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Aus der
Welt des Bracco Italiano Der Kurzhaarige
Italienische Vorstehhund oder Bracco Italiano findet allmählich
auch in Deutschland seine Fans. Leider ist die Sprachbarriere
oft das Hindernis für die Kommunikation mit Züchtern
und Rassekennern im Mutterland. Ein Umstand, der in Italien sehr
bedauert wird, denn gern würde man sich mit Braccohaltern
jenseits der Alpen austauschen. Das folgende Interview mit Flavio
Fusetti, dem Verantwortlichen für Auslandsangelegenheiten
des Bracco Klubs, S.A.B.I., möge deshalb eine kleine Hilfe
auf dem Wege zur Verständigung sein. |
Delor's Cesarione. Foto: Lucia Delor |
Zu den
berühmtesten Zwingern jener Zeit würde ich „Ranzi“ zählen,
dessen Namen gebende Besitzer Landwirte aus der Gegend um Piacenza
waren, und deren Braunschimmel auf den
sg. Bracco Lombardo, also den Bracco aus der Lombardei
zurückgehen.
Diese Hunde waren von eher großer Statur, hervorragende Jagdgehilfen im Flachland und an feuchte Terrains gewöhnt, die ihre Suche im Trab vollzogen und einen eleganten, raumgreifenden Gang aufwiesen. Den zweiten Braccotyp, Bracco von Aschieri oder Piemonteser Bracco genannt, fand man im Gebiet um Alba. Dieser Schlag hatte sehr viel Weiß im Fell, war vergleichsweise kleiner, ansonsten dem Lombarden körperlich aber gleich. Seine Suche war „unbefangener“, wurde häufig im Galopp ausgeführt, und er arbeitete vorwiegend in hügeligen und bergigen Revieren. Die Standards jener Epoche beschrieben beide Schläge, hoben allerdings hervor, dass die eigentlichen Unterschiede sich nur auf Widerristhöhe und Gewicht bezogen. In den 1920er Jahren beschloss man dann, nicht ohne kritische Gegenstimmen, die beiden Typen in einer einzigen Rasse zu vereinen und die teilweise sehr ausgeprägte Variabilität der oben genannten Eigenschaften zu akzeptieren – was auch heute, im modernen Standard, noch zum Ausdruck kommt. (Anm.: die Widerristhöhe des Bracco liegt in der Tat bei 55 - 67 cm, das Gewicht zwischen 25 und 40 kg.) In dieser Zeit trat ein Mann in die Welt des Bracco ein, der die Geschichte der Rasse so tiefgreifend beinflusste, dass er sich den Beinamen „Bracco-Papst“ verdiente. Gemeint ist der Kavaliere Paolo Ciceri, der die Rasse während der finstersten Zeit Italiens zu erhalten verstand und sie nach dem 2. Weltkrieg wieder aufbaute. Als grosser Fachmann der Kynologie vereinte Ciceri die Fähigkeit, herausragende Hunde zu züchten, mit seinem umfassenden Wissen vom Jagdwesen, und seine Bracchi „dei Ronchi“, so der Zwingername, bewiesen dies für lange Zeit. Paolo Ciceri ist es auch zu verdanken, dass der Bracco allmählich ein mesomorpher Typ wurde, mit trocknen Gliedmaßen, athletisch und natürlich mit optimalen Jagdanlagen – und das ist er bis heute geblieben. |
Tito steht den Fasan vor. Foto: Flavio Fusetti |
In
den letzten 30 Jahren hat der Bracco unter der Führung
des Rasseklubs S.A.B.I. (Società Amatori Bracco Italiano)
zahlenmäßig gesehen ein Auf und Ab erlebt; die jährlichen
Welpenzahlen schwankten
zwischen 600 und 800, während die Gesundheit der Rasse
und der athletische Körperbau sich eindeutig verbesserten
bzw. durchsetzten. Außerdem hat die SABI immer wieder darauf
bestanden, dass die Hunde an lebendem Wild geprüft werden,
um ihre jagdliche Tauglichkeit
zu sichern,
und dass es nie zur Trennung in Schönheits- und Leistungszucht
käme. Nun, die Ergebnisse sprechen für sich. Der hohe
Anteil an Tieren, - gemessen an der Zahl jährlicher Würfe
- die vorzügliche Formwerte bei erstklassigen Prüfungsergebnissen
erhalten bestätigt die Qualität der Zucht.
Die
Geschichte einer Jagdhunderasse ist auch Ausdruck der Geschichte
des
Jagdwesens. Wenn Sie an die Entwicklungen und Veränderungen
der Jagd in Italien während der letzten 30 Jahre denken,
seh-en Sie dann Parallelen zur Entwicklung des Bracco? Oder
anders
ausgedrückt: ist der moderne Bracco anders als seine
Vorfahren, weil auch die Jagd nicht mehr so ist wie sie früher
einmal war? |
Ch. Morfeo di Casamassima. Foto: Antonio Casamassima |
Ich meine deshalb, dass die Zucht uns, verglichen mit früher, eigentlich nur eine quantitative, nicht aber eine qualitative Verbesserung gebracht hat: es gibt heute einfach sehr viel mehr „schöne“ Bracchi. Was die Leistung der Hunde angeht sieht man hingegen größere Unterschiede zu früher. Dass es immer weniger Wild bei uns gibt verlangt vom heutigen Bracco ein weiträumigeres und selbständigeres Handeln, er muss sich vom Jäger lösen und auch weit außerhalb des Aktionsbereiches einer Flinte arbeiten. Das bedeutet aber auch, dass er immer athletischer wird, mehr Mut und Selbstvertrauen besitzen muss, mehr Schnelligkeit, aber auch das richtige Verhältnis zwischen Sinnesleistung und Arbeitstempo, und er muss bombenfest vorstehen. Die Arbeitsprüfungen haben diesbezüglich die Hunde mit dem größten Potential ans Licht gebracht, und diese Tiere waren die „Driver“ bei der Evolution der Rasse. Allerdings hat die SABI auch darauf geachtet, dass die Fortentwicklung des Bracco sich immer im Rahmen des Arbeitsstandards vollzog und vollzieht, dessen Quintessenz der weiträumige, schnelle und dennoch weiche Trab bei der Suche ist, die Beweglichkeit von Kopf und Rute, das charakteristische Suchen und das ausdrucksvolle Vorstehen. Der
Bracco ist bei deutschen Jägern weitgehend unbekannt. Würden
Sie uns einmal die typische Arbeit der Rasse erläutern, die
stilistischen Besonderheiten und die Qualitäten, die einen
exzellenten vom mittelmäßigen Bracco unterscheiden? |
Vento di Casamassima. Foto: Antonio Casamassima |
Der Standard
fährt fort: „Aber die geforderte
Gangart, wenn der Hund auf Wittrung trifft, ist der Trab.“ Das heißt, sobald der Bracco den Geruch des Wildes aufnimmt, muss er von Galopp auf Trab schalten, denn das führt zu einer „weicheren“ Haltung beim Sichern der Witterung, gefolgt vom Annähern, genannt „filata“, und der Standard unterstreicht, etwas poetisch vielleicht: „Es ist offensichtlich, dass beim Bracco (wie bei allen Trabern) die Lösung des Geruchsrätsels an allererster Stelle steht, und die Lösung für die verschiedenen Probleme, die dem Galoppierer beinahe instinktiv und urplötzlich zufallen, verlangt von ihm einen komplexen mentalen Prozess, den man eindeutig in seinem schönen „Denkergesicht“ ablesen kann. (…) Wenn er leichte Wittrung aufnimmt, verlangsamt er allmählich und wendet sich mit größter Vorsicht wieder der vermuteten Quelle des Geruchs zu, den Kopf hoch erhoben, im Schritt jetzt und ohne andere Anzeichen, wenn man die maximal hochgezogenen Behänge und die leicht herabhängende, unbewegte Rute einmal ausnimmt.“ Ein weitere Charakteristik des Bracco sind die Bewegung der Rute und die Haltung des Kopfes während der Suche. Tatsächlich sagt der Standard: „Die Suche ist überaus eifrig und wird von einer fast ununterbrochenen Bewegung der Rute begleitet. Die Haltung ist schön aufgerichtet, mit leicht vorgestrecktem Hals, um den Kopf gut erhoben zu halten, während der Nasenrücken zu Boden weist.“ Der Standard bietet auch eine allgemeine Beschreibung: “Die Gesamthaltung des Bracco ist edel, kraftvoll, aufmerksam aber ruhig, gut aufgerichtet und leicht nach vorn gebeugt; der Hals leicht geschwungen und der Kopf schön erhoben, mit deutlich nach unten gerichtetem Nasenrücken (etwa 30 Grad unter der Horizontalen). (…) Wenn er sich plötzlich in unmittelbarer Nähe des Wildes findet (und nur in diesem Falle) hält er unverzüglich an, wobei er meist aufgerichtet oder mit leicht eingeknickten Läufen stehen bleibt und mit dem Kopf nach unten, auf das Wild weist. Nur ausnahmsweise fällt er in gleichsam verdrehter Haltung in Vorstehpose.” |
Zir di Casamassima. Foto: Antonio Casamassima |
Sie
kennen auch die deutschen Vorsehhunde sehr gut. Was unterscheidet
Ihrer
Erfahrung nach den guten Bracco vom tüchtigen Kurzhaar oder
Drahthaar? Meiner Ansicht nach, und ohne verallgemeinern zu wollen, messen die deutschen Jäger der Arbeit des Hundes nach dem Schuss mehr Bedeutung bei und prüfen auch die Fähigkeiten und Anlagen des Hundes vor allem in dieser Phase. In Italien machen wir beinahe das Gegenteil. Wir achten vorwiegend auf die Aktion des Hundes vor dem Schuss, und deshalb suchen und schätzen wir besonders die Qualitäten, die in dieser Phase des Jagdgeschehens wichtig sind. Ansonsten ist klar, dass zwischen den deutschen Vorstehern und unserem Bracco diverse Unterschiede bestehen. Was ich hier aber unterstreichen möchte ist die wesentlichste Differenz, die meines Erachtens nach in der Psyche der Hunde liegt. Der Bracco Italiano ist ein sanfter, „nachdenklicher“ Hund. Das soll nicht heißen, dass der Kurzhaar das nicht auch ist, aber beim Bracco werden diese Eigenschaften noch durch seine Bewegung hervorgehoben, die tendenziell weiche, geschmeidige Bewegung des Halses und des Kopfes. Selbst die Wirbelsäule darf während der Bewegung nicht steif erscheinen, während die Rute, wie der Standard es verlangt, im Rhythmus mit dem Trab pendelt. Bezüglich der Rute sei noch angemerkt, dass diese, auch daheim, verhaltener wedelt als bei anderen Rassen. Schließlich, und hoffentlich ohne zu romantisch zu klingen, glaube ich, dass die Aktion, die wir Bracco-Fans am meisten lieben, die Suche ist, die dem Vorstehen vorausgeht, weil man gerade hierbei am besten die Geschmeidigkeit des Hundes beobachten kann, vielleicht mit ein paar sanften Wellenbewegungen im Wind, während sein Kopf von der Wildwittrung angezogen wird… |
Lauro, Bracco Italiano aus Ungarn; Pointer und Deutsch Kurzhaar. Foto: Andreas Pöttger. |
Die Morphologie und der Charakter des Bracco sind in mancher Hinsicht einzigartig unter den Vorstehhunden. Wenn eine Rasse ins Ausland gelangt besteht jedoch immer die Möglichkeit von Veränderungen, um sie an die neuen Bedingungen anzupassen. Welche Eigenschaften sollten ausländische Bracco-Züchter Ihrer Ansicht unbedingt erhalten und warum? Was das Warum angeht, so definiert der Standard das Modell, und die jagdliche Leistungsfähigkeit garantiert hinreichende Anlagen für den Hund als Jäger. Dies gesagt, meine ich, dass die wichtigsten Eigenschaften in der Sanftheit des Blickes und der Geschmeidigkeit der Bewegungen zu suchen und zu erhalten sind. Ich muss gestehen, dass die SABI in dieser Hinsicht sehr anspruchsvoll war und ist, und dass es sicherlich nicht leicht fällt, geschmeidige und gleichzeitig jagdlich äußerst leistungsfähige Hunde zu züchten. Bei vielen
Rassen hat die Trennung in Schönheits- und Leistungszucht
Hunde geschaffen, die fast ausschliesslich für den Ausstellungsring
geeignet sind und viele, wenn nicht gar alle Qualitäten
des Jagdhundes für den praktischen Einsatz verloren haben.
In seiner Heimat ist der Bracco ein Arbeitshund. Sehen Sie die
Gefahr, dass er im
Ausland vorwiegend zur einer Ausstellungsrasse mutiert? Und welche
wären die ersten, zu fürchtenden Anzeichen einer „Entfremdung“ vom
Bracco made in Italy? |
Foto: Sabine Middelhaufe |
Wenden
wir uns für einen Moment vom Bracco zu den anderen italienichen
Rassen, die Anhänger im Ausland gefunden haben, und dies nicht
immer mit erfreulichen Folgen, wie etwa das Beispiel des Cirneco
dell’Etna zeigt. Was meinen Sie dazu? Signor
Fusetti, Sie sind seit Jahrzehnten ein Bracco-Mann und innerhalb
der SABI verantwortlich für die Beziehungen zum Ausland.
Wie sehen Sie die Zukunft des Bracco außerhalb Italiens?
Was sind Ihre Hoffnungen und Befürchtungen für den
Bracco Italiano rund um den Globus? |
Belle. Foto: John Abraham |
Ich hoffe wirklich sehr,
dass sich ausländische Züchter und/oder Halter auch in
Zukunft, und vielleicht in wachsendem Maße, mit Fragen an
die SABI wenden werden, aber vor allem, um sich mit denen auszutauschen,
die sich in Italien mit großem Fachwissen um die Zukunft der Rasse
bemühen. An dieser Stelle noch eine Bemerkung zum Thema Rutenkupieren. Die SABI vertritt die Auffassung, dass die Rute gekürzt werden sollte, da dies einerseits die Verletzungsgefahr während der Jagd ver-mindert und andererseits die im Standard beschriebene Bewegung begünstigt. Man muss aber auch sagen, dass die ganze Thematik außerhalb unseres Einflusses und Willens liegt. Wer aufgrund von Landesgesetzen die Rute nicht kupieren darf, hat keine Wahl. Die SABI kann nur raten, Hunde mit tendenziell kurzer Rute aufzuziehen, die in Rückenlinie oder etwas darunter getragen wird. Uner-wünscht sind hoch oder hakenförmig getragene Ruten. Abschließend möchte ich Sabine Middelhaufe noch für die Möglichkeit dieses Interviews danken, und würde mich freuen, wenn Interessenten des Bracco Italiano sich über unsere Website www.ilbraccoitaliano.it mit uns in Kontakt setzten. |
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