuliebe den Jagdschein. Aber weil der rauhaarige kleine Kerl ein echtes Talent für die Schweissarbeit zeigte, liess sein Meister sich nicht lumpen und absolvierte auch die Ausbildung zum staatlich geprüften "Hundeführer für Nachsuchen auf Schalenwild".
Mittlerweile führt mein Freund ein Rauhaarteckel Paar und eine junge, rauhaarige Zwergteckeline, und genau diese beiden Damen hatte ich neulich das Vergnügen, im Einsatz zu filmen.


(Man möge die schlechte Qualität der Fotos in diesem Beitrag vergeben, aber es sind nur "Snapshots" vom Film.)

Zwergteckel Lucy (20 Monate), Rauhaardackel Bibi (10 Monate) und mein "riesiger" Bracco Julian.
Titelfoto: Lucy.

Im zweiten Teil des Films "Jagdhund ohne Jagdschein?" wird es um konkrete Übungen gehen, die man daheim mit dem eigenen Vierbeiner machen kann, und natürlich ist es nützlich, wenn man die Profis vorführen lässt, was richtig und falsch ist, was alles schief gehen kann... und genau das sollte Bibis und Lucys Job sein: sich bei diversen Arbeiten mit ihrem Meister filmen zu lassen.
Am Nachmittag zuvor hatte ich zwei Schweissfährten mit Wildschweiss angelegt und nun, 17 Stunden später, und nachdem garantiert etliche Rehe, Sauen, Füchse und Pilzsucher über die Blutspur gewandert waren, wurde Lucy zu ihrer 450 m langen Fährte geführt, in der Nähe abgelegt und Herrchen schaute sich erst mal in Ruhe den "Anschuss" an. Die kleine Hündin blieb völlig gelassen, ohne einen Mucks oder nervöses hin und her Rutschen auf dem Popo auf ihrem angewiesenen Platz liegen, liess sich anschliessend ebenso cool die Schweisshalsung umlegen und wurde dann zum Anschuss geleitet.
Ausgiebiges Schnuppern, rasches Vergewissern, dass der Chef nicht beabsichtigte, dem verlockenden Wildwechsel zu folgen, der rechts neben dem Anschuss in die Büsche führte, und dies geklärt, strebte Lucy auf der Blutspur entschlossen vorwärts.

Lucy und Herrchen am Fährtenanfang.
Die ersten 10, 15 m gings noch im gemäßigten Tempo, doch mit zunehmender Sicherheit ihrer Nase wurde Lucy merklich schneller und dirigierte ihren Meister non-stop zum ersten Winkel, den sie mit Bravour navigierte, und von dort zielsicher zum ersten Wundbett.
Die Bodenverletzungen und Blutflecken an dieser Stelle untersuchte Lucy eingehend, forderte ihren Führer nach getaner Tat aber ebenso unmissverständlich auf, dass sie bitteschön weiter wollte.
Vom Wundbett verlief die Schweissfährte in sanftem Bogen wieder hügelauf, durch einen Abschnitt mit hohem Gras, - hoch aus der Persepektive eines Zwergteckels meine ich - schlug dann noch einen Winkel und verschwand in die Büsche am Waldrand, wo Lucy zu ihres Meisters Entzücken schliesslich die Rehdecke fand. Lucy selbst war im ersten Moment indes gar nicht so begeistert und beäugte die Rehdecke einigermaßen skeptisch.
Der Grund ist simpel: beim Üben daheim und natürlich bei den Schweissprüfungen, findet der Hund am Ende ein geschossenes Reh, nicht bloss eine olle Rehdecke...kein Wunder, dass sie da stutzte.

Lucy
an der Rehdecke.
Zum Glück konnte ich diesen faux pas schnell vergessen machen; damit die zusammen gelegte Rehdecke in meinen Rucksack passte, musste nämlich der für andere Zwecke mitgebrachte Kaninchenbalg wohl oder übel raus - zu Lucys sichtlicher Freude! Sie bot sich sofort an, das Ding zu tragen.
Wie man sieht, ist der Stallhase so gross wie der Zwergteckel; Lucy wiegt 4900 g, der mit Sandsäckchen und Papier ausgestopfte Balg rund 750 g, also wahrlich eine gute Leistung, das Monstrum vom Fährtenende 300 m zurück zu tragen, mit stolz erhobenem Köpfchen, aufgeregt wedelnder Rute und gelegentlichen Seitenblicken zu Herrchen, der so richtig stolz zurück kuckte...
Nebenbei erwähnt sind Lucy und ihr Meister seit langem ein gut eingespieltes Team; sie haben gemeinsam schon etliche Prüfungen im Fuchsbau, auf der Kaninchenschleppe und natürlich auf der Kunstschweissfährte bestanden und diverse V1 erhalten, so dass Lucy jetzt nur noch ein CAC fehlt, um italienischer Arbeitschampion zu werden.


Lucy
apportiert den schweren Kaninchenbalg.

Nach ihrer Heldentat durfte Lucy im Schatten ausruhen und Bibi kam mit der zweiten Schweissfährte an die Reihe. Trotz ihrer erst 10 Monate hat sich auch Bibi bereits zwei CACs bei Prüfungen im Fuchsbau verdient und es bestand kein Zweifel, dass sie, wie Lucy, wirklich gern mit ihrem Herrn zusammen arbeitet; allein die ruhige Aufmerksamkeit, während er den Anschuss untersuchte und ihr dann die Schweisshalsung umlegte, sprach Bände. In solchen Situationen erkennt man sehr gut, ob ein Hund gewöhnt ist, trotz aller notwendigen Disziplin Begeisterung für seinen Job zu zeigen, ob er seinem Führer vertraut und ob dieser fähig ist, durch sein eigenes, ruhiges und sicheres Verhalten im Vierbeiner genau die Stimmung aufzubauen, die es braucht, um wirkungsvoll, zügig und mit Enthusiasmus zum Ziel zu gelangen.

Bibi
am simulierten Anschuss.
Bibis Arbeitsstil unterschied sich in mehrfacher Hinsicht von Lucys. Gleich am Anfang der Fährte sauste sie nämlich sofort los, durchaus dem Verlauf der Blutspur folgend, aber so offensichtlich mit etwas ganz anderem in der Nase, dass ihr Führer sie, in der Hoffnung, sie würde sich nach ein paar Dutzend Metern von allein besinnen, erst mal durchstarten liess. Leider wollte Bibi an einem bestimmten Punkt dann aber eindeutig der frischen Wildwitterung folgen und Herrchen blieb nichts anderes übrig, als seinen Hund abzutragen und am Anschuss erneut anzusetzen.
Beim zweiten Versuch klappte es nun, wenn auch, wie gehabt, mit dem Bibi-üblichen Elan.
Das Verweilen am simulierten Wundbett fand sie nicht wirklich so spannend und versuchte auch noch einmal, Herrchen auf einen Wildwechsel und ergo in die Irre zu führen.
Zum Glück zeigte sie die Absicht, den Pfad der Tugend zu verlassen stets so unzweideutig an, dass ihr Meister einfach geduldig stehen blieb, ihr mit voller Leinenlänge erlaubte, sich von allein wieder an ihre Aufgabe zu erinnern und dann gings weiter auf der Fährte.

Bibi
- immer mit Elan voran.
Bibis Reaktion auf die Rehdecke unter den Büschen war vollkommen anders als Lucys. Sie umrundete das seltsame Ding zunächst mit langem Hals, beroch es ein paar Mal fluchtbereit und baute sich dann siegessicher vor der Decke auf, um sie mörderisch zu verbellen. Nicht mal eben so, sondern mit Gusto, ausdauernd, weithin hörbar, und was sie "sagte" klang wahrlich nicht nach "I love Bambi".
Nach einer Weile packte sie die Decke blitzschnell, zerrte sie ein gutes Stück in die Wiese und verbellte sie heftig weiter, unterbrochen nur gelegentlich von kurzen Totschüttel Einlagen.
Wahrscheinlich fehlt ihr einfach noch Lucys Erfahrenheit, denn die Zwergteckelhündin befand zwar die Decke nicht der Aufregung wert, lässt es sich aber nie nehmen, beim Finden von echtem Wild wenigstens mal einen Lauf kräftig durchzuschütteln...


Anders als Lucy verbellte Bibi die Rehdecke am Ende ausdauernd.

Teckel haben jobmäßig mit Federwild eigentlich nichts am Hut, aber so aus Jux wollten wir mal schauen, was die beiden jungen Damen wohl machen, wenn sie plötzlich einen toten Vogel finden.
Wie man unten sieht hatte Lucy da überhaupt keine Zweifel: ob Fasan oder Ente, so was lässt man nicht in der Landschaft herum liegen, sondern nimmt es manierlich auf und bringts zu Herrchen!


Lucy
apportiert problemlos auch Federwild.


Bibi
fand die Sauschalen spannender.

Bibi, wieder mal ganz anders als ihre "kleine grosse Schwester", konnte dem Federvieh zwar nichts abgewinnen, beurteilte dafür aber die Sau- und Rehschalen als unbedingt apportierwürdig.
In meinem Sammelsurium aus getrocknetem Wild, präparierten Fellen, Schalen und Kram befindet sich auch ein graues Kaninchenfell, dass ich ausser Sicht der Teckel so an die 200 m entfernt in einer Heuwiese deponierte. Von Herrchen zum Suchen geschickt, und offensichtlich ohne die leiseste Ahnung zu haben, worum es ging, fegten die beiden Hündinnen los, suchten mit unglaublichem Eifer und ganz systematisch in immer weiteren Kreisen, bis Lucy schliesslich Witterung bekam, sich auf das Fell stürzte und, mit Bibi im Kielwasser, auf direktem Wege zu ihrem Chef zurück rannte, um die Beute abzuliefern. Einfach grandios!
Dieser herrliche Teckel-Tag hat mich wieder mal in der Überzeugung bestärkt, dass Dackel eine bedauerlich missverstandene Rasse sind. Dabei braucht man nur Exemplare wie Lucy und Bibi zu sehen, - schlanke, muskulöse Hunde mit geraden Vorderläufen, enorm ausdauernd, agil und schnell, denen die Arbeitsfreude, die Intelligenz und der Schneid regelrecht ins Gesicht geschrieben steht- um zu begreifen, dass sie die echten Teckel repräsentieren...

Lucy
und Bibi mit Kaninchenfell und zufriedenem Herrchen.

Alle Fotos: Sabine Middelhaufe
(c) Text 2012

 

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