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Zur Ausbildung des Laufhundes


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Zur Ausbildung des Laufhundes
Von Giuliano Mondadori

Laufhunde, die in aller Seelenruhe ihren eigenen Interessen nachgehen und den Ruf ihres Besitzers geflissentlich überhören, sind ein Bild, dass sich in jeder Jagdsaison wiederholt und meist damit endet, dass die Hunde schliesslich herrenlos auf dem Lande herum irren.
Und natürlich liegt die Schuld, ungeachtet all der Rechtfertigungen ihrer zornigen Führer, nie (oder fast nie) bei den Tieren, denn schliesslich sind sie keine Geräte, die vom Züchter irgendwie vorprogrammiert werden können, sondern sind auf die Ausbildung durch ihre neuen Besitzer angewiesen. Besitzer allerdings, die, da ihr Vierläufer im Pedigree vielleicht etliche Arbeitssieger vorweisen kann, oder schlicht wegen des Kaufpreises des Welpen, erwarten, um nicht zu sagen: verlangen, dass der neue Hund ganz selbstverständlich ein perfekter Jagdgehilfe wird, sofern man ihm nur Futter, Wasser und die nötigen tierärztlichen Behandlungen angedeihen lässt.
Damit schaffen sie natürlich die Grundlage für eben jene, oben zitierte Szene... Und das bringt uns zum eigentlichen Thema, der Ausbildung der Bracke für die spezialisierte Jagd auf eine ganz bestimmte Wildart.

Oben und Titelbild: kurzhaariger Segugio Italiano

Der Laufhund beispielsweise, der künftig Hasen jagen soll, kann ab dem 7. oder 8. Monat an seine Aufgabe heran geführt werden, und zwar entweder allein oder gemeinsam mit einem Artgenossen der gleichen Alters- und Ausbildungsstufe.
Um grosse Enttäuschungen zu vermeiden: auch wenn man auf die Hilfe von wirklich erfahrenen Freunden bauen kann, sollte man immer daran denken, dass man für die Ausbildung eines Laufhundes eine eigene, ganz besondere Kultur in sich selbst entwickeln muss, denn es reicht ganz sicher nicht, bloss zu wissen, was ein tüchtiger Hund alles lernen oder mit welchen Methoden man es ihm beibringen kann. Man muss auch mit der Tierpsychologie vertraut sein und sich präsent halten, dass jede einzelne Bracke ihre ganz eigene, individuelle Psyche hat.
Scheue, ängstliche Vierläufer gibt es dank entsprechender Selektion nur relativ wenige bei den diversen Rassen, aber natürlich kann man solche Tiere finden (die sehr oft die besten Jagdanlagen haben!) und muss sie dann mit dem gebotenen Feingefühl behandeln, denn eine zu strenge Strafe, vielleicht sogar ungerechtfertigt oder nicht im rechten Moment verabreicht, wirkt auf diese Hunde dermaßen schockierend, dass die negative Erfahrung ihre erfolgreiche Ausbildung zumindest verzögert, schlimmstenfalls sogar völlig unmöglich machen kann.
Der erste Rat für die Ausbildung einer Bracke lautet deshalb, die höchste Aufmerksamkeit darauf zu richten, nie zu brüsk in das Verhalten des Hundes, wie selbstsicher er auch sei, einzugreifen und grundsätzlich nur dann zu intervenieren, wenn er beispielsweise den Rückruf wirklich mit einem Befehl oder den nötigen Tadel mit seinem Fehlverhalten verknüpfen kann.
Der erste praktische Schritt in der Ausbildung hingegen besteht darin, ihm wenigstens ein- oder zweimal zum Anblick eines ganz nahe vor ihm aufstehenden und flüchtenden Hasen zu verhelfen, damit ihm klar wird, welches Wild er verfolgen soll.
Von nun an bringt man den jungen Laufhund mindestens 2-3 mal wöchentlich ins Gelände, sollte aber darauf achten, dass diese Ausbildungseinheiten nicht länger als 40-50 Minuten dauern. Wir wollen ja, dass der Hund von Anfang an voll aufmerksam im Jagdgebiet ist, und da beim Junghund Konzentration und Arbeitseifer nach etwa einer Stunde deutlich nachlassen, ist es viel besser, den Unterricht abzubrechen, wenn er noch Lust zu lernen hat; man kann am nächsten Tag ja an dieser Stelle wieder anknüpfen!
In der ersten Zeit können die Ausgänge mit dem kleinen Segugio nur sehr früh morgens stattfinden, wenn es gerade anfängt zu dämmern, denn dann hat der Hase eben erst seine Weide verlassen und die Fährten sind noch frisch und intensiv, was dem Junghund natürlich das Verständnis für seine Arbeit erleichtert.
Je besser unser Vierläufer im Laufe der Wochen seine künftige Aufgabe begreift, je häufiger und länger werden die Lektionen, und allmählich werden wir auch immer ein bisschen später am Morgen mit ihm hinaus gehen, um die Schwierigkeit beim Suchen der Nachtfährte Schritt für Schritt zu erhöhen.
Falls man mehrere Junghunde gleichzeitig ausbildet und einer von ihnen mit seinen Fähigkeiten deutlich zurück bleibt, muss er von der Gruppe getrennt solange geduldig Einzelunterricht bekommen, bis er den Vorsprung der anderen wieder aufgeholt hat.

Segugio Italiano

Wenn unser Junghund, meist nach 3-5 Monaten, eine schöne Beständigkeit in seiner Arbeit zeigt, besteht der zweite Hauptabschnitt seiner Ausbildung darin, ihn (sofern er später in der Meute eingesetzt werden soll) nun gemeinsam mit einem älteren, erfahrenen Genossen an seiner Seite den Hasen suchen und verfolgen zu lassen. Klappt das, kommt der zweite ältere Hund dazu, dann der dritte usw., bis unsere junge Bracke voll in die Meute integriert ist.
Dennoch wird man, damit der Junghund voll heranreifen kann, das Training in der Meute auch immer noch durch Einzellektionen ergänzen, bei denen ganz gezielt auf die Vollendung seiner individuellen Fähigkeiten geachtet wird.
Der Neuling auf dem Gebiet mag sich fragen, worauf man bei den Ausgänge mit dem Junghund denn ganz konkret achten muss. Der sehr junge, noch unerfahrene Laufhund wird folgendes Verhalten zeigen:
1. er verfolgt den Hasen anfangs spurlaut aber auf Sicht (wir haben ihn ja extra nahe ans Wild heran geführt und es für ihn hoch gemacht!);
2. schon bald darauf wird die laute Verfolgung auch am nicht mehr sichtigen Wild, also auf der frischen Fährte erfolgen;
3. und schliesslich wird der Junghund beginnen, die Weide des Hasen nach der Nachtfährte, d.h. der relativ schwachen Witterung abzusuchen.

Segugio Italiano

Im Laufe der Zeit und im Rahmen dieser drei Phasen zeigt unser Laufhund auch schon seine ganz individuellen Eigenschaften, die er, einmal erwachsen, verfeinern und perfektionieren wird und die seinem Ausbilder bereits jetzt sagen, ob sich dieser bestimmte Hund in der Meute später auf das Heben des Hasen oder seine Verfolgung spezialisieren wird, ob er einfach im Mittelfeld der Meute mitlaufen oder ein "vollständiger" Hund sein wird oder, besser noch, ein künftiger Meuteführer.
Natürlich muss man sich bei der Ausbildung seiner Bracke auch immer präsent halten, dass der Hund mit zunehmendem Alter und wachsender Erfahrung in der Regel ein immer besserer Gehilfe wird.
An dieser Stelle sei ein kleiner Abstecher erlaubt, da es immer noch viele Brackenführer gibt, die glauben, dass die Konzentration und Initiative des Hundes bei der Jagd beeinträchtigt wird, wenn der Herr ein zu liebevolles Verhältnis zu seinem vierläufigen Gehilfen hat, und folglich benehmen sie sich wie eiskalte Militärausbilder mit einem Rekruten.
In Wahrheit ist das, wie bei allen Hunden, so auch bei den Bracken absolut falsch und unpassend. Nichts ist wichtiger, als dem Hund zu vermitteln, dass er und sein Herr durch gegenseitige Zuneigung und Komplizenschaft miteinander verbunden sind, denn nur das weckt ihn ihm den Wunsch, Anweisungen auszuführen um dem "Boss" zu gefallen und macht ihn bereit und aufnahmefähig für jegliches Lernen.

Segugio Italiano

Um aus dem eigenen Laufhund einen wirklich tüchtigen Jagdgehilfen zu machen, muss man also seinen Charakter studieren und anhand seines Wesens die richtige Ausbildungsweise wählen, wobei, wie eben gesagt, jedes brutale Erziehungssystem immer und ausnahmsweise falsch ist, und falls Ihnen jemand empfiehlt, Ihren Hund mit Schlägen und Gewalt auszubilden, dürfen Sie sicher sein, dass dieser Mensch nicht einmal die Grundlagen guter Hundeausbildung kennt.
Wenn Sie stattdessen mit einer guten Portion Geduld und Verständnis für Ihren Vierläufer an die Sache heran gehen, werden Sie in fast allen Fällen ausgezeichnete Ergebnisse sogar mit schwierigen Schülern erzielen.
Beherzigen Sie auch die gute alte Regel Ihren Welpen von seinem Einzug an mit dem gewählten Namen zu rufen. Natürlich nicht zweihundert Mal am Tag und ohne irgendeinen Grund! Und sobald der Kleine beim Ertönen seines Namens reagiert, wird er nur noch damit gerufen, wenn wir ihm entweder - und für ihn im Voraus erkennbar - etwas Erfreuliches bieten wollen, beispielsweise die gefüllte Futterschüssel, oder wenn der Welpe bereits von sich aus freudig in unsere Richtung startet. Der junge Hund soll mit dem Kommen auf Ruf seines Namens also etwas sehr Positives und seine Neugier Weckendes verknüpfen.

Posavatz

Vor allem in den ersten Ausbildungsphasen wird der Schüler auch im Gelände gerufen aber niemals angebrüllt (und erst recht nicht geprügelt!). Es gibt wirklich nichts Dümmeres, als einen Hund anzuschreien und zu verängstigen, wenn man möchte, dass er eine ganz bestimmte Anweisung willig durchführt.
Vergessen sollte man auch nie, dass der Grund für mangelhaftes Reagieren des Vierläufers immer der Mensch ist, der ihm nicht richtig erklärt hat, welche Reaktion erwünscht ist.
Schliesslich sei noch gesagt, dass eine rassegerecht ausgebildete Bracke sehr wohl die Weisungen ihres Führers erfüllen kann ohne ihre eigene Persönlichkeit zu verlieren.

Posavatz

Auszugsweise aus "Il Grande Libro dei Cani Da Seguita", Hrsg. Giuliano Mondadori

Übersetzt aus dem Italienischen von Sabine Middelhaufe
Originaltext (c) 2011, Verlag Artemide, Covquio Trevisago (VA), Italien
Übersetzung (c) 2012
Alle Fotos: Sabine Middelhaufe

 

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