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Überlegungen
zur Bedeutung der Gangart am Beispiel des Bracco Italiano Von Gian Carlo Perani Dinge mit einer anderen Optik zu betrachten verändert die Position. Nehmen wir einmal den Erwerb des Trabs beim Bracco Italiano, eine Eigenschaft, die rassegeschichtlich erst in jüngster Zeit eingeführt wurde und gewissermaßen seine "neueste" Anlage darstellt. Es ist also mehr als logisch, dass sie auch weiterhin selektiert werden muss und nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden kann, und das vor allem, weil unser Bracco früher mit Gewissheit ein Galoppierer war. Oder, um genau zu sein, stelle man sich seinen ehemaligen Gang als Galopp-Trab vor, wie ihn viele kontinentale Vorsteher noch heute zeigen. |
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Delor de Ferrabouc Cesarione, auch im Titelbild. Foto: Lucia Delor |
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Ebenso logisch ist es anzunehmen, dass im Falle des Wiederauftauchens
dieses, sagen wir einmal Atavismus, der betreffende Hund eine
gewisse
Präferenz für den Galopp zeigen müsste und weniger
Eignung für den Trab. Nun mag jemand einwenden, dass die
Tendenz zum Galopp in Wahrheit von der Einführung englischen
Blutes herrührt,
eine Wahl, die in der Vergangenheit viele Züchter trafen,
um den Bracco zuverbessern,
und vielleicht trifft auch diese Erklärung zu. Wie dem auch sei, ich glaube, dass der Trab oder vielmehr die Anlage, die Eignung für die Bewegung des Trabens in jedem Falle durch Zuchtwahl geschaffen und gefestigt werden muss, und würde beim Bracco nicht kategorisch und um jeden Preis die Galoppphasen verdammen, selbst wenn sie länger andauern und sehr agil ausfallen, denn es scheint einleuchtend, dass die Rasse heute, da sie schlanker, trockener und gesünder ist, auch lauffreudiger ist, obwohl der Trab bei diesem Vorsteher mehr Ausdruck einer wesensmäßigen denn einer körper-baulichen Anlage sein dürfte. |
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Oben: Trabender Bracco
Italiano Welpe. Foto:
Lucia Delor |
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Es
gibt seit einigen Jahren die deutliche Neigung, Bracchi [Plural
von Bracco] insbesondere für Prüfungen zu züchten,
also im Hinblick auf dortige Leistungsfähigkeit und in der
Praxis häufig gerade die Tiere für die Zucht zu wählen,
die eine besondere "Rennlust" zeigen, denn bei den Prüfungen
geht es auch darum, geeignete Vererber ausfindig zu machen, und
so konnten besonders lauffreudige Hunde diese Neigung schon an
ihre
Nachkommen weitergeben.
Renner, die enorme Mengen an Leinen ruiniert haben, gab es auch in der Vergangenheit (wenige freilich) und die Erinnerung an sie erfüllt manchen mit Entsetzen - für die Zucht haben wir sie aber trotzdem alle eingesetzt! Man mag darauf pochen, dass der Arbeitsstandard sich klar und deutlich ausdrückt. Tatsächlich lässt er wenig Raum für den Galopp. Aber wieso gibt es dann scheinbar immer noch so viele Galoppierer bei unserer Rasse? |
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Foto: Sabine Middelhaufe |
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Vielleicht ist noch zu wenig Zeit
verstrichen (10 Jahre oder noch weniger) seit Herr Ciceri auf Fragen
zum Trab und Gangwerk des Bracco feststellte, das Wichtigste sei,
dass Hunde, um ihre würdige Zugehörigkeit zur Rasse zu demonstrieren, in Gegenwart von
Wildwitterung trabten. Eine Äußerung, aus der man folgern
kann, dass der Bracco während der Suche und ohne bereits
Witterung aufgenommen zu haben auch den Galopp zeigen darf,
und diese Feststellung
hat unsere Rasse und ihre Liebhaber bis heute geleitet.
Und das obwohl viele Prüfungsrichter absolute Unnachgiebigkeit zeigten und die Galoppierer ohne lange Vorrede verurteilten, weil sie sie für nicht reinrassig hielten und stattdessen die Traber prämierten. Damit verhängten sie oft entsetzliche Fehlurteile, speziell dann, wenn sie "Dickwänste", bloß weil die schwabbelig und geschmacklos nach rechts und links trippelten den Galoppieren vorzogen, deren einziger Fehler vielleicht darin bestand, zuviel Passion zu haben (und ich hab nie verstanden, wieso das immer und unbedingt eine Eigenschaft der Jugend sein muß), eine Passion, die sie vielleicht schlecht, führungslos oder einfach nicht richtig kultiviert ausdrückten. |
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Foto: Sabine Middelhaufe |
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Wenn er nicht trabt, ist er kein Bracco Italiano, heißt
es. Ich meine, mit einem solchen Konzept wird man der Rasse
nicht gerecht,
und
klammert all das
aus, was der Bracco
in Wirklichkeit
ist, eine
Einheit morphologischer
und psychologischer Aspekte nämlich, die aus
ihm einen ganz besonderen und einzigartigen Hund machen. Der Bracco
besteht doch nicht nur aus seinem Trab! Die Polemik in Bezug auf den Trab, und darauf wie er bisweilen aufgezwungen oder, zum Glück häufiger sanft induziert und ihm einfach nachgeholfen wird ist nicht neu, sondern fast so alt wie die Rasse selbst. Wenn es seit jeher mancher Bracco bevorzugte, sich galoppierend statt trabend zu bewegen, erscheint es unangemessen ihn als nicht rassezugehörig zu definieren. Meiner Ansicht nach sollten wir eher darüber nachdenken, wie der Bracco [in Italien] gesehen wird, wie man ihn zu schätzen und zu beurteilen lernen kann. Aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte |
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