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Wo findet man Pedigrees und Informationen
über Braccos aus Italien?

 

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Wo findet man Pedigrees und Informationen über Braccos aus Italien?
Von Sabine Middelhaufe

Der Bracco Italiano findet immer mehr Liebhaber auch in den deutschsprachigen Ländern, ob nun als vierbeiniger Gehilfe des Jägers oder als Familienhund. Doch egal wo man einen Vertreter dieser Rasse kaufen möchte, in Deutschland, Ungarn oder Großbritannien - seine Eltern oder früheren Vorfahren stammen natürlich stets aus Italien. Und da beim Hundekauf die Devise gilt: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, will und sollte man sich vorher gut über die Verwandten des künftigen eigenen Braccos informieren.
Der erste Schritt dabei führt auf die Internetseite der ENCI (Ente Nazionale Cinofilia Italiana), also dem Dachverband des italienischen Hundewesens, wo man die Zuchtbücher aller in Italien vertretenen Hunderassen abrufen kann.

Oben: Suchmaschine der online Zuchtbücher der ENCI.
Titelfoto:
HJCh., YEW Prado Compatriota di Bonfini
(Mutter: Garganella della Valle Santa, Vater: Vasco del Campo di Diana. Bes: G. Essösy)





Insbesondere wenn man sich erst mal ein Bild von den potenziellen Elterntieren machen möchte, kennt man oft weder deren italienische Zuchtbuch-, Mikrochip- oder Tätowierungsnummern, noch vielleicht den Züchter oder Besitzer.

In unserem Beispiel (rechts) gehen wir also davon aus, dass wir nur den Namen des Hundes wissen und natürlich die Rasse, hier Bracco Italiano.


Gibt man diese beiden Angaben in die Suchmaschine und klickt auf "CERCA", d.h. Suche, öffnet sich ein neues Fenster mit dem Pedigree (unten).


Die Ahnentafel gibt uns die Zuchtbuchnummer unseres gesuchten Hundes und die Namen plus ZB-Nummern der Vorfahren bis in die 4. Generation.



Ein Klick auf die Meldedaten (Anagrafica) führt uns zu einer neuen Seite (unten) mit Infomationen über die Fellfarbe, das Geburtsdatum, den Züchter und Besitzer des Hundes.




Wählt man auf dieser Seite nun das Stichwort "Nachkommen" (Discendenti), erscheint zunächst einmal eine Auflistung der Würfe (unten).
Wie wir sehen, hatte Regina insgesamt nur zweimal Nachwuchs. Einen Wurf mit 12 Welpen im August 2004 und den nächsten mit 11 Welpen im Juli 2007.

Da alle Nachkommen ins Zuchtbuch eingetragen wurden, verrät uns das nicht nur, dass die Hündin sehr fruchtbar ist, sondern auch, dass sämtliche Welpen gesund herangewachsen sind. Oder?
Nicht wirklich, denn falls die Würfe bei der Geburt größer waren und einige Welpen in den ersten Tagen starben, sagt uns das Zuchbuch jedenfalls nichts darüber.
Noch etwas anderes fällt auf: der erste Wurf hat einen Zwingernamen, der zweite nicht mehr. Das bedeutet, dass Regina ihren ersten Wurf noch in dem Zwinger hatte, in dem sie selbst geboren wurde. Dann erfolgte ein Besitzerwechsel und der neue Halter hat (noch) keinen Zwingernamen bei der ENCI registrieren lassen, was in Italien ja durchaus legitim ist.

S
chauen wir jetzt mal, wie es mit den Wurfgrößen bei Reginas Töchtern aussieht, denn angenommen, wir haben für die Zukunft eigene Zuchtpläne und wollen deshallb einen weiblichen Bracco Welpen erwerben, ist es ja durchaus interessant diesbezüglich ein bisschen Statistik zu betreiben.
Tochter Bice (unten) hatte nur zwei Würfe mit 7 bzw. 5 Nachkommen, wobei diese Anzahl für die Mutterhündin natürlich von Vorteil, weil weniger Kräfte zehrend ist. Aus dem Umstand, dass Bices Welpen einen Zwingernamen führen, können wir nach kurzem Zurückblättern zu ihren Meldedaten erkennen, dass der Züchter, bei dem sie selbst geboren wurde, mittlerweile seinen Zwingernamen angemeldet hat.


Die Bice Schwester Bocia hatte nur einen und zwar recht kleinen Wurf, der, wie das Fehlen eines Zwingernamens zeigt, bei ihrem neuen Besitzer gefallen sein muss.
Um Reginas erstaunliche Fruchtbarkeit zu verfolgen, müsste man selbstverständlich alle ihre Vorfahren und Nachkommen unter diesem Aspekt untersuchen.


Wenn es bei einem Hund auch die Option "Ereignisse" (Avvenimenti) gibt, kann das gute oder schlechte Nachrichten bedeuten.
Im Falle von Reginas Sohn Bacio (unten) ist es die traurige Kunde seines Todes nur wenige Tage nach seinem 8. Geburtstag.
Leider werden keine Angaben über die Ursache gemacht, obwohl das sehr interessant und nützlich wäre, wenn es sich beispielsweise um Magendrehung, schwere HD bzw. ED, schwere Allergien, Epilepsie, Krebs o.Ä. handeln würde.

Bei Ciano, einem anderen Bracco hingegen wird die Hinterlegung einer DNA Probe vermerkt.

Die Hundezucht in Italien ist nicht gerade für ihre strengen Kontrollen bekannt und so gab es in der Vergangenheit wohl öfter mal Zweifel an der Vaterschaft bestimmter Rüden. Da die Deckgebühr für einen Champion und die Verkaufspreise seiner Nachkommen in der Regel höher sind, aber natürlich auch, weil schlechte Nachzuchtergebnisse schlechte Werbung bedeuten, hinterlegen heute manche Züchter die DNA Proben ihrer Tiere bei der ENCI, damit im Zweifelsfalle eindeutig geklärt werden kann, wer denn nun der Vater ist und vor allem, wer er ganz gewiss nicht ist.

Das Zuchtbuch der ENCI ist äusserst informativ wenn es rein um die Frage der genauen Verwandtschaftsvehältnisse geht. Stehen aber Gesundheit und Leistung im Vordergrund unseres Interesses, muss man leider sagen, dass die Website der ENCI viel zu wünschen übrig lässt. So werden etwa die Ergebnisse von HD/ED-Untersuchungen oft mit extremer Verspätung eingetragen, und das heisst, man weiß beim Lesen des Pedigrees nie, ob der Hund tatsächlich nicht untersucht wurde, oder ob die Resultate bisher einfach nicht ergänzt worden sind. Als Faustregel können wir uns merken: ist der betreffende Hund älter als 5 Jahre und es gibt für ihn noch keine Dysplasie Ergebnisse, dann ist er wohl auch nicht untersucht worden. Ist der Hund 3 - 5 Jahre alt, wurde bereits als Zuchttier eingesetzt, aber es liegen dennoch keine Dysplasie Ergebnisse vor, müssen wir davon ausgehen, dass der Zücher kein Interesse an diesen Untersuchungen hat.
Auch neu erworbene Titel werden im ENCI Zuchtbuch nicht gerade in Windeseile erfasst.

Das alles kann sehr ärgerlich sein, wenn man sich für ein bestimmtes Hundepaar und deren baldigen Nachwuchs interessiert.
In diesem Falle gibt es allerdings eine Alternative oder Ergänzung zur ENCI Website, und zwar die Seite des Rasseklubs, S.A.B.I.


Wenn man dort auf "Breeding", also "Zucht" klickt, öffnet sich die Seite "Cucciolate", d.h. Würfe (unten).
Dort sind angegeben: das Wurfdatum, der Züchter und wie man ihn kontaktieren kann, die Namen der Eltern sowie ein pdf. mit Infos.


Genau diese Informationen in der angehängten Datei sind extrem aufschlussreich. Es handelt sich um das Formblatt für die Wurfmeldung und sieht so aus:

Hier kann der Züchter alles eintragen, was die Qualität der Elterntiere belegt, und auch die Angaben zu Größe und Gewicht sind äusserst hilfreich. Leider gibt es wie immer einen Wermutstropfen: die wenigsten Züchter füllen ihren Meldebogen so detailliert aus und die wenigsten machen HD/ED Untersuchungen.
Bei den 21 Würfen, die der SABI 2017 gemeldet wurden, waren nur bei dreien für wenigstens ein Elternteil die ensprechenden Ergebnisse eingetragen. Woran liegt das?

Zunächst einmal gibt es in der italienischen Hundezucht keine so strengen und verbindlichen Zuchtordnungen wie etwa in Deutschland. Wer eine Hündin mit Ahnentafel besitzt und sie von einem Rüden der selben Rasse, für den ebenfalls ein Pedigree vorliegt, decken lässt, erhält von der ENCI Ahnentafen für diesen Nachwuchs. Dem Interessierten seien die Interviews mit den Bracco Experten Lucio Marzano und Mauro Nerviani zum Thema wärmstens empfohlen. Gesundheitschecks werden ebenso wenig vorausgesetzt wie das Bestehen von Anlagenprüfungen oder ein Mindestformwert bei der Ausstellung. Eigentlich kann jeder tun was er will, denn laut gängigem Credo liegt es in der Verantwortung des Hundekäufers, sich nicht übers Ohr hauen zu lassen.
Wer etwa einem Züchter glaubt, dass die Eltern seines Wurfes HD/ED frei sind, ohne sich darüber die von einem autorisierten Tierarzt ausgestellte, gültige Bescheinigung zeigen zu lassen, ist selbst dran Schuld. Wer dem Züchter, nur weil er so charmant ist, abnimmt, dass die Welpen garantiert wunderbare Feldhunde werden, ohne Einblick in die Prüfungsergebnisse der Eltern zu fordern oder sich beide bei der Arbeit im Feld anzuschauen - selbst dran Schuld.

Wenn der Hund den Wünschen des ital. Käufers nicht gerecht wird oder gesundheitliche Probleme bei ihm auftreten, wird er eben umgetauscht.

Für den italienischen Bracco Käufer, der in aller Regel Jäger ist, ist das alles auch gar nicht so problematisch. Er weiß vielleicht von seinen Jagdgefährten, wie dieser oder jener Hund arbeitet, er geht als Zuschauer zu einer Prüfung (oder schaut sie sich bei enci.tv einfach auf dem Computer an), er lässt sich von rassekundigen Freunden beraten und wenn er dann mit dem gekauften Welpen nach einigen Monaten trotzdem nicht zufrieden ist, warum auch immer, tauscht er den Hund eben einfach um, bekommt den Kaufpreis zurück oder kann sich einen anderen Hund aussuchen.
Die "Hysterie" bezüglich der HD und ED können scheinbar viele, vielleicht sogar die meisten, italienischen Bracco Züchter und Halter auch nicht so recht nachvollziehen. Schliesslich sind Eltern ohne Dysplasie keine hundertprozentige Garantie für gesunde Nachkommen.
Das stimmt. Wenn zum Beispiel ein Großelternteil von schwerer HD betroffen ist, oder die Eltern die Krankheit nur genetisch weitergeben, ohne sie selbst auszubilden. Dennoch ist klar, dass die Wahrscheinlichkeit Dysplasie freier Welpen bei - laut Untersuchung - gesunder Eltern und Großeltern höher ist, als bei kranken Verwandten.
Die nötigen Röntgenaufnahmen kosten in Italien rund 100 Euro, zuzüglich 50 -100 Euro für die Bescheinigung des Resultats und die Eintragung im Zuchtbuch. Da der gesunde Hund nun guten Gewissens für die Zucht verwendet werden kann, sind die Unkosten für den Züchter letztlich irrelevant: legt er bei zwei Würfen mit je 5 Welpen jeweils 15 - 20 Euro auf den Verkaufspreis, hat er die Ausgaben für die Untersuchung schon wieder zurück.
Eigentlich ganz einfach. Und doch, hört man sich in Züchterkreisen um, scheint es eine enorme Herausforderung zu sein, den Hund zum Tierarzt zu fahren und dort röntgen zu lassen. In jedem Falle ist es eine Sonderleistung, für die man gut entlohnt werden möchte und genau das ist der durchschnittliche italienische Welpenkäufer angeblich nicht willens zu tun. Das legt freilich die Vermutung nahe, dass manche Züchter eben nicht nur ihre eigenen Unkosten wieder herein bekommen wollen, sondern die Dysplasie Freiheit als Extra-Qualitätsmerkmal vermarkten möchten und die Welpenpreise entsprechend großzügig nach oben korrigieren.

Für den deutschen Welpeninteressenten ist das alles ziemlich unverständlich, da in Deutschland und anderen Ländern genau definierte HD/ED Ergebnisse nachgewiesen werden müssen, damit der betreffende Hunde überhaupt in der Zucht eingesetzt werden kann.

Nun, in Italien ist das nicht so und trotzdem werden viele Züchter mit vollkommener Überzeugung sagen, dass ihre Tiere ganz sicher keine Probleme mit den Gelenken haben, schliesslich würden sie ja ohne Mühe und Anzeichen von Beschwerden tagelang jagen
gehen.
Im ersten Moment klingt das sehr vernünftig, denn ein Bracco, der die Strapazen der Jagd klaglos übersteht, sollte gesunde Knochen haben.
Leider hat diese Argumentation einen Haken: ein Vorstehhund in Italien geht durchschnittlich 25 Tage im Jahr mit zur Jagd, und diese Jagd beginnt morgens bei Sonnenaufgang und endet meist spätestens zur Mittagszeit, wenn Herrchen hungrig ist. Heimgekehrt wird der Hund in den Zwinger verfrachtet, bekommt Futter und Wasser und muss für die nächsten Tage, ja vielleicht gar Wochen, nicht mehr hinaus.
Ein Familienhund, der jeden Tag regelmäßig ein paar Stunden zum Spielen, Rennen, Sport oder Wandern nach draußen darf, läuft mit Sicherheit mehr und beansprucht seine Gelenke stärker als der durchschnittliche Vorstehhund in Italien.
Da der Familienhund außerdem im Haus lebt, entgeht seinem Besitzer auch nicht, wenn er leicht lahmt, einen Lauf schont oder sich "irgendwie unwohl" zu fühlen scheint. Lauter kleine Hinweise darauf, dass vielleicht doch etwas nicht in Ordnung ist mit den Knochen; lauter kleine Hinweise, die beim Zwingerhund unentdeckt bleiben (können).
Die Überzeugung, dass ein Hund, der problemlos jagen geht, gar keine HD/ED haben kann, ist also vollkommener Unsinn und man sollte sich als Welpenkäufer in Italien nicht von dieser Unlogik umgarnen lassen.

Ein Hund, der problemlos jagen geht kann gar keine HD/ED haben? Falsch!

Während man die Gesundheit von Zuchttieren bezüglich der Dysplasie nachweisen kann und diesen Nachweis vom Züchter auch unbedingt fordern sollte, egal wie entschlossen er das mit einem gewinnenden Lächeln auch abzutun versucht, sieht es mit der Feststellung anderer, beim Bracco relativ häufig auftretender Probleme wesentlich schlechter aus, zumal vielfach gar nicht klar ist, ob und wie die Veranlagung überhaupt vererbt wird.
Der Züchter wird jedenfalls in der Regel nicht freiwillig preisgeben, dass seine Hunde unter Futterallergien oder Allergien gegen bestimmte Umweltfaktoren leiden, im mittleren Alter chronische Augenentzündungen bekommen, Warzen, Tumore und andere Hautveränderungen zeigen und die Fütterung besonders achtsam erfolgen muss, damit keine Verdauungsprobleme auftreten.
Dem Welpeninteressenten, der seinen künftigen Bracco im Haus halten will und möglichst viele Jahre Freude mit und an einem gesunden Vierbeiner haben möchte, kann man nur raten, die Vorteile des Informationszeitalters optimal zu nutzen, und sich über viele Text- und Videoquellen über die Eltern, eventuell schon vorhandene Halbgeschwister und die vier Großeltern zu informieren und auch unangenehme Fragen zu stellen.

Drum prüfe wer sich ewig bindet..oder zumindest ein ganzes Hundeleben lang.

Den Bracco stattdessen ausserhalb Italiens zu erwerben scheint alles in allem viel einfacher und sicherer.
Die Gleichung geht aber eben nur dann auf, wenn für die Eltern und die vier Großeltern, von denen einige wahrscheinlich in Italien leben, die HD/ED Freiheit nachgewiesen ist und auch die sonstigen Auskünfte (und zwar nicht nur aus dem Munde des jeweiligen Züchters in welchem Land auch immer) über ihre Gesundheit, ihre Leistungen und ihr Wesen durchweg positiv ausfallen.


F
otos: (c) ENCI; S.A.B.I., Middelhaufe; Mähler, Perani.
Text (c) 2018

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