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Erfahrungen mit dem


Karelischen Bärenhund

 

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Erfahrungen mit dem Karelischen Bärenhund
Von Sergio Leonardi

Ich lernte Davide Matella in einem Gelände für die Ausbildung von Hunden für die Wildschweinjagd kennen, und er erzählte mir von seinen Karelischen Bärenhunden, die er diesmal leider nicht dabei hatte. Ich muss gestehen, der Name machte mich neugierig. Ich kannte die Rasse nicht und durchforschte heimgekehrt erst einmal etliche Bücher, um mich zu informieren.
Davide hatte mir seine Jagden auf Wildschweine im Alpengebiet, wo er lebt, beschrieben, und da seine Vierbeiner keine Laufhunde sind wie unsere Segugi, wollte ich sie doch sehr gern mal arbeiten sehen. Schliesslich gelang es uns, den Karelischen Bärenhunden Zugang zu einem Saugatter zu verschaffen, indem wir den Besitzer beruhigten und überzeugten, dass seine Wildschweine durch die Bärenhunde ganz gewiss nicht gefährdet seien. So war es denn auch, und der Eindruck den die Hunde machten, liess in mir sofort ein Bild auftauchen, dass ich am besten so umschreiben kann: Der Mensch hat sich im Laufe der Jahrhunderte immer des Hundes bedient, um die Jagd besser ausüben zu können, und vor Erfindung der Feuerwaffen, als er noch Hilfsmittel wie Speere benutzte, war es notwendig, das bestimmte Wildtier auszuwählen, zu beschleichen und zu töten. Diese Szene, die ich unzählige Male auf alten Drucken gesehen habe, kam mir also in den Sinn, als ich die karelischen Hunde arbeiten sah, die Davide und seine Frau Gabriella züchten, betreuen und die er mit Begeisterung und Erfolg bei der Jagd führt.

Bevor ich auf die Eigenschaften des Bärenhundes komme, möchte ich für all jene, die wie ich, die Rasse bisher nicht kannten, kurz etwas zu ihrem Namen und Ursprungsland sagen. (Anm.d.Ü.: Der folgende Abschnitt wurde geändert und entspricht nicht mehr dem Originaltext.)
"In finnischen Züchterkreisen ist diese Rasse schon seit 1923 bekannt, die eigentliche Zuchtarbeit begann jedoch erst Mitte der dreißiger Jahre. Der Karelische Bärenhund verschwand zur Zeit des Winterkrieges (1939) fast völlig aus Finnland; nur ein kleiner Bestand wurde nach Westen gebracht. 1941 - 1945 wuchs dieser durch Hunde, die aus Ostkarelien mitgebracht wurden, auf ungefähr 45 Stammtiere. 1946 erkannte die F.C.I. den Karelischen Bärenhund offiziell an."
Der Name des Hundes verrät aber nicht nur seine Herkunft, sondern auch seine Aufgabe: Karelischer Bärenhund eben, und das nimmt nicht Wunder, wenn man bedenkt, wo er normalerweise lebt.
Gemäss der FCI Klassifizierung gehört er zur Gruppe 5, Spitze und Hunde vom Urtyp, Sektion 2, Nordische Jagdhunde, und genau das ist er seit Jahrhunderten tatsächlich. Darüber hinaus waren Karelische Bärenhunde treue und nützliche Begleiter der ersten finnischen Expeditionen in unbekannte Gebiete; mit diesen Hunde wurde gejagt und zwar vorwiegend auf Bären, obwohl sie sich ebenso geschickt bei der Elch- und Wildschweinjagd zeigten. Heute gilt der Karelier als vielseitig einsetzbarer Hund, der sich als Jagd,- Wach- und Begleithund eignet.

Davide Matella mit seinen Karelischen Bärenhunden.

Davide ist von seinen Hunden begeistert, von ihren Jagdanlagen, die sie mit intelligenten Arbeitsmethoden verbinden, davon, wie sie sich in der Jagdpraxis hervortun, wenn sie an Stellen und in einer Umgebung arbeiten müssen, die durch die natürlich Ausformung des Terrains und die klimatischen Bedingungen besonders schwierig ist. Sein Jagdgebiet befindet sich in der Provinz Novara, in Hügeln, die von Felskaminen charakterisiert sind und wo die Vegetation hauptsächlich aus Kastanienwäldern besteht, folglich ohne Unterholz ist. Das ist der Grund weshalb man hier einen Hund braucht, der keinen "Lärm" macht und eine gute Führerbindung hat, denn das sind notwendige Qualitäten in einem Territorium, das überdies an Schutzgebiete und alpine Zonen grenzt.
Der Begriff "Bär" im Namen seiner Hunde verschafft Davide nicht wenige Schwierigkeiten, denn wie alle Hunde müssen auch die seinen schon als Welpen ausgebildet und später für die Jagd fit gehalten werden, nur dass er oft geschlossene Tore findet, wenn er sich für die Arbeit im Saugatter präsentiert. Ziemlich zermürbt sagt er:"Die Leute machen sich bloss Sorgen um ihre Wildschweine, aber an die Hunde denkt niemand. Dabei haben wir schon eine schlimme Erfahrung mit einer 90 kg Sau gemacht, die meinen besten Hund verfolgt und mich fast angegriffen hat, weil ich sie schreiend vom Hund ablenken wollte. Aber," fügt er hinzu, "in den vielen Jahren, die ich Wildschweine jage, haben meine Hunde noch nie ernsthafte Verletzungen davon getragen."

Nun, unser Treffen, um seine Bärenhunde bei der Arbeit zu sehen, fand in einem vorher abgesprochenen Ausbildungsgelände statt; Matella machte es wirklich Spass, mir dir Tiere zu zeigen, und ich muss ehrlich sagen, ich war sehr, sehr neugierig sie zu sehen..!
Kaum geschnallt demonstrierten die Hunde sofort ihre Lebhaftigkeit und Suchfreude, blieben dabei aber immer in Verbindung mit Davide, der sie durch kurze Zurufe zu genauen Untersuchungen des Terrains schickte. Sehr zurückhaltend beim Laut geben auf der Fährte des Wildes erwiesen sie sich, ich würde fast sagen stumm. Doch auch die Hunde unter sich waren immer gut miteinander verbunden und liessen schliesslich in der Nähe der Sau gute Stimmen ohne irgendeine Modulation aber mit harmonischem Klang hören, dem des Segugio Italiano nicht ganz unähnlich, um die Annäherung an ihr Wild anzukünden. Ihr Standlaut kam entschlossen und mit kontinuierlicher Stimme, nie blutrünstig oder aggressiv. Die Phase der Verfolgung des Stücks fehlte natürlich, da es sich hier ja nicht um Laufhunde handelt, sondern eben um Bärenhunde, die in Übereinstimmung mit ihren Anlagen und mit hervorragenden Sinnen ausgestattet, das Erscheinen ihres Führers abwarteten, der im Falle der praktischen Jagd das Stück dann hätte töten können (früher mit der Saufeder).

Bärenhunde sind an Gefahren gewöhnt und tragen in ihrer DNA den Instinkt für effektive Selbstverteidigung. Hübsch anzusehen und eine angenehme Präsenz sind sie, mit einem Blick der niemals ausweicht, sondern mühelos ein Kompliment oder eine Streicheleinheit gewinnt. Im Wesen sollen sie sanft, zahm und gehorsam sein und beweisen das, indem sie problemlos mit fremden Personen zusammen sein können.
Mir hat die Zeit, die ich mit den Karelischen Bärenhunden in Gesellschaft von Davide und seiner Frau Gabriella verbringen konnte wirklich gefallen und so stellte ich am Ende die Frage, die Davide sehr viel bedeutet: Welchen Aspekt deiner Hunde möchtest du anderen Menschen vermitteln?
"Jeder von uns schwärmt von "seiner" Rasse, lobt die morphologischen und jagdlichen Qualitäten. Ich weiss, dass es andere, bekannte und klassische Methoden gibt, Sauen zu jagen, aber ich bin mit dem zufrieden, was ich hab. Das einzige, was ich anderen erklären möchte ist, dass meine Hunde trotz ihres Namens keine Bärenfresser sind und keine Saukiller; man möge sich also nicht von ihrer Bezeichnung abschrecken lassen und mir ermöglich sie auszubilden, wie andere Hunde auch."


Fotos: Sergio Leonardi
Hunde: www.karelianpassion.it

 

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