Jagd & Jäger
> Wissenswertes |
Der Jagdhund ist weder ein Werkzeug noch ein Kind Um unseren Bracken als hochgezüchteten Arbeitshunden gerecht zu werden, müssen wir die Balance zwischen Risiko und Unterforderung, zwischen Verzärtelung und Vernachlässigung finden. |
Schwarzwild kann der Bracke gefährlich werden, aber weitaus gefährlicher ist für sie der "Beutegreifer" Auto. |
Wer sichergehen will, daß seine Bracke an Altersschwäche hinter dem Ofen stirbt, darf sie freilich jagdlich gar nicht einsetzen, und auch nie schnallen. Die allermeisten Todesopfer im Einsatz fordert heute nämlich der Strassenverkehr bei den Jagdhunden! Wenn wir einen Hund verlieren, ist Trauer natürlich und angebracht. Ist aber eine Bracke, die nicht jagen darf ein glücklicher Hund? Sind Spazierengehen, Abtätscheln auf dem Sofa und gelegentlich eine Kunstfährte ein Ersatz für die ausgelebte Jagdpassion? Ich behaupte: Nein! Hunde leben zur Gänze im Jetzt, sie kennen keine Zukunftsangst und freuen sich weder auf die Pension, noch trauern sie ihrer Kindheit nach. Wirklich voll am Leben sind Jagdhunde, wenn ihre Anlagen, ihr genetischer Code, in die reine Aktion explodieren: bei der freien lauten Jagd! Uns gelingt dieses völlige Gegenwärtigsein noch am ehesten im Rahmen der, vom Psychologen Mihaly Czikzsentmihaly sogenannten, „Flow-Erlebnisse“ , also einem Tätigkeitsrausch, der sich einstellt, wenn wir in dem Bereich zwischen Über- und Unterforderung ganz in einer Aktion, die unsere volle Aufmerksamkeit fordert, aufgehen. Wer schon einmal dieses völlige Einssein mit sich selbst, seinem Tun und dem Universum erlebt hat, kann nachvollziehen was ein Raubtier, wie unsere Bracke, bei der Jagd empfindet. Den Bracken wurde über Generationen ein derart starker Jagdtrieb angezüchtet, dass sie das Jagen oft dem Fressen, Trinken und sicher dem Spielen mit ihren Führern vorziehen. Nur bei der freien Jagd, sei es beim Brackieren oder bei der Hetze auf krankes Wild, sind sie ganz sie selbst. Mit jeder Jagd wächst der Hund, und wird mehr seinen Möglichkeiten gerecht, mit jedem gelösten Absprung oder Wiedergang, wird seine Spursicherheit größer, mit jedem erlegten Wild sein Spurwille. Umso öfter er sich am wehrhaften Wild bewiesen hat, umso schneidiger wird der Jagdhund. Jede Jagd ist neu und anders, und daher wird seine Passion umso größer, je mehr er jagt. Die jagende Bracke wächst an ihrer Aufgabe, und ungeachtet dessen, wie lang sie lebt, ihr Leben war sinnerfüllt und lebenswert-können wir uns mehr wünschen für unseren Hund (oder für uns selbst!)? |
Für den passionierten Jagdhund ist Jagd die wahre Erfüllung. |
Auch bei der Behandlung von Hunden abseits der Jagd gibt es eine große Bandbreite, zwischen Vermenschlichung und Nutztierstellung. Wir müssen uns aber im Klaren sein, daß wir verstehen könn(t)en, dass der Hund eine andere Spezies, mit anderen Bedürfnissen, einem anderen Sozialverhalten und weit geringeren intellektuellen Fähigkeiten als der Mensch ist: wir müssen uns in den Hund hineindenken. Umgekehrt können wir aber nicht erwarten, dass der Hund das erfasst, und sich unseren Bedürfnissen angepasst verhält. Anders ausgedrückt: wir können einem Hund verbieten sich im Kot zu wälzen, aber ihm nie beibringen sich davor zu ekeln! Wenn ich Vergleiche lese, die Hunde Kleinkindern intellektuell gleichsetzen, muß ich den Kopf schütteln: Auf der einen Seite die Fähigkeiten eines ausgereiften Tieres, dass sich in seiner Welt, etwa der Brackierjagd, zwar souverän bewegt, aber auf dieser Ebene bleibt, auf der anderen Seite die Erkundung der Welt durch den kleinen Menschen, dessen langsame Entwicklung erst sein ungeheures geistiges und körperliches Potential ermöglicht. Ein Hund ist aber auch kein Werkzeug, das man ins Eck stellt, wenn man es nicht braucht. Ein Arbeitshund braucht neben ausreichend Futter und einem trockenen Schlafplatz auch ausserhalb der Jagdzeit ausreichend Sozialkontakte, Übung und Bewegung um körperlich und geistig gesund zu bleiben. Hundeartige haben im Gegensatz zu den Affen aber wenig Bedürfnis nach engem Körperkontakt: dauerndes Streicheln ist also eher für den Herren angenehm, als für den Hund. Hunde brauchen hingegen einen sicheren Platz im Rudel, geschaffen durch klare Hierarchien und konsequentes Durchsetzen des Führungsanspruches ihres Rudelchefs, um nicht im Dauerstress zu leben. |
Klarheit über die eigene Rangposition gibt dem Hund Sicherheit. |
Hundeausbildung ist eigentlich nicht so kompliziert: Wenn unsere Bracke die Kommandos Hier, Sitz, Platz und Bleib verstanden hat und verläßlich befolgt, ist das Zusammenleben schon weitgehend geregelt - damit sie es versteht braucht es Konsequenz, viele Wiederholungen, regelmäßige Belohnungen und gelegentlich eine angemessene Strafe. Im roten Schnee, im weißen Holz (der in seinem langen Jägerleben viele seiner besten Hunde an die Jagd verlor...) |
Jagd ist mit Risiken verbunden - aber so ist das Leben selbst... |
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