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Erfahrungen mit dem


Border Terrier

 

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Erfahrungen mit einem Border Terrier Welpen
Von Charlotte Schmitz

Warum ein Border Terrier?
Ich weiß nicht mehr, wie mein Wunsch nach einem Hund entstand, aber irgendwann stellte sich die Vision eines treuen Begleiters bei Radtouren und Wanderungen ein und hielt sich hartnäckig. Der Hund müsste aber in einer Stadtwohnung leben können, also durfte er nicht zu groß sein. Welche Rasse wäre geeignet?
Diese Ansprüche schienen mir recht gering, doch je mehr ich mich über Hunderassen informierte, desto verwirrter wurde ich. Schließlich stieß ich auf die Rasse „Border Terrier“. Klein, aber ohne die typischen Eigenschaften kleiner Hunde. Trotz der geringen Größe sportlich, geeignet als Begleiter beim Joggen, Radfahren und Wandern. Gesund, robust, nicht verzüchtet und von ausgewogenem Aussehen. Außerdem pflegeleicht, da das Fell nur zweimal im Jahr (zum Beispiel von einem Hundefriseur) getrimmt wird – Hund haart wenig. Der Border Terrier erscheint wie eine Mischung aus Hund und Katze. Er geht durch dick und dünn im Wortsinne, d.h. auch durch unwegsames Gelände, dabei bewegt er sich geschmeidig und geschickt. Er ist reinlich wie eine Katze.
Unter den Hunderassen ähnelt der Border Terrier einem Beagle, da beide Rassen für vergleichbare Aufgaben gezüchtet wurden, nämlich als Meutehunde für die Fuchsjagd. Als Meutehunde sind sie gut verträglich mit anderen Hunden. Sie sind freundlich zu Menschen.
Border Terrier und Beagle fressen, was sie nur finden können. Das soll angeblich daran liegen, dass Meutehunde gemeinsam gefüttert werden. Wer nicht schnell genug frisst, bekommt nicht genügend ab.
Terrier gelten als hibbelig oder nervös, doch der Border Terrier ist eher ruhig und nachdenklich, sofern er angemessen ausgelastet wird. Der Hund ist sportlich, d.h. er kann nicht nur beim Joggen und Radfahren mitkommen, er muss auch genug Auslauf haben, und zwar jeden Tag. Es reicht nicht, ihn am Wochenende bei einer Wanderung mal durchzulüften und sonst nur ums Eck Gassi zu führen.
Der Border Terrier nimmt seine Umwelt sehr aufmerksam wahr. Dahinten raschelt etwas, dort ist eine Spur zu riechen, ein Geräusch in der Ferne...alles viel interessanter als irgendeine Gehorsamkeits-Übung. Wer einen stets und immer folgsamen Hund will, wird daher mit dieser Rasse nicht glücklich. Es wird meiner Meinung nach immer mal Momente geben, in denen der Border Terrier ein Signal überhört, weil er was besseres zu tun hat oder durch Umweltreize abgelenkt ist.
Reine körperliche Auslastung dürfte auch nicht ausreichen. Die Rassebeschreibung, der zufolge der Border Terrier „in erster Linie ein Arbeitsterrier“ ist, dürfte zwar inzwischen Folklore sein, da die meisten Hunde dieser Rasse nicht „arbeiten“ müssen/dürfen. Eine Beschäftigung wie Nasenarbeit, Dummysuche etc. ist jedoch zu empfehlen, um den Hund geistig auszulasten.
Als wir uns für einen Border Terrier entschieden und einen Züchter gefunden hatten, kam schließlich eine kleine Hündin namens Annik zu uns.


Klein-Annik

Die ursprünglichen Aufgaben des Border Terriers
Die Berichte über die Herkunft der Rasse lesen sich alle sehr einheitlich, so dass sie vermutlich voneinander abgeschrieben wurden. Meiner Ansicht nach ist die Rasse sehr vielseitig. Sie wurde anscheinend als „Hund der kleinen Leute“ gehalten, um Kleintiere von Haus und Hof fern zu halten sowie beim Wildern zu helfen (als die Jagd noch Privileg der Herrschenden war). Erst später wurde die Rasse von Adligen entdeckt und zur Fuchsjagd benutzt.
Ich habe wenig Vergleiche und keine weitere Erfahrung mit Jagdhunden, doch würde ich sagen, dass der Border Terrier eher nicht auf eine einzige Aufgabe in der Jagd auf Spitzenleistung hin gezüchtet wurde und sich deshalb für viele verschiedene Anforderungen eignet (Therapiehund, Agility, Fährtenhund, Mantrailing, Familienhund...).
Annik drückt sich gerne unters Sofa oder in Ecken hinter Möbel – diese Vorliebe stammt vermutlich von der Aufgabe, in den Fuchsbau einzudringen.
Inzwischen wird der Border Terrier nicht mehr als Gebrauchshund gezüchtet (abgesehen von einigen ausgewiesenen Züchtern). Die Tiere sind im Durchschnitt größer und schwerer geworden. Die Rassebeschreibung ist in diesem Punkt recht archaisch: Zwei Männerhände sollen den Terrier hinter den Vorderläufen umspannen können. Das ist natürlich sehr vage, denn es gibt Männer mit Patschhändchen und Männer mit wahren Schaufeln als Händen (und Frauen übrigens auch). Ein Terrierfan aus den USA jedenfalls beklagt auf seiner Webseite (terrierman.com), dass viele Border Terrier inzwischen zu groß seien, um in einen Fuchsbau einzudringen.

Border Terrier und andere Haustiere
Wir halten neben dem Hund Wellensittiche und Kanarienvögel. Der Hund hat sich daran gewöhnt. Die Käfige kann er ja eh nicht knacken. Gerne frisst er die Körner, die die Vögel aus dem Käfig geschmissen haben. Manchmal guckt er Vogel-Fernsehen und beobachtet die Vögel. Denen gefällt das weniger...
Bei einem Besuch in einem Kleintierzoo zu Übungszwecken hatte Annik nicht das geringste Interesse an den Stallkaninchen. Lieber spielte sie mit einem Zicklein. Zwar würde ich kein Schmusekaninchen vor ihren Augen frei laufen lassen, doch dürfte es bei entsprechender Gewöhnung möglich sein, einen Border Terrier und ein Kaninchen/Meerschweinchen/Hamster gleichzeitig zu halten.
Annik liebt außerdem Pferde (und ihre Hinterlassenschaften). Sie würde gerne mit ihnen spielen, doch die gehen nicht darauf ein. Vor Rindern hat sie Respekt und hält mehr Abstand.
Die bekannte Katze beim Hundesitter toleriert sie, doch auf der Straße knurrt sie Katzen an und würde sie hetzen, wenn sie könnte/dürfte.

Welches Erziehungskonzept?
Als unerfahrene Ersthundehalterin suchte ich Anleitungen zur Aufzucht und dem Training von Welpen, schon bevor Annik zu uns kam. Da es sich beim Border Terrier um einen Jagdhund handelt, schien es mir sinnvoll, mich bei den Ausbildern von Jagdhunden umzusehen. Schließlich darf auch ein Jagdhund nicht einfach vor sich hin jagen, im Gegenteil, er muss bestens auf seinen Jäger hören, um sich und andere während der Jagd nicht zu gefährden. Außerdem jagt ein Jagdhund in Jägerhand ja nicht selbstständig, sondern unter Anleitung. Er darf die Beute nicht fressen, sondern muss sie anzeigen oder apportieren. Insofern nahm ich an, dass eine Ausbildung von Jagdhunden für diesen Welpen passend sei und stieß so auf das Erziehungsprogramm von Anton Fichtlmeier.
Er nutzt gewaltfreie Methoden, setzt jedoch deutliche Grenzen (ja- und nein-Signal). Die Hundeschule, die ich anfangs besuchte, plädierte hingegen dafür, „unerwünschtes Verhalten“ nicht zu sanktionieren, sondern zu ignorieren. Zu dem unerwünschten Verhalten zählten jedoch auch unsanfte Beutespiele von Annik mit unseren Hosenbeinen und Waden. Sehr schmerzhaft, diese Welpenzähne. Eine Zeitlang hatte ich blaue Flecken und Schrammen an den Beinen. Hier fand ich die Erziehung mit einer deutlichen Grenzziehung und – gewaltfreien – Sanktionen hilfreich.

Von der Spaßbremse zum Jagdleiter
Ich hatte nicht geahnt, wie aufwendig und langatmig die Erziehung eines Welpen ist. Ganz am Anfang war ich für Annik eher „Mittel zum Zweck“, um an Fressen zu kommen. Sie nahm mich hin. Eine besondere Zugewandtheit konnte ich nicht entdecken. Außerdem war ich ja meist die Spaßbremse, die dies und jenes verboten hat.
Das änderte sich schlagartig, als wir mit dem Dummytraining begannen. Ich fand zwar Dummys völlig uninteressant, doch waren sie Bestandteil der Fichtlmeier-Übungen. Außerdem war schnell zu merken, dass Annik nach einem Sinn in den Übungen suchte. So verstand sie das Handzeichen für Sitz sehr schnell (weil es dafür Leckerchen gab!), aber sie war nicht bereit, länger als einen Moment sitzen zu bleiben. Bei leichtester Ablenkung ignorierte sie mein Signal. Und nachdem wir einige Mal „Sitz beim Anblick von Radfahrern oder Joggern“ geprobt hatten, schaute sie sich (im zarten Alter von drei Monaten) erst mal um, wo denn ein Radler/Jogger kommt, bevor sie sich zögerlich setzte.
Also dachte ich, der Border ist ein „denkender Hund“, warum soll sich Annik setzen, nur weil ich das gerade üben will. Begann daher mit der Dummyarbeit. Und siehe da, Annik sitzt gespannt und wartet, dass ich den Dummy verstecke oder werfe. Gut, es hat Geduld und Mühe gekostet, aber ab dem Moment, als wir mit Dummys arbeiteten, war ich ihr großer Held. Aus der Spaßbremse war die Jagdleiterin geworden.
Die Dummyarbeit habe ich ohne Kenntnisse dieser Disziplin begonnen, ohne jede Formalitäten. In erster Linie dienen mir die Dummys dazu, mich auf Spaziergängen für den Hund interessanter zu machen und verschiedene Grundübungen zu lernen.


Von Welpenbeinen an
Außerdem zeigt Fichtlmeier in seinem Buch und der dazu gehörigen DVD, dass er seinen Weimaraner von den ersten Wochen an ausbildet. In meiner Hundeschule hieß es mehrfach, „das lernen wir später.“
Im Alltag aber brauche ich bestimmte Verhaltensweisen von Anfang an – oder ich muss den Welpen öfter zuhause lassen. Annik jedenfalls lernte von Welpenbeinen an auf ein Leinensignal am Bordstein zu sitzen, bis wir beide die Straße überqueren, in der Straßenbahn still zu sitzen und einige Minuten im „Bleib“ zu sitzen. Nur die Leinenführigkeit habe ich anfangs sehr lax gehandhabt, was sich später rächte. Hier arbeiten wir heute noch dran.
Fichtlmeier lehnt Beute- und Zerrspiele ab. Annik liebte von Anfang an Beute- und Zerrspiele. Wir haben hin und wieder Zerrspiele gespielt und Annik auch gewinnen lassen (es blieb uns gar nichts andere übrig, denn sie zerrte heftiger – ein Terrier gibt nicht auf). Gleichzeitig haben wir exzessiv „Tauschen“ geübt. Tauschen von Ball gegen Leckerli, tauschen von geklauten Socken gegen Leckerli, von Fressbarem gegen Leckerli etc. Dies hat sich bewährt, denn Annik lässt jetzt auf den Ruf „tauschen“ hin etwa 90 Prozent der Dinge fallen, die sie draußen aufsammelt (außer den ganz großen Verlockungen wie vergammelte Würstchen).
Ballspielen ging anfangs nicht so richtig, weil Annik dem Ball zwar begeistert hinterher rannte, ihn aber nicht wieder hergab. Da half nur „Tauschen“ gegen Leckerli. Um einem unkontrollierten Hetzspiel entgegen zu arbeiten, werfe ich den Ball draußen nur, wenn sie vorher „Sitz“ gemacht hat. Nach einigen Würfen beende ich das Spiel. So hat sich Annik nie in das Ballhetzen hinein gesteigert.
Wie ist das mit dem „Jagdtrieb“ bei Annik?
Zumindest mein Border Terrier hat jagdliches Interesse und muss daher eine Art „Antijagdtraining“ bzw. das von Sabine Middelhaufe entwickelte Training zum „Jagdbegleithund“ durchlaufen.
Als Jagdgebrauchshund ist die Rasse in Deutschland nicht zugelassen. Jäger, die sich für diese Rasse interessieren, müssen also erstens einen Züchter finden, der Border Terrier für den Jagdgebrauch züchtet, und zweitens mit ihrem Verband in ihrem Bundesland absprechen, ob der Hund ausnahmsweise die Prüfungen ablegen darf.
Annik zitterte anfangs vor Spannung beim Anblick von „Jagdwild“ wie Tauben, Krähen etc. Schon als Welpe zeigte sie ein Vorstehen mit erhobenem Vorderbein. Leider kannte ich damals das Buch „Jagdhund ohne Jagdschein?“ noch nicht, sonst hätte ich das Vorstehen von Anfang an konsequent gelobt und gefördert. Sie steht allerdings bis heute immer vor, wenn etwas Ungewohntes, ein Geräusch oder eine Spur ihr Interesse weckt, nicht nur bei Wildspuren.
Die Hundeschule sagte, der Hund solle andere Tiere überhaupt nicht beachten. Das klappt bei Annik aber nicht. Ich halte es bei einem Jagdhund auch für unrealistisch. Zum Glück ist Annik sehr verfressen – ein extra gutes Leckerli zieht sie den meisten anderen Dingen vor.
Ab einem Alter von fünf Monaten verstärkte sich ihr Interesse an anderen Tieren deutlich. Und das war so: Zuerst hat eine Krähe Annik provoziert. Die Krähe kam ganz nah über uns herangeflogen, äugte neugierig auf das hoppelnde Wesen und ließ sich wenige Meter vor Anniks Nase nieder. Annik stoppt in Vorstehhaltung, geht dann zögerlich ein paar Meter auf die Krähe zu, diese hebt ab.
Am folgenden Tag hat Annik die Krähen schnell entdeckt, Vorstehhaltung, sie rennt einige Meter auf die Krähen zu - ich rufe sie und renne in die andere Richtung, aber sie hört mich nicht, ist jetzt ganz auf die Krähen fixiert. Die heben natürlich wieder ab. Dann kommt Annik zu mir und wir machen noch ein Laufspiel in die andere Richtung, weg von den Krähen.
Einige Tage später gehen wir in die Grünflächen im Viertel. Annik im "Sitz und Bleib", Leine liegt auf dem Boden. Annik bemüht sich, an einem verlockenden Grashalm zu schnüffeln und trotzdem sitzen zu bleiben. Ich bin superstolz, dass sie so brav sitzt, und verstecke einen Futterbeutel hinter einem Busch. "Such!" Annik rennt in eine völlig andere Richtung, auf eine Amsel zu, die dort nach Würmern pickt. "Annik! Annik! Such!" Ich schreie aufgeregt und weise Richtung Dummy. Annik biegt knapp vor der Amsel ab und macht sich auf die Suche nach dem Dummy.
Später hat Annik im Park zwei Krähen mehrere Meter nachgehetzt, bis die faulen Krähen endlich abhoben. Seither ist sie wirklich scharf auf die Krähenjagd.
Einige Tage später en einem Teich: Annik geht auf die Enten und Schwäne zu, steht vor. Ich lobe das Vorstehen, rufe sie und renne in die andere Richtung. Annik folgt brav. Dann gehe ich ein Stück weiter auf den Weg am Teich zurück. Annik hat irgendwas hinter einem Baum gesehen. Ich entdecke leider zu spät, dass sie dort einer Nilgans hinter rennt. Die Gans ins Wasser, Annik ohne Zögern hinterher. Es ist ihre erste Erfahrung mit Schwimmen. Sie paddelt ein paar Meter, merkt, dass sie die Gans nicht erwischt (ich rufe wie blöde hinterher), dreht um und schwimmt ans Ufer. Das ist hier aber zu steil, um rauszukommen. Sie müht sich. Schließlich packe ich sie am Geschirrchen und ziehe sie raus. Sie wirft mir einen bösen Blick zu: „Kann ich schon alleine!“
Ich hoffe, dass ihr das Bad im See nicht gefallen und sie vom Entenjagen die Nase voll hat.

Aber nein. Einige Wochen später fahren wir an den Rhein. Eine Familie füttert Enten. Etwa zwei Dutzend Enten schnattern aufgeregt auf der Promenade, auf der wir spazieren gehen. Ich bringe Annik (angeleint) ins Sitz und füttere sie mit Leckerlis. Sie zittert vor Aufregung und möchte sich auf die Enten stürzen, lässt sich aber im Sitz festfüttern. Dann lasse ich sie bei Fuß in einem Bogen um die Gruppe Enten rumgehen, einige Meter entfernt. Halte ihr beim Bei Fuß Extra-Leckerli vor die Nase. Sie lässt sich von den Enten ablenken. Wie gut, dass der Hund so verfressen ist.
Einen Monat später zeigen sich erste Erfolge:
Eine Amsel fliegt vor uns auf. Annik setzt ihr ein paar Meter nach, ich rufe sie zurück, sie kommt und wird belohnt.
Dann sehen wir beide ein Kaninchen an der Böschung. Annik sieht es einige Sekundenbruchteile vor mir. Sie blickt sich zu mir um!!!
Ich rufe sie, sie bekommt eine extra große Menge Leckerchen. Ein erster Erfolg beim Nicht-Jagen. Dies war ihre erste bewusste Begegnung mit Wild-Kaninchen. Manchmal habe ich welche gesehen, aber Annik war so ins Schnüffeln vertieft, dass sie nicht drauf achtete. Zum Glück ist das Kaninchen nicht Hals über Kopf geflohen, sondern nur etwas tiefer ins Gebüsch gehoppelt. Der Hetzreiz war also nicht gegeben, ein Glück.
Sicherlich hätten sich die Abenteuer mit der Nilgans und den Krähen vermeiden lassen, wenn der Hund öfter an der Leine oder Schleppleine gegangen wäre. Doch ich finde es nicht gut, den Hund ständig an der Schleppleine zu führen. Insbesondere für einen kleinen Hund wie den Border Terrier ist auch eine leichte Schleppleine eine Belastung, die er deutlich spürt. Eine Schleppleine mit Ruckdämpfer wiegt ca. 500 Gramm, ein Zehntel des Gewichts von einem 5-Kilo-Hund. Entsprechend würde ein 60 Kilo-Mensch sechs Kilo Leine mit sich schleppen. Ich über Sitz, Fuß etc. mit wie ohne Leine und lasse den Hund so oft wie möglich freilaufen. Das ist natürlich ein Kompromiss – Kontrollverlust nehme ich bewusst in Kauf.

Jagdersatzübungen?
Leider etwas spät entdeckte ich das Buch „Jagdhund ohne Jagdschein?“ von Sabine Middelhaufe, in dem erklärt wird, wie man einen Jagdhund so ausbildet, dass er auf allerhand interessante Dinge in der Natur hinweist, aber kein Wild hetzt. Um dem Hund die Übungen schmackhaft zu machen, setzt dieses Training auf jagliche Ersatz-Übungen mit Wildfelldummys, Fährtensuche etc. Ergänzend zu dem Fichtlmeier-Training führte ich daher Übungen „nach Middelhaufe“ ein. Hier bin ich nun in der Zwickmühle – Wildfelldummys nutzen oder nicht? Fichtlmeier rät ausdrücklich davon ab, Wilddummys einzusetzen, wenn ein Hund nicht für die jagdliche Praxis ausgebildet wird. Middelhaufe empfiehlt jedoch die Wildfelldummys als besonderen Anreiz zu nutzen. Hier entschied ich mich für ein dosiertes, vorsichtiges Üben zunächst mit einer Stange von einem Rehbock und einem kleinen, runden Kaninchenfelldummy.

Wildfelldummy ja oder nein?
Sowohl die Stange wie das kleine Kaninchenfelldummy begeistern Annik. Sie hat aber in der Folge weder Reh- noch Kaninchenfährten besonders eifrig verfolgt. Da einige Wochen Schnee lag, konnte ich ungefähr sehen, welche Fährten sie verfolgt. Am interessantesten waren die Fährten der anderen Hunde. Ich vermute, sie kann die anderen Hundeindividuen an der Spur identifizieren: „Aha, hier war der alte Rotti unterwegs – hier der kleine Jack Russel.“ Insofern zeigte die Arbeit mit dem Wilddummy bisher keine unerwünschten Nebenwirkungen.
In einschlägigen Internetportalen diskutieren Jagdhundehalter, wie sie ihre Hunde ausbilden. Dabei wird z.B. bemängelt, dass sich Jagdhunde nicht durch künstliche Duftspuren motivieren lassen. Analog nehme ich an, dass Annik ein nach Mensch riechendes, gegerbtes Kaninchenfell an einem Dummy von einem lebenden Wildkaninchen deutlich unterscheiden kann.
Bisher habe ich nicht mit einem Fuchsfell gearbeitet, wir haben bisher auf unseren Spaziergängen auch keinen Fuchsbau gefunden. Ein Hund, der speziell für die Fuchsjagd gezüchtet wurde, hat eventuell verstärktes Interesse an Füchsen – dies müsste noch getestet werden. Eine künstlich erzeugte Begegnung mit dem Fuchsgeruch wäre kontrollierbarer, als wenn wir durch Zufall einen Fuchsbau finden und Annik eventuell begeistert drin verschwindet...

Jagdersatzübungen
Mit Annik habe ich einige Jagdersatzübungen ausprobiert, die ihr gut gefallen. Wir machen im Haus viele Nasenspiele, die mit Leckerchen verbunden sind. Außerdem habe ich ihr draußen Würstchenschleppen und Fährten aus verdünnter Milch gelegt, aber noch nicht zu häufig.
Wir haben viel mit Dummys gearbeitet, aber ihre anfänglich große Begeisterung hat nachgelassen. Ich glaube, ich habe zu oft ähnliche Übungen wiederholt. Sowohl Fährten- als auch Dummyarbeit würde ich gerne unter Anleitung ausprobieren, wenn Annik etwas älter ist.

Warnung
Bei der Hundeerziehung habe ich eine Menge Überraschungen erlebt und einige meiner Ansichten mehrere Male geändert. Dies ist also nicht der Weisheit letzter Schluss, sondern es sind lediglich meine persönlichen Erfahrungen mit einem einzigen Individuum Hund, mit Annik eben. Was für uns richtig ist, kann für andere falsch sein. Ich behalte mir ferner vor, meine Meinungen zu ändern, sofern mich neue Erfahrungen eines Besseren belehren.
Und übrigens: Spaß haben wir auch jede Menge!

Alle Fotos: Charlotte Schmitz

 

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