Jagd & Jäger
> Wissenswertes |
Der Mörder war nicht immer der Jäger - Interview mit Krimikönigin Susanne Mischke Viele Leser kennen sie als Autorin intelligenter Krimis für Erwachsene mit einer guten Dosis schwarzem Humor, einige als ehemalige Präsidentin der Vereinigung deutschsprachiger Krimiautorinnen, "Mörderische Schwestern", aber nur die wenigsten wissen wohl, dass Susanne Mischke die Zeit jenseits von Schreibtisch und öffentlichen Lesungen am liebsten mit ihren beiden Hunden in der Natur verbringt. Und das ist kein Zufall... Susanne, wann hast du die Jägerprüfung gemacht und den Jagdschein erworben? "Das habe ich schon in den frühen Achtzigern gemacht. Die Jagd war damals eine völlig fremde Welt für mich, außerdem noch eine Männerdomäne, zumindest in Bayern, wo ich geboren und aufgewachsen bin. Dass mich Wild, Hunde und die Natur schon immer sehr interessiert haben war mit ein Grund, Jägerin und folglich Hegerin zu werden. |
Susanne Mischke mit ihren zwei Hunden |
Ja, Krimis zu schreiben ist ein zeitaufwändiger Beruf, denn ehe man in die Tasten greifen kann, muss man ausgiebig recherchieren, die Struktur der Geschichte planen, den Täter und die Opfer entwerfen und dann - tatsächlich schreiben. Obwohl sie also gegenwärtig nicht aktiv jagen gehen kann, würde sie einem wichtigen Aspekt ihres Jägerin Seins niemals abschwören, dem eigenen Jagdhund nämlich. Seit einigen Jahren teilt Susanne ihr Leben mit einem Griffon Korthals und einer Petit Bleu de Gascogne Mischlingshündin aus dem Tierschutz. "Nachdem ich den Jagdschein gemacht hatte, geriet ich durch Zufall an einen prächtigen Bayerischen Gebirgsschweißhund Rüden. Danach war klar: einmal Jagdhund, immer Jagdhund. Das Wesen von Jagdhunden unterschiedlichster Art, ihre Fähigkeit, in ihrer Aufgabe aufzugehen, fasziniert mich. Wenn ich z. B. meine Wilma beobachte, wie sie mit großer Ausdauer versucht, Karnickel aufzuspüren und aufzuscheuchen, dann geht mir das Herz auf, dann habe ich das Gefühl, ich sehe einen Hund in seinem Element. Außerdem sind Jagdhunde fast immer menschenfreundlich, da den meisten der Schutztrieb fehlt, der ja durchaus einmal zu Übergriffen auf Menschen, speziell Kinder führen kann, wenn eine Situation falsch interpretiert wird. Deshalb ziehe ich es vor, auf mich selbst aufzupassen und Hunde zu haben, die ich bei ihrer Nasenarbeit beobachten und sie (und mich!) mit jagdnahen Übungen in Bewegung halten kann." In manchen ihrer Krimis, so etwa „Wölfe und Lämmer", spielen nicht nur die Titelhelden eine wesentliche Rolle, sondern auch die weiten, kaum berührten Wälder, in denen einigen der Romanfiguren nervenkitzlige Erlebnisse widerfahren, und die aufmerksamen Naturbeobachtungen anderer, die Hinweise auf den Mörder liefern könnten. Typisch für Susanne Mischkes Geschichten sind auch die intensiven Momente, in denen die Stadtrandidylle wie aus der Ferne anvisiert erscheint, vom Feldweg oder Waldrand aus, gerade bevor der Täter zuschlägt. "Sicher denke ich beim Spazierengehen manchmal über Szenen oder Plots nach und mir kam dabei auch schon mal die eine oder andere Idee. Im Allgemeinen schalte ich aber lieber ab und konzentriere mich auf die Hunde. Das macht den Kopf frei und nützt am Ende mehr. Wenn ich gedanklich zu viel mit mir selbst beschäftigt bin, merken die beiden das außerdem sofort und machen prompt irgendwelchen Unfug. Ich telefoniere z. B. auch nie während eines Hundespaziergangs, obwohl ich diese Unsitte oft bei anderen Hundebesitzern beobachte. Die Zeit draußen soll allein den beiden bzw. uns dreien gehören." |
Bei einer Buchautorin, die die Jägerprüfung absolviert hat, begeisterte Jagdhundebesitzerin ist und ihre Freizeit vorzugsweise fern vom Großstadtrummel verbringt, drängt sich die Frage einfach auf: "Ja, hin und wieder spielen Hunde und Jagd auch in den Büchern eine Rolle, z.B. in „Die Eisheilige“ oder auch in „Totenfeuer“. Außerdem hat der Kommissar meiner Hannover-Krimireihe seit zwei Bänden auch einen Hund, einen Terrier, der ihn zum Wahnsinn treibt! Einen wirklichen Jagdkrimi plane ich allerdings nicht, arbeite aber gerade an einem Jugendthriller, der in den Schweizer Bergen spielt, und dort kommen auch Jagdszenen vor – allerdings sind nicht immer Tiere die Opfer … Wer weiß, vielleicht werde ich bald die Begründerin des Genres „Jagdhundekrimi“ sein." Zwischen Jägern und Nichtjägern mit Jagdhunden herrscht bekanntlich oft eine gewisse Spannung, ob nun in Deutschland oder in der Schweiz. Die einen reagieren unleidlich auf die vermeintliche oder tatsächliche Beunruhigung ihres Reviers durch die Hunde von Laien, und eben diese Laien sehen ihre Freiheit und vor allem die Freiheit ihrer Vierläufer durch gar zu strenge Jäger auf unakzeptable Weise beschränkt. Wie erlebst du als derzeit nichtjagende Jagdscheininhaberin Nichtjäger mit Jagdhunden und Jäger, denen ihr begegnet? "Jagdhundebesitzer ohne Jagdschein erlebe ich oft als zu ängstlich und restriktiv im Umgang mit dem Jagdtrieb ihres Hundes. Da wird auch der kleinste Ansatz, mal eine Spur durchs Unterholz aufzunehmen, vehement unterdrückt. Was ist denn schon dabei, wenn der Hund mal einen Hasen übern Acker jagt – solange weit und breit keine Straße in der Nähe ist, natürlich nur. Einen gesunden Feldhasen erwischt er ohnehin nicht, ist mir jedenfalls noch nie vorgekommen, und um einen anderen wär’s nicht schade. Ich sehe auch immer mit gemischten Gefühlen, wie Jagdhunde per Fahrrad „bewegt“ werden. Wo, bitte, bleibt da für den Hund das Vergnügen, zu schnüffeln? Zugegeben, so manchem verfressenen Retriever mit Wohlstandsbäuchlein schadet eine kleine Radtour sicher nicht... |
Für die Jägerprüfung lernt man eine Menge über ökologische Zusammenhänge, das Verhalten von Wildtieren, was sie brauchen, was sie bedroht, und das beeinflusst sicher die eigene Einstellung zu Gesetzen und Reglementierungen. "Was einem das Leben schwer macht, ist der vollkommen idiotische „Leinenzwang“, der in manchen deutschen Bundesländern von April bis Mitte Juli gilt. Idiotisch deshalb, weil dort, wo dieses Gesetz nicht angewendet wird, der Bestand an Wild und Bodenbrütern auch nicht geringer ist als in Ländern mit Leinenzwang. Da richtet die industrialisierte Landwirtschaft schon den weit größeren Schaden an, aber mit denen legt man sich natürlich nicht an. Es ist eben ungleich einfacher, steuerzahlende Hundebesitzer (ich bezahle um die 400 Euro!) zu bevormunden, um sich ein grünes „Naturschutz“-Mäntelchen umzuhängen. Man stelle sich vor, der Leinenzwang dauert 3,5 Monate im Jahr, also mehr als ein Viertel seines Lebens, die der Hund nach Meinung der Gesetzgeber an der Leine verbringen sollte! Das ist Tierquälerei. Allerdings meinen ab und zu Zeitgenossen, und ich meine da nicht die Jäger, einen in typisch deutscher rechthaberischer Manier auf die Vorschrift hinweisen zu müssen ... Das sind dann die Situationen, in denen ich so richtig bissig werde. Die Hunde gehen für mich nun mal vor." Freuen wir uns derweil auf Susanne Mischkes nächsten Krimi "mit Biss" und hoffen, dass Hauptkommissar Völxen und sein Terrier Oscar noch vielen Tätern auf die Spur kommen dürfen |
home | Seitenanfang | Menü Fotoalbum |