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Bracco Italiano -
Auftreten ungewöhnlicher Farbnuancen

 

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Auftreten ungewöhnlicher Farbnuancen: Orange ist er nicht, aber braun auch nicht…
Von Gian Carlo Perani

Heutzutage hilft uns die Genetik, Dinge zu verstehen, die früher unerklärlich erschienen, zweifelhaft oder schwer zu begreifen.
Einer der vielen Aspekte des Bracco Italiano, die in der Vergangenheit (und zum Teil noch heute) eine gewisse Ratlosigkeit hervorriefen, ist zum Beispiel jene Fellfärbung, die nicht oder nicht ganz Kastanienbraun ist, aber bei genauer Untersuchung auch nicht Orange, sondern scheinbar ein Zwischending. Tatsächlich handelt es sich um eine ganz besondere Färbung. Bracchi, die sie besitzen, werden teilweise mit kräftig orangenen, mehr oder weniger großen Flecken, wie sie für diesen Farbschlag gefordert sind, geboren, doch sehr oft zeigen solche Hunde auch die für den Braunschimmel typische "geschlossene" Färbung. Im Laufe der Zeit dunkelt das Haar außerdem nach, um beim erwachsenen Tier schliesslich die gleiche Intensität zu zeigen wie beim klassischen Braunschimmel - mit dem einzigen Unterschied, dass das Kastanienbraun eine rote Nuance aufweist. Im fortgeschrittenen Alter färbt das Haar wieder in Richtung Orange zurück, wobei diese Veränderung nicht auf das bei allen alten Hunden auftretende Verbleichen der Farbe zurückgeht, und ebenso wenig auf Degenerationserscheinungen; aber der Rückfärbeprozess beginnt vor allem bei
Zuchthündinnen sehr früh, die durch den Stress des Werfens häufigere und stärkere Fellwechsel erleben.

Jedenfalls ergab sich früher gar nicht so selten die Notwendigkeit, bei manchem erwachsenen Bracco die Fellfarbe auf dem Pedigree korrigieren zu lassen. Bisweilen kam es im Ausstellungsring auch vor, daß ein übereiliger, relativ unerfahrener Richter, wenn er zwischen den vielen Braunschimmeln einen Bracco mit scheinbar weiss-orangenem Haar antraf, laut Zeter und Mordio schrie, gewisse Färbungen für nicht reinrassig erklärte oder sie als Disqualifikationsgrund angab.
Dabei hätte es völlig gereicht, den Nasenschwamm und die Zehennägel der kritisierten Hunde anzusehen - waren sie dunkelbraun, gehörten sie mit Gewissheit zu einem Braunschimmel, ungeachtet der scheinbar anderen, sagen wir "seltsamen" Fellfarbe.

Eine Hilfe, um diese "Mischfarbe" besser zu identifizieren liefert auch der Rassestandard, der hinsichtlich des Brauns beim Bracco Italiano die metallenen Färbungen, also die Gold- oder Kupfernuancen hervorhebt, um sie von den dunkleren Tönen zu unterscheiden. Letztlich wird ein helles Kastanienbraun bevorzugt, das in seiner Intensität dem Orange nahe kommt.
Aus genetischer Sicht kann man sagen, dass es sich beim "Weder-braun-noch-orange" nicht um eine dominante Charakteristik im absoluten Sinne handelt; es ist mit Gewissheit rezessiv gegenüber dem "kanonischen" Braun, zeigt allerdings eine gewisse Dominanz gegenüber dem Orange und ist wahrscheinlich an ein Gen mit geringer "Ausdruckskraft" gebunden.

In der Vergangenheit selektierten einige Züchter diese Farbe als wünschenswert, auch wenn ich nicht weiß, ob dies absichtlich oder zufällig geschah, und sie blieb bis heute präsent: bei den "Valgrisanche" zum Beispiel, bei einigen Bracchi aus den Zwingern "delle Bandite " und "delle Forre", bei den ersten "Ronchi" (vielleicht von den Hunden von "Ranza" übertragen…?)
Welcher Mechanismus könnte das Auftreten dieser Farbe hervorgerufen haben? Angeblich bringt der jeweilige Genotyp stets einen bestimmten Phänotyp hervor. In Wirklichkeit ist das nicht immer der Fall. Es kann vorkommen, dass zwei Tiere mit gleicher Genformel phänotypisch verschieden sind, d.h. gleiche Gene aber unterschiedliches Exterieur haben.
Ein dominantes Gen manifestiert sich bekanntlich sowohl in der Homozygose als auch in der Heterozy gose, das rezessive Gen nur in der Homozygose. Das ist die Regel, die allerdings ihre Ausnahmen hat: wenn das dominante Allel in einer Heterozygose auftritt, kann auf Grund besonderer Umweltbeding ungen, vor allem aber eines unterschiedlichen genetischen Backgrounds eine Anzahl von Tieren einen Phänotyp aufweisen, der nicht der regulär dominante ist, sondern der rezessive der Homozygose. Oder einfacher ausgedrückt: eines der beiden Braunschimmel Elterntiere ist Träger einer möglichen "unvollständigen Dominanz" oder Vererber eines genetischen "Charakters", der ausdrucksschwach und unbeständig, folglich variabel ist, und als Konsequenz werden einige seiner Nachkommen scheinbar weiß-orange sein, oder besser gesagt den Weiss-orangenen sehr viel ähnlicher als den Braunschimmeln.

Die erste Überlegung bezüglich des Farb-Phänomens um das es hier geht, unterstreicht die Wichtigkeit zwischen den eventuellen Ursachen unterscheiden zu können, deren erste die Umwelteinflüsse sind. Es ist nur logisch anzunehmen, dass die Farbe in diesem Falle nicht züchterisch selektierbar wäre. Die beiden anderen Erklärungsmöglichkeiten hingegen, nämlich die unvollständige Dominanz oder die Unbeständigkeit des dominanten Charakters hingegen könnten züchterisch beeinflusst werden.
Die Möglichkeit dies zu tun, also eine entsprechende Farbe zu festigen, die nicht nur typisch sondern auch in mancher Hinsicht besonders ist, gibt uns Züchtern und Liebhabern des Bracco Italiano eine Gelegenheit mehr, die genetische Vielfalt der Rasse, die heute unverzichtbar ist, zu bereichern.

Fotos 1, 2 Sabine Middelhaufe; 3, 4 Giorgio Mele

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